Nach gut zehn Jahren Diskussion, Planung und pannenreicher Bauzeit hat der Jugendclub Berne den Umzug in neue Haus geschafft. Nun hat die einzige Vollzeitkraft gekündigt.
Farmsen-Berne Der Umzug ist schon gewesen. Die feierliche Einweihung mit Grußworten des Wandsbeker Bezirksamtsleiters Thomas Ritzenhoff kam zu spät. Der Jugendclub Berner Au hat das alte Dauerprovisorium im Waschhaus an der Busbrookhöhe längst hinter sich gelassen und residiert schon seit Februar im nagelneuen Passivhaus am Zamenhofweg 20. Aber der Kampf geht weiter. Derzeit mit eingeschränkten Öffnungszeiten wegen akuten Personalmangels.
670.000 Euro hat der 220 Quadratmeter große Jugendclub gekostet. Ein leuchtend rotes Passivhaus im einkommensschwachen Fördergebiet Birckholtzweg, mit Fußball- und Basketballplatz und Saga-Hochhäusern nebenan. „Einen guten Platz für die Kinder zu schaffen war das Ziel“, sagte Ritzenhoff, „und das haben wir jetzt erreicht.“ In Ansehung der gut zehn Jahre Planungs- und Bauzeit erinnerte er an das oft beschworene Motto des Trägervereins Jugendclub Berner Au: „Nie aufgeben.“ Das sozial schwierige Quartier hat etwa 4.800 Einwohner.
2003 schon liefen die Planungen für den Jugendclub an, 2005 wurden die Gespräche intensiver. Mitte 2008 fiel die Standort-Entscheidung für den Zamenhofweg. Im September 2008 legte der Träger sein Konzept vor. Ein zähes Ringen um die Grundstücksübertragung von Behörden- zu Behördenvermögen begann, Verhandlungen mit der SagaGWG wurden aufgenommen, sie sollte die Überfahrt über ihr Grundstück dulden, den Bau erstellen und verwalten.
Zwischenzeitlich war der „hochbauliche Sachverstand“ des Wandsbeker Bezirksamtes in die Stadtentwicklungsbehörde abgezogen worden: Im bezirklichen Jugendamt kämpften Verwaltungsfachleute als ungelernte Bauherren wider Willen mit der Tücke der Leistungsverzeichnisse und Architektenpläne.
Im August 2010 holte sich das Amt mit der „Stattbau Hamburg GmbH“ einen professionellen Planer und Baubetreuer. Im Herbst dann gestand das Fachamt für Familie und Jugendhilfe, dass die Erschließungskosten für den Jugendclub den Rahmen sprengen würden und erläuterte den Politikern im Jugendhilfeausschuss, dass „derartige bauliche Planungsprozesse im Bezirksamt Ausnahmesituationen darstellen“. Im Normalfall würde die städtische Sprinkenhof helfen oder die Baubetreuung ganz übernehmen, wenn freie Träger ihre Bauten nicht selbst planten. Die Sprinkenhof hatte die Bitten des Amtes jedoch aus Kapazitätsgründen Ende 2009 abschlägig beschieden.
500.000 Euro hatte der Jugendclub kosten sollen. Nicht wenig für einen eingeschossigen Bau mit rechteckiger Grundfläche und Pultdach auf einem Grundstück, das der Stadt gehört. Das Rahmenprogramm Integrierte Stadtteilentwicklung (RISE) mit seinen Geldern aus den Kassen des Bundes machte es möglich. Doch nun war von bis zu 150.000 Euro zusätzlichen Erschließungskosten die Rede. Die Alternative wäre das Aus für den Jugendclub gewesen. Ein Nachtragshaushalt aus den bezirklichen Investitionsmitteln stopfte das Loch, die Landesbehörden wollten nichts dazu bezahlen. 2012 endlich lag ein Bauantrag vor. Zuletzt wurde noch der Estrich zu dick gegossen, so dass er mehrere Wochen zusätzlicher Trockenzeit brauchte und den Umzug noch einmal verzögerte.
Jetzt öffnet der Club montags bis freitags von 15 bis 19 Uhr. Drei Mal in der Woche kommt eine Honorarkraft für ein spezielles Angebot ab jeweils 16 Uhr: Dienstags ist kochen, donnerstags tagt die Jungen-, freitags die Mädchengruppe. Später soll bis 21 Uhr offen sein. Aber die einzige Vollzeitkraft hat gekündigt und ist derzeit noch bis Ende Juni krank geschrieben.
Uwe-Yorg Schlüter ist eingesprungen. „Ich hab das früher jahrelang allein gemacht.“ Der 72jährige ist selbst Jugendhelfer und Vorsitzender des Trägervereins Jugendclub Berner Au e.V. „Wir sind guter Dinge.“ Die Stellenausschreibung ist raus. Die Nachbarschaft ist gut. Viele Privatleute, Firmen, Stiftungen und Vereine aus dem Viertel haben für die Möbel im Club und die Einrichtung der Werkstatt gespendet. „Und die Mädchen, von denen viele mal fast kleinlaut rüberkamen, sind enorm selbstbewusst geworden“, sagte Schlüter.
Früher saß der Club im 25 Quadratmeter kleinen Waschhaus in der Mitte des Quartiers. Jetzt hat er 220 Quadratmeter, liegt am Rand und zieht deshalb auch Kunden aus dem benachbarten Oldenfelde und der Bekassinenau. Statt früher 30 kommen jetzt schon etwa 50 Jugendliche am Tag, sagt Schlüter. „Wir bräuchten eine zweite Vollzeitkraft.“
Die wird es nicht geben, signalisierte die Politik. Auch wenn Schlüter sie alljährlich mit guten Gründen neu beantrage. Auch für eine halbe Stelle sei kein Geld da, denn in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit spare der Senat. Die bezirklichen Jugendpolitiker kämpfen mit Stellenabbau wie zuletzt in Steilshoop und Volksdorf. Urlaub und Krankheit müssen in Berne also auch im neuen Haus „irgendwie“ abgefedert werden.