Hamburg. Es gibt etliche Menschen in Hamburg, die Heiligabend voller Angst entgegen schauen, weil sie arm, alleine oder ungewollt sind.
Wenn andere Menschen Heiligabend die Kerzen am Christbaum anzünden, wird Bodo in der S-Bahn sitzen. Er wird von Altona nach Aumühle fahren, dann von Aumühle nach Altona und wieder zurück. Die S2 ist ein Ort, an dem es trocken und warm ist. Niemand wird ihn vertreiben, beschimpfen oder auch nur ansprechen. Wenn ein Kontrolleur kommt, wird er seine Fahrkarte vorzeigen. Die hat er sich gegönnt an diesem Tag, an dem niemand allein auf der Straße sein will. Obdachlose wie Bodo kennen diesen S-Bahn-Trick.
Wenn andere Menschen Geschenke auspacken, wird Anne ihre Kontoauszüge durchblättern und Formulare sortieren. Im Nebenzimmer stöhnt ihre Mutter im Bett. Anne pflegt seit Jahren die 90-Jährige. Sie kann nicht mehr. Aber das Geld für eine professionelle Pflege ist längst ausgegangen. Am liebsten würde Anne jetzt schlafen gehen.
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Wenn andere Menschen Weihnachtslieder singen, wird Aziza still an ihrer Tür horchen. Ihr Asylantrag ist abgelehnt worden. Nun hat sie Angst vor der Abschiebung bei Nacht und Nebel. Aber vielleicht kommt heute keiner, an diesem Tag, der den Deutschen heilig ist.
Nicht überall ist Heiligabend ein friedlicher Abend
Wenn andere den Festtagsbraten anschneiden, wird Helmut in seinem Streifenwagen sitzen und langsam durch die Straßen kreuzen. Helmut ist Polizist und alleinstehend. Aus Rücksicht auf seine Kollegen hat er sich zu dieser Schicht gemeldet. In den Kneipen wird getrunken. Nicht überall ist Heiligabend ein friedlicher Abend.
In wenigen Tagen ist es so weit. Drei Wochen noch bis zum 24. Dezember. Nicht wenige Menschen haben schon jetzt Angst vor diesem Abend, der ihnen nicht gehört, weil man an diesem Tag glücklich sein muss. Dann merkt man nämlich, was alles nicht stimmt im eigenen Dasein und wie weit man selbst von den Klingglöckchen des Lebens entfernt ist – auch wenn man eine Wohnung hat oder einen freien Tag. Nur: In Wirklichkeit verhält sich alles ganz anders.
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Bodo, Anne, Aziza und Helmut, das sind die Menschen, die am nächsten dran sind an diesem Ereignis, das die Christen als „Geburt des Herrn“ feiern. Gott ist Mensch geworden für Menschen wie Bodo, Anne, Aziza und Helmut.
Er wollte das menschliche Leben mitleben und das menschliche Elend erleiden. Er kam an ohne Obdach, mit gestressten Eltern, einem Notbehelf als Bett. Die hölzerne Krippe gefüllt mit Stroh, die bei uns unter dem Baum steht, zeigt diese erbärmliche Szene.
Ich habe mir vorgenommen, in den nächsten Tagen neue Figuren zu basteln und zu den Hirten zu stellen. Die Figuren müssen keine Hirtenkostüme tragen – nur aussehen wie normale Hamburger. Ich nenne sie Bodo, Anne, Aziza und Helm.