Hamburg. Mit großzügigen Kleiderspenden schenkt die Hirtreiter & Herzberg GmbH geflüchteten Ukrainerinnen ein tolles Shopping-Event.

Rund 50 Frauen stehen schon kurz vor 17 Uhr erwartungsvoll in der Schlange und warten auf Einlass. Denn der 23. September ist kein gewöhnlicher Montagnachmittag im City-Kids-Projekt. Das Begegnungszentrum Schrödingers im Hamburger Schanzenpark, in dem sonst Deutschkurse und Mittagessen für Geflüchtete aus der Ukraine angeboten werden, hat sich in ein Modegeschäft verwandelt.

Shoppen in Hamburg: Es gibt alles, was das Frauenherz begehrt

Im Veranstaltungsraum des Sozialprojekts liegt auf langen Tischreihen alles, was das Frauenherz begehrt: modische T-Shirts, Pullis, Röcke, lange und kurze Hosen genauso wie Bikinis, Mützen, Schals und Handtaschen. Dazu gibt es Ständer mit wallenden Sommerkleidern, kurzen Etuikleidern, Jacken und Jackets. Alles hochwertige neue Ware. Jede Besucherin darf sich heute drei kostenlose Kleidungsstücke aussuchen und mitnehmen.

Norbert Herzberg & Frank Hirtreiter.
Frank Hirtreiter und Norbert Herzberg (r.) haben die neue Kleidung für die Ukrainerinnen gespendet. © Norbert Herzberg & Frank Hirtreiter. | Norbert Herzberg & Frank Hirtreiter.

Die insgesamt rund 900 Artikel im Wert von 80.000 Euro hat die Hirtreiter & Herzberg GmbH gespendet, die fünf Boutiquen in Lübeck, Grömitz, Heiligenhafen und Westerland betreibt. Die Ware stammt aus Über- und Restbeständen des erfolgreichen Modehauses und soll nun einen guten Zweck erfüllen, wie das Führungsduo Norbert Herzberg und Frank Hirtreiter des Hauses sagen: „Wir haben über das Abendblatt von den Problemen der alleinerziehenden Ukrainerinnen erfahren. Kleidung ist für uns ein Mittel des persönlichen Ausdrucks und hebt das Selbstwertgefühl. Die Trägerin soll sich darin wohlfühlen und in ihrer Individualität gestärkt werden. Insofern hoffen wir, dass sich unsere Hoffnung mit dieser Spende erfüllt.“ Der Abendblatt-Verein ist Hauptkoorperationspartner des Ukraine-Projekts und hatte den Kontakt der Modefirma zum Schrödingers-Team vermittelt.

Kleidermarkt
Für jede was dabei beim Kleidermarkt im Schrödingers.  © Liv Sachisthal | Liv Sachisthal

Und der Wunsch der beiden Spender wird ganz schnell Wirklichkeit, als die erste Gruppe von Ukrainerinnen den Raum betritt und in ruhiger, fast ehrfürchtiger Stimmung die Kleidung begutachtet. Unter ihnen ist die 37-jährige Mariia aus Iwano-Frankiwsk, einem Ort im Westen der Ukraine. Die gelernte Hotelfachfrau ist mit ihrem Baby auf dem Arm da, die beiden Söhne im Kita- und Grundschulalter werden gerade von ihrer Mutter in Hamburg betreut. Mariias Mann und Vater der Kinder ist in der Ukraine geblieben. Die dreifache Mutter hat im City Kids Deutschkurse gemacht und bis zur Geburt des Babys montags bei der Tafelausgabe geholfen. Heute ist sie extra für das Shopping-Event ins Schrödingers gekommen. Das hat sich gelohnt – sie ist begeistert von ihren Errungenschaften und sagt: „Ich freue mich, dass wir so gute Sachen angeboten bekommen. Der Mantel ist super, und das Kleid steht mir richtig gut, finde ich“.

Mariia
Mariia ist mit ihrem Baby zum Shoppen gekommen. © Liv Sachisthal | Liv Sachisthal

Mit zu dem großen Erfolg des Nachmittags trägt die höchstprofessionelle Organisation des Schrödingers-Teams bei: Die 200 ukrainischen Frauen kommen in Gruppen von je 50 Personen in vier verschiedenen Zeitfenstern, in die sie sich vorher eingebucht haben. Damit Besucherinnen der späteren Zeitfenster nicht nur „sehen müssen, was übrig bleibt“, hat das Team Kleidungsstücke zurückgelegt, um die Ständer und Tische zwischen den Besuchergruppen neu zu befüllen. Die Toiletten im Untergeschoss wurden zu Garderoben umgemodelt. Und wie in einem großen Bekleidungsgeschäft werden Nummern für die Anzahl der Kleidungsstücke, die jede Frau anprobieren möchte, herausgegeben, damit nichts wegkommt. Zur Begrüßung gibt es für jede Dame einen Prosecco mit Himbeeren, und im Hintergrund läuft entspannende Lounge-Musik.

So gelöst und fröhlich waren die Frauen selten

Nadine Mührer, Leiterin des sozialen Schrödingers-Vereins , ist sehr zufrieden mit dem Ergebnis des gemeinsamen Kraftakts und sagt: „Es ist ein Privileg, durch so eine Spende etwas anbieten zu können, was über Deutschkurse, warmes Essen offene Arme hinausgeht. So gelöst und so fröhlich habe ich die Frauen selten erlebt.“

Kleidermarkt im Schrödingers
200 Frauen kamen zum Kleidermarkt ins Schrödingers City Kids © Liv Sachisthal | Liv Sachisthal

Gelöst und glücklich ist auch Hanna Kulinich (50) aus Kiew. In der Heimat war Hanna als Übersetzerin für Japanisch und Chinesisch tätig. Nachdem sie ihre Deutschkurse im City Kids abgeschlossen hat, arbeitet sie in Hamburg jetzt in einem Lager der Deutschen Bahn und will eine Fortbildung im Logistikbereich machen.

Genau das richtige Kleid für ein Date gefunden

Sie freut sich, weil das Shopping-Event sie doppelt entlastet: „Es ist eine sehr schöne Idee, weil ich kaum Zeit habe, in Geschäfte zu gehen zum Shoppen. Außerdem haben wir Ukrainerinnen natürlich auch nicht so viel Geld. Hier gibt es sehr gute Marken und tolle Kleidung.“ Ihre Tochter Mariia Dundar (18), die aktuell den offiziellen, staatlichen Integrations- und Sprachkurs besucht, ergänzt: „Ich habe ein super Kleid gefunden. Genau das Richtige für ein Date.“ Dabei lächelt sie verschmitzt. Mehr will sie nicht verraten.

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Zum Abschluss genehmigen sich Hanna und ihre Tochter Mariia noch einen Himbeer-Prosecco auf der Terrasse vom Schrödingers. Vor der Tür steht schon die nächste Gruppe, die auf den Einlass in die Shopping-Räume wartet  …