Hamburg. Freiwilliges Soziales Jahr feiert heute 60. Geburtstag. Aber Verbände, Jugendliche und junge Erwachsene lassen Korken nicht knallen.
An diesem Montag wird das „Freiwillige Soziale Jahr“ (FSJ) 60 Jahre alt. Am 29. April 1964 verabschiedete der Bundestag das Gesetz zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres und gab damit den Startschuss für eine Erfolgsgeschichte.
FSJ: Bundesregierung plant Kürzungen
Doch das ist heute kein Grund zum Jubeln mehr, heißt es bei den Wohlfahrtsverbänden. Niemand lasse die Korken knallen, schreibt der Evangelische Pressedienst (epd) nach einer aktuellen Umfrage bei den Verbänden. Der Anlass für die getrübte Stimmung: Im nächsten Jahr sind im Bundeshaushalt für die Freiwilligendienste Mittelkürzungen von rund 25 Prozent geplant.
Bundesfreiwilligendienst: Weniger Geld und die sozialen Folgen
Von den Kürzungen wären allein beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Hamburg bis zu einem Viertel der Einsatzstellen betroffen. „Setzen sich die Planungen durch, fielen viele Kräfte weg, die etwa in Kitas, Seniorenheimen, Jugendeinrichtungen oder in der Suchthilfe im Alltag unterstützen und zusätzliche Angebote machen können, wie zum Beispiel Spaziergänge, Begleitung bei Arztbesuchen, Musik- oder Spieleangebote oder einfach nur Zuhören“, sagt Kristin Alheit, Geschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Hamburg, der für seine gut 400 Mitgliedsorganisationen die Freiwilligen vermittelt und pädagogisch betreut.
Bufdis: Sie werden bald überall fehlen
Darüber hinaus seien BFD (Bundesfreiwilligendienst) und FSJ wichtig für die Persönlichkeitsentwicklung der Freiwilligen und das Recruiting neuer Fachkräfte, betonen Experten. „Der Freiwilligendienst hilft den jungen Leuten, ihre Stärken zu erkennen und auszubauen, persönlich zu reifen und sich über ihre berufliche Zukunft klar zu werden. Sehr oft gehen sie nach einem erfolgreichen FSJ oder BFD dort in die Ausbildung, wo sie zufrieden waren, oder bleiben anderweitig im sozialen Bereich aktiv“, so Alheit. „Bei dem enormen Fachkräftemangel sind Kürzungen im Freiwilligendienst daher doppelt schlimm.“
Die Kürzungen würden nicht nur bedeuten, dass Plätze verloren gehen, sondern dass auch die begleitende pädagogische Arbeit leiden wird. „Es gibt Freiwillige, die anfangs mehr Begleitung und Betreuung brauchen. Diese Starthilfe lohnt sich, weil sie hilft, die Freiwilligen vollwertig und langfristig in die Arbeitswelt zu integrieren“, so Alheit.
Paritätischer Wohlfahrtsverband: Das ist jetzt notwendig
Daher fordert der Verband zum einen, die vorgesehenen Kürzungen zurückzunehmen, und zum anderen, zügig für Planungssicherheit zu sorgen.
„Die meisten Freiwilligendienste starten im Sommer und dauern 12 Monate. Es ist unhaltbar, dass die Finanzierung ab Januar 2025 für viele Plätze noch nicht gesichert ist. Sowohl die Einsatzstellen als auch die jungen Menschen brauchen Planungssicherheit.“
Kürzungen beim FSJ: Weniger Stellen bei Diakonie
Auch bei Hamburgs Diakonie gibt es deswegen Kürzungen. So werde „aufgrund des hohen finanziellen Risikos“ der FSJ/BFD-Jahrgang 2024/2025 nicht wie gewohnt angeboten: Das besondere Programm „FSJ 4 YOU“ wird laut Diakonischem Werk mit seinem Sitz in der Königstraße (Altona) zunächst für einen Jahrgang ausgesetzt. „Dieses Angebot für junge Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf benötigt die meisten Ressourcen. Hier arbeiten wir mit einer deutlich kleineren Gruppe, bieten intensivere pädagogische Begleitung sowie Begleitung im Übergang in sowie aus dem Dienst in eine Anschlussperspektive“, erläutert Alexandra Hachmeister, Leitung Arbeitsbereich Freiwilligendienste und Personalgewinnung.
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Die angekündigten Kürzungen für die Freiwilligendienste wirkten sich bei der Diakonie bereits jetzt aus, heißt es. Das Diakonische Werk spricht von 7,5-prozentigen Kürzungen für den neuen FSJ-Jahrgang, der ab September startet, und von Kürzungen um 25 Prozent für den Bundesfreiwilligendienst ab Anfang 2025. Für den Jahrgang ab Sommer 2025 stünden im FSJ sogar weitere Kürzungen von 35 Prozent gegenüber 2023/2024 im Raum. Die Kürzungen würden die Zahl der Plätze in den Freiwilligendiensten deutlich reduzieren, die Vielfalt der Einsatzstellen einschränken und die erreichbaren Zielgruppen verkleinern, berichtet der „Evangelische Pressedienst“ (epd).
Bundesweit findet an diesem Montag ein Aktionstag unter dem Motto „#keinehalbensachen“ statt, an dem, wie schon im Herbst 2024, für eine Rücknahme der Kürzungen gekämpft wird.