Hamburg. Lichtkünstler Michael Batz verzaubert die Gäste beim großen Fest für eine 775 Jahre alte Kirche - einer der ältesten in Norddeutschland

Edgar S. Hasse

Ein Staunen ging durch das Publikum, das sich an den Mauern einer der ältesten Kirchen Norddeutschlands versammelt hatte. Kaum war das grelle Bühnenlicht auf der Wiese vor der beliebten Hochzeitskirche in Hamburg-Alt-Rahlstedt ausgeknipst, leuchtete ganz im Dunkeln das 775 Jahre alte Gotteshaus plötzlich in magischen Farben, wie nie zuvor seit seiner Gründung.

Alt-Rahlstedt: Besucher fotografieren das Kunstwerk

Die von den mystischen Farben beeindruckten Besucher des Gemeindefestes der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Alt-Rahlstedt zückten am vergangenen Sonnabend schnell ihre Smartphones, um das Spiel der 101 Leuchten und ihren Lichtstrahlen mit den Feldsteinen, Holzbalken, Bäumen, fallenden Blättern und den letzten Rosen dieses Sommers digital festzuhalten. Schnell merkten sie: Der Fotografie gelang es kaum, die geheimnisvollen Effekte der Illumination durch den Hamburger Lichtkünstlers Michael Batz digital festzuhalten.

Die Apsis der Kirche, violett beleuchtet.
Foto: Roland Magunia
Die Apsis der Kirche, violett beleuchtet. Foto: Roland Magunia © Funke Foto Services | Roland Magunia

Seit dem Jahr 1248 trotzt in Hamburg-Rahlstedt die romanische Alt-Rahlstedter Kirche dem Lauf der Zeiten. Die evangelische Kirchengemeinde Alt-Rahlstedt feierte das Jubiläum mit einem Gemeindefest und der Illumination ihres Gotteshauses. Pastor Matthias Marks konnte am Sonnabend als prominente Gäste Saliha Aydan Özoğuz (SPD), Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages und Wandsbeker Bundestagsabgeordnete, Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) sowie den Rahlstedter CDU-Vorsitzenden und langjährigen Bürgerschaftsabgeordneten Karl-Heinz Warnholz begrüßen.

Landesbischof Ulrich: Trostort für viele Generationen

Herzlich begrüßter Gast war ebenfalls der emeritierte Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Norddeutschland, Gerhard Ulrich. Mit bewegenden Worten berichtete er in seinem Grußwort über seine Kindheit in Rahlstedt. Seine Eltern seien in der Alt-Rahlstedter Kirche getraut worden. Im eiskalten Nachkriegswinter mussten die Gottesdienstbesucher Kohlen mitbringen, um die Kirche einigermaßen warm zu bekommen.

Ulrich, der inzwischen in Kappeln an der Schlei lebt und Beauftragter des Landes Schleswig-Holstein für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus tätig ist, sagte: „In dieser Kirche wurde ich konfirmierte, hier gab es meine ersten Predigtversuche.“ Von Generation zu Generation hätten die Menschen in diesen Mauern Gott gesucht und gefunden – „haben gebetet, gesungen, geklagt“.

Politiker: Kirche hat großen Stellenwert für den Stadtteil

Derweil betonten die beiden SPD-Politiker Saliha Aydan Özoğuz und Andreas Dressel den Stellenwert der Institution Kirche im Stadtteil vor Ort, gerade in diesen unsicheren, herausfordernden Zeiten. Diese Kirche sei das Wahrzeichen, ein Stück Heimat für die Menschen in Rahlstedt, sagte Karl-Heinz Warnholz.

Während die Besucher das leuchtende Gotteshaus bestaunten und es in einer Wandelprozession umrundeten, erläuterte Michael Batz, der erst jüngst den Hamburger Hafen wieder blau inszenierte, wie er mit Licht Geschichte und Geschichten erzählen will. Die Alt-Rahlstedter Kirche „hält noch immer Kurs, gibt den Menschen Orientierung, Trost und Zuversicht.“

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Bei seinen Lichtinstallationen arbeitet Batz seit vielen Jahren mit der Norderstedter Firma HG-Technik zusammen. Aus Gründen des Insektenschutzes habe er in diesem „natursensiblen Raum an der Wandse“ ausgewählte Lichtfarben eingesetzt. Zudem sei ihm der sparsame Umgang mit Energie wichtig. Der Betrieb dieser Lichtinstallation verursache Energiekosten von 1,50 Euro pro Stunde.

Insektenfreundliches Licht erleuchtet das Gotteshaus.
Foto: Roland Magunia
Insektenfreundliches Licht erleuchtet das Gotteshaus. Foto: Roland Magunia © Funke Foto Services | Roland Magunia

Bischof Ulrich: „Kirche darf nicht ganz dicht sein“

Während am Sonnabend das große Gemeindefest im Mittelpunkt stand, bei dem sich zahlreiche kirchliche Gruppen mit ihren Aktivitäten präsentierten, wurde am Sonntag vor der „Alten Dame“ ein Festgottesdienst gefeiert. Bischof Ulrich machte den Christinnen und Christen Mut, in der Öffentlichkeit sichtbar zu werden: „Kirche muss aus sich heraus.“ Mit Hinweis auf einen alten biblischen Text sagte er: „Wie das Wasser aus dem Heiligtum unter der Schwelle hindurchfließt, muss und darf Kirche ‚nicht ganz dicht‘ sein. Es bleibe ihre Aufgabe, vom Glauben zu erzählen – von einem „machtvollen Wort, das tröstet und Orientierung gibt für den Weg des Lebens, nach der so viele Menschen fragen“.

www.kirche-alt-rahlstedt.de