Hamburg. Die Umstände, die zum Femizid an der Frau in Ottensen führten, werden klarer. Die Mutter des Opfers schildert die vergangenen Monate.

Die 22 Jahre alte Frau, die am Dienstagmorgen vor der Tür ihrer Wohnung im vierten Stock eines Mehrfamilienhauses in Ottensen erschossen wurde, ist offenbar das Opfer eines Stalkers. Das sagt die Mutter der gebürtigen Schweizerin, die sich in Hamburg zur Musicaldarstellerin ausbilden ließ. Der gleichaltrige mutmaßliche Täter soll sie über Monate belästigt haben. Die Polizei geht davon aus, dass der ebenfalls aus der Schweiz stammende Mann erst die Frau und dann sich selbst erschoss.

In einem Interview mit der Schweizer Zeitung „20 Minuten“ hat die Mutter der Getöteten davon berichtet, dass der junge Mann ihrer  Tochter bereits seit neun Monaten nachgestellt hatte. Die beiden Familien, aus der der 22-Jährige und das Opfer stammten, kannten sich. Der Nachwuchs-Politiker sei mit dem Bruder des Opfers zur Schule gegangen. Vor neun Monaten soll sich der 22-Jährige in die Gleichaltrige verliebt haben. Die habe aber eine Beziehung abgelehnt.

22-Jährige in Ottensen erschossen: Junge Frau wurde gestalkt

In den vergangenen Monaten habe die junge Frau seitenlange Briefe und lange Nachrichten über WhatsApp erhalten. Auf Ablehnung, so sagte die Mutter der Zeitung, hätte der 22-Jährige „aggressiv“ reagiert.

Bereits im November soll er erstmals aus der Schweiz angereist sein und vor ihrer Tür in Ottensen gestanden haben und sie auch bedroht haben. Eine Anzeige gab es offensichtlich nicht. „Weder die Frau, noch der Mann sind bei der Polizei in irgendeiner Form in Erscheinung getreten“, sagt Polizeisprecher Holger Vehren. Das bedeutet, dass es keinen Vorgang, wie eine Anzeige gibt, in dem einer der beiden als Beschuldigter oder Betroffene auftaucht.

22-Jährige erschossen: Täter kam mit Revolver nach Hamburg

Jetzt kam der Schweizer offenbar in der Absicht nach Hamburg, die 22-Jährige zu töten. Er war mit dem Zug angereist und soll keine Rückfahrkarte dabei gehabt haben. Den Revolver, mit dem er die junge Frau erschoss und sich dann selbst tötete, hatte er offenbar bereits mitgebracht. Die Schweiz hat ein sehr liberales Waffenrecht. Erwerb und Besitz von scharfen Schusswaffen kann dort jeder unbescholtene Erwachsene beantragen.

Hier in Hamburg soll er sich in einem Hotel in der Nähe eingemietet haben. Die Mutter geht auch davon aus, dass er am Tatmorgen das Haus beobachtete, in dem ihre Tochter in einer Wohngemeinschaft mit einer anderen jungen Frau lebte und gewartet hatte, bis die das Haus verlassen hatte.

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Offensichtlich hatte der 22-Jährige die junge Frau dann im Treppenhaus vor deren Wohnung abgefangen. Es scheint auch so, als habe es keinen Streit oder laute Schreierei vor den Schüssen gegeben. Eine Nachbarin war durch die Schüsse auf die Tat aufmerksam geworden. Durch den Türspion sah sie eine leblose Person im Treppenhaus und alarmierte Polizei und Rettungskräfte. Der junge Mann war beim Eintreffen der Einsatzkräfte bereits tot, sein Opfer starb trotz Wiederbelebungsversuchen noch am Tatort.