Hamburg. Rocker-Boss auf Höhe des Millerntorplatzes in Auto niedergeschossen. Fahrerin des Schützen laut eigener Aussage nicht eingeweiht.

Im Prozess um den versuchten Mord an dem hochrangigen Hells Angel Dariusch F. hat sich die Angeklagte Lisa S. am Mittwoch kurz vor Ende der Beweisaufnahme zu dem Tatvorwurf eingelassen. Dass der Rocker-Boss sterben sollte, will die 24-Jährige demnach nicht gewusst haben.

Die Anklage legt der 24-Jährigen einen heimtückischen Mordversuch aus niedrigen Beweggründen sowie schwere Körperverletzung zur Last. Seit Ende Februar steht sie gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Arash R. vor dem Landgericht. Beide hatten bisher von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht.

Anstiftung zum Mord aus Gefängnis heraus

Gegen Arash R., ehemals hochrangiges Mitglied der inzwischen aufgelösten Rocker-Gruppierung Mongols, hat die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Anstiftung zum Mord erhoben – er soll den Auftrag aus dem Gefängnis heraus erteilt haben. Rocker-Boss Dariusch R. war am 26. August 2018 auf Höhe des Millerntorplatzes am Steuer seines Bentleys niedergeschossen worden. Die Schüsse soll ein bisher unbekannter Schütze von der Beifahrerseite eines daneben haltenden Mercedes Coupé abgegeben haben. Fahrerin des Wagens soll Lisa S. gewesen sein. Das Opfer leidet seither unter einem Querschnittssyndrom und sitzt im Rollstuhl.

Wie es in der von ihrem Verteidiger verlesenen Erklärung heißt, habe sie am Tattag auf Veranlassung eines Dritten – ausdrücklich nicht auf Geheiß ihr Freundes Arash R. – einen Mann am Hamburger Hauptbahnhof aufgenommen. Mit dem Auto seien sie dann zur Hein-Hoyer-Straße gefahren. Als Dariusch F. dort seine Stammbar verlassen habe und in seinen Bentley gestiegen sei, seien sie ihm im Coupé gefolgt. Sie habe gewusst, dass „etwas passieren“ werde, über Einzelheiten sei sie jedoch nicht informiert worden.

Möglicherweise Strafmilderung für Angeklagte

Der ihr unbekannte Beifahrer habe sie angewiesen, sich am Millerntorplatz neben den Bentley zu stellen. Die Waffe habe sie erst gesehen, als der Schütze begann, auf Dariusch F. zu feuern. Sie sei dann in Panik geflüchtet, den Schützen habe sie in der Nähe des Bahnhofs abgesetzt. Weitergehende Fragen wollte die Angeklagte nicht beantworten. Sollte das Gericht ihrer Aussage folgen, käme für die bisher wegen Mittäterschaft angeklagte Frau womöglich eine Strafmilderung wegen Beihilfe in Betracht.

Nach der Einlassung am Mittwoch schloss das Landgericht die Beweisaufnahme. Am nächsten Verhandlungstag, dem 21. Mai, ist mit dem Beginn der Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung zu rechnen. Den Angeklagten droht lebenslange Haft.