Hamburg. Linke wirft der Polizei “bürgerkriegsähnlichen Einsatz“ vor. Rückendeckung für die Polizei kommt von Ex-Kiezgröße Kalle Schwensen.

Nach einer Drogen-Razzia auf St.Pauli eskaliert ein Streit zwischen der Bürgerschaftsfraktion der Hamburger Linken und der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Die Fronten sind völlig verhärtet. Der DPolG-Landesvorsitzende und CDU-Abgeordnete in der Hamburger Bürgerschaft Joachim Lenders spricht von Beleidigung der gesamten Hamburger Polizei und fordert von Christiane Schneider, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, sogar eine Entschuldigung.

Anlass für den Hader ist eine Drogen-Razzia an der Hafenstraße. Bereitschaftspolizisten hatten dort am Montag in einem Haus einen Durchsuchungsbeschluss vollstreckt – es gab Hinweise, dass in dem Hinterhof des Hauses mit Drogen gedealt wird. 34 Personen wurden dabei festgenommen und 50 Tütchen mit Marihuana, insgesamt 91 Gramm, und neun Gramm Kokain beschlagnahmt. Weil nur Afrikaner festgenommen worden waren, sprach die linke Szene von „rassistischen Kontrollen“. Hunderte Menschen gingen dagegen am Montag und Dienstag auf die Straße.

Auch am Mittwochabend demonstrierten bis zu 150 Menschen auf St. Pauli gegen die ihrer Meinung nach überzogene Härte des Einsatzes. Die Protestler trommelten nach einem im Netz kursierenden Aufruf auf Töpfen und Pfannen in der Umgebung der Wohnung von Innensenator Andy Grote (SPD). Die Polizei war mit einem größeren Aufgebot vor Ort, die Kundgebung verlief friedlich. Und Grote selbst bekam nur indirekt Wind von der Aktion und den Sprechchören "Andy Grote raus aus St. Pauli" oder "Stoppt die rassistischen Kontrollen" - er kehrte erst danach gegen Mitternacht nachhause.

Schneider: "Bürgerkriegsähnlicher Einsatz"

Die scharfe Kritik der Linken-Abgeordneten Schneider, die auch Bürgerschaftsvizepräsidentin ist, ließ nicht lange auf sich warten. „Der Einsatz einer mit Maschinenpistolen bewaffneten und vermummten Sondereinheit steht in keinem Verhältnis zum Anlass, dem Verdacht des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz“, so Schneider. Die Politikerin sprach von einem „bürgerkriegsähnlichen Einsatz“ und bezog sich auch auf die Anwohner der Hafenstraße, die „der Polizei bei ihrem Vorgehen gegen die Dealerszene seit langem Rassismus vorwerfen“. Zudem forderte Schneider eine Stellungnahme von Grote. Der „unverhältnismäßige Polizeieinsatz“ könne „gegebenfalls in einer Sondersitzung des Innenausschusses“ thematisiert werden.

Mit einem öffentlichen Wutbrief reagiert DPolG-Chef Lenders nun auf die Vorwürfe der Linken-Abgeordneten. „Eine Sondersitzung des Innenausschusses? Na klar, warum nicht gleich eine Sondersitzung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte!“, ätzt Lenders. Die Vorwürfe der Linken seien „unerträglich und anmaßend“. Bei der Durchsuchung an der Hafenstraße habe es sich um einen „ganz normalen, rechtsstaatlichen Polizeieinsatz zur Bekämpfung der Drogenkriminalität“ gehandelt.

Lenders erwartet Entschuldigung

Wer den Polizisten „Willkür und Rassismus“ unterstelle, wolle bloß „eigene Interessen durchsetzen“ und „Stimmung auf dem Rücken von Polizistinnen und Polizisten machen“, so Lenders. „Ich erwarte von Frau Schneider, dass sie sich bei meinen Kollegen entschuldigt.“ Mit einem sarkastischen Statement beendet der Gewerkschaftschef seine Philippika: Als Mitglied der Härtefallkommission der Hamburgischen Bürgerschaft sei Schneider genau am richtigen Platz: „als ganz besonderer Härtefall für ideologische Verblendung und Borniertheit!“

Dennis Gladiator, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, erklärte: „Die Drogenrazzia war eine sinnvolle und notwendige Maßnahme.“

Kalle Schwensen schützt die Polizei

Lenders und die Hamburger Polizei bekommen dazu Rückendeckung von unerwarteter Seite. Die ehemalige Kiezgröße Kalle Schwensen meldetet sich bei Facebook zu Wort. Er sei "nun wirklich der Letzte, der für die Polizei eine Lanze bricht, aber bei dem unstrittigen Sachverhalt von 'rassistischer Kontrolle' zu sprechen", das sei "das Dämlichste", was man machen könnte. Wenn die Dealer, die "seit Jahren" in der Gegend Drogen verkauften, "ausnahmslos" Afrikaner seien, "dann ist es nicht die Schuld der Polizei, dass sie keine anderen Personen kontrollieren kann."