Zoll stellt in Billstedt Tausende illegale Feuerwerkskörper sicher. 45-jähriger Wohnungsinhaber festgenommen. 200 Mieter müssen Häuser verlassen. Wie Sie sichere Feuerwerkskörper erkennen können.

Billstedt. Der größte Böller war so groß wie ein Handball – und nur einer von 8000 illegalen Feuerwerkskörpern, die in einem Wohnhaus an der Billstedter Hauptstraße gelagert wurden. Dass sie auf einem Pulverfass sitzen, dürfte den Bewohnern schlagartig klar geworden sein, als die Polizei am Dienstag um 17.30 Uhr Bombenalarm gab – und die Evakuierung des Mehrfamilienhauses und aller umliegenden Gebäude in einem Radius von 200 Metern anordnete.

Zuvor waren Zollbeamte in dem Wohnhaus auf rund drei Tonnen illegaler Feuerwerkskörper gestoßen. Die Menge an Sprengstoff in den Knallkörpern und Raketen mit chinesischen Schriftzeichen hätte ausgereicht, das sechsgeschossige Gebäude in Schutt und Asche zu legen.

Die Feuerwerkskörper wurden am Abend schließlich in Laster des Technischen Hilfswerks verladen und abtransportiert. Der Mann, dem die Bewohner die Aufregung zu verdanken hatten und der die Pyrotechnik in seiner nicht angemeldeten Wohnung, im Keller, in der Tiefgarage, auf dem Dachboden und möglicherweise sogar im Hausflur gelagert hatte, wurde von zwei Zollbeamten festgenommen und abgeführt – es war Oliver R., 45, bisher nicht vorbestraft.

Rund 200 Anwohner mussten ihre Wohnungen verlassen


„Die Kartons mit dem Zeug stapelten sich in seiner Wohnung bis an die Decke“, sagte ein Beamter. Dort stießen die Fahnder auf Böller und Feuerwerksbatterien mit je 600 Schuss, einige von ihnen so groß wie Europaletten, außerdem eine Pumpgun und scharfe Munition. Die Feuerwerkskörper enthielten zusammen rund 1000 Kilogramm Sprengstoff. Sie wurden in Billstedt und zwei weiteren Objekten in Hamburg sichergestellt, sagt Axel Hirth, Sprecher des Zollfahndungsamts. Allein die in der Wohnung entdeckten Böller und Batterien enthielten nach Abendblatt-Informationen Hunderte Kilo Sprengstoff. Nie zuvor hat der Hamburger Zoll so viele illegale Feuerwerkskörper beschlagnahmt wie am Dienstag – und nie zuvor war die Situation so brenzlig.

Ein Entschärfer der Staatsschutzabteilung der Polizei ordnete nach Inspektion der mit Sprengstoff vollgestopften Wohnung umgehend die Evakuierung der umliegenden Gebäude an. Rund 200 Anwohner mussten ihre Wohnungen verlassen. Wer nicht für ein paar Stunden bei Freunden oder Angehörigen unterkam, fand in HVV-Bussen oder dem Großraumrettungswagen der Feuerwehr Unterschlupf. Gleichzeitig riegelte die Polizei das Gebiet um den Tatort weiträumig ab – zwischen Schiffbeker Weg und Möllner Landstraße stand der Verkehr stundenlang still.

Sportspaß-Center-Kunden mussten von Autos fernbleiben


Auch das Sportspaß-Center in Billstedt musste geräumt werden. Einige, die ihr Auto im Parkhaus abgestellt hatten, mussten für längere Zeit von ihren Wagen fernbleiben. Ob sie nach der Evakuierung einen Teil der Parkgebühren zurückerstattet bekamen, ist noch unklar.

Es war ein anonymer Hinweis, der den Zoll auf die Spur der „Böller-Mafia“ gebracht hatte. Im Fokus der Fahnder stand neben der Wohnung des Hauptverdächtigen Oliver R. eine Werkstatt in Hamm, die ebenfalls als Lagerstätte für die illegalen Feuerwerkskörper gedient haben soll. Offenbar wollten Oliver R. und seine Komplizen mit dem Verkauf kurz vor dem Jahreswechsel buchstäblich ein Bombengeschäft machen. In den vergangenen Tagen seien die Täter mit einem umgebauten VW-Bus durch Hamburg gefahren und hätten von dort aus die illegalen Knaller und Raketen verkauft, sagt Hirth.

So erkennen Sie sichere und legale Feuerwerkskörper


In Deutschland wurden 2013 Feuerwerkskörper im Wert von 124 Millionen Euro in die Luft gejagt. Während im Handel erhältliche Pyrotechnik mit CE-Prüfsiegel oder einer Zulassung der Bundesanstalt für Materialforschung und Materialprüfung (BAM) als sicher bei korrekter Anwendung gilt, sind die häufig in Osteuropa oder China hergestellten, nicht zugelassenen Feuerwerkskörper hochgefährlich. Immer wieder führen zu starke oder unerwartet frühe Explosionen zu schwersten Verletzungen.

Das Hauptzollamt Hafen unternahm daher unter dem Operationsnamen „Razzo“ einen Schwerpunkteinsatz gegen die „Böller-Mafia“. Dabei interessieren die Beamten vor allem Busse und Züge, die aus osteuropäischen Ländern nach Hamburg kommen – aus Ländern wie Polen stammt ein großer Teil der illegal nach Deutschland eingeführten Feuerwerkskörper.