Bei einer Versammlung für die Lampedusa-Flüchtlinge zeigte sich der Angeklagte mit einer goldenen Maske. Damit sei er zum beliebten Fotomotiv geworden. Zu viel der Tarnung, meint die Staatsanwaltschaft.

Neustadt . Für eine Weile aus dem normalen Leben aussteigen, sich als anderer probieren: Masken haben schon seit Urzeiten dem Menschen nahezu unendliche Möglichkeiten der Verwandlung ermöglicht – Hingucker und Camouflage zugleich. Doch was ist, wenn der Anlass ein nicht ganz so fröhlicher und unbeschwerter ist? Unter bestimmten Umständen nämlich könnte auch eine scheinbar harmlose Maske zur gewollten und nicht mehr legalen Tarnung werden. Und da liegt die Krux.

So hat denn auch Florian D. möglicherweise mit seiner Verhüllung den Bogen überspannt, als er sich im vergangenen Oktober bei einer Versammlung im Zusammenhang mit der Situation der Lampedusa-Flüchtlinge mit einer goldfarbenen Maske zeigte. Weil der 49-Jährige dabei auch noch eine Kapuze über den Kopf gezogen habe, sei das entschieden zu viel der Tarnung, findet der Staatsanwaltschaft. Deshalb muss sich der Hamburger jetzt im Prozess vor dem Amtsgericht wegen Verstoßes gegen das Vermummungsverbot verantworten. Denn so könnte eine Identifizierung bei einer Demonstration erschwert oder gar vollständig torpediert werden, lautet die einschlägige Strafvorschrift.

In entspannter Haltung sitzt der drahtige und vom Kopf bis zu den schweren Stiefeln ganz in Schwarz gekleidete Angeklagte jetzt im Gerichtssaal da, die Beine unter dem Tisch vor ihm ausgestreckt, die Arme vor dem Bauch verschränkt. Gegen 150 Euro ist die Staatsanwaltschaft bereit, das Verfahren einzustellen. „150 Euro ist zwar nicht so wahnsinnig viel Geld“, konzediert der Mann. „Aber ich finde es trotzdem unfair.“ Schließlich seien die Vorwürfe nicht berechtigt, wehrt er mit bedächtiger Stimme ab. „Ich habe zwar die Maske dabeigehabt, aber mit einer Demonstration hatte ich nichts zu tun.“

Er habe sich ursprünglich allein ans Rathaus gestellt, „um meinen Unmut auszudrücken“, dass Menschen allein aufgrund ihrer Hautfarbe diskriminiert würden, erläutert Florian D. Eigentlich habe er damit die Aufmerksamkeit des Bürgermeisters erringen wollen. Doch dann erfuhr er, dass der Senatschef zu jener Zeit gar nicht im Rathaus war. „Von einem Polizisten hörte ich, dass stattdessen am Gänsemarkt etwas los sei. Da bin ich dann hin und stand dort zusammen mit anderen. Aber das war eher zufällig“, argumentiert der Angeklagte. Und seine goldfarbene Maske habe er meist am Hinterkopf getragen. Von Vermummung könne deshalb keine Rede sein. Vielmehr sei er damit zum begehrten Fotomotiv geworden. „Es mag höchstens sein, dass ich ein paarmal von anderen aufgefordert worden bin, die Maske für einen kurzen Moment aufzusetzen, damit man mich ablichten kann. Dem Wunsch bin ich dann wohl nachgekommen.“ Der Angeklagte habe seine Maske nur etwa eine Minute aufgehabt und dann wieder abgesetzt, ergänzt der Verteidiger von Florian D. Eine Einstellung ohne Geldauflagen würden sie akzeptieren. „Aber dafür Geld zahlen – da machen wir nicht mit.“

Die Staatsanwaltschaft hat für diese Einstellung zunächst wenig Verständnis. Florian D. sei bereits dreimal wegen des Verstoßes gegen das Vermummungsverbot ohne Geldzahlungen davongekommen, unter anderem bei einer Versammlung vor dem US-Generalkonsulat, argumentiert der Ankläger. Nach einigem Zögern indes stimmt die Staatsanwaltschaft doch noch einmal einer Einstellung zu, ohne dass der Angeklagte Geld zahlen muss. Aber das sei nun sicher das letzte Mal, dass man Milde walten lassen werde, kündigt der Anklagevertreter an. „Beim nächsten Mal wird das nicht mehr klappen.“

Abendblatt-Gerichtsreporterin Bettina Mittelacher schreibt jede Woche über einen außergewöhnlichen Fall