Wegen Körperverletzung und Diebstahl musste ein 38-Jähriger sich vor dem Amtsgericht verantworten. Er soll seiner Ex-Frau nach der Trennung eine Kopfnuss verpasst und Schmuck gestohlen haben.

Neustadt . Wer wird denn gleich in die Luft gehen! Für diesen Mann scheint ein winziger Funke auszureichen, damit er explodiert. „Ich kann ihn mit allem Möglichen zur Weißglut bringen“, versichert zumindest seine frühere Frau freimütig. Doch in Bezug auf eine Bereitschaft zum Streit steht seine Ex ihm offenbar kaum nach. „Der eine sagt, dass die Sonne scheint, dann meint der andere, dass es regnet“, bringt die 31-Jährige beispielhaft den immerwährenden Dissens zwischen den beiden auf den Punkt.

Kein Wunder, dass die Stimmung heute eisig ist. So kühl, dass man keinen Blick mehr füreinander übrig hat, beharrlich aneinander vorbeisieht oder durch den anderen hindurch.

Da scheint es nur konsequent, dass Andreas S. und seine ehemalige Frau Doris (Namen geändert) nur in der dritten Person voneinander sprechen, mit einem distanzierten „Herr …“ und einem frostigen „Frau …“, obwohl sie auch nach ihrer Scheidung noch denselben Nachnamen tragen. Zur endgültigen Trennung sollen Ausraster des Mannes beigetragen haben, die den 38-Jährigen jetzt im Prozess vor dem Amtsgericht auf die Anklagebank gezwungen haben, wo ihm Körperverletzung und Diebstahl vorgeworfen werden. Laut Staatsanwaltschaft verletzte der Hamburger seine Ex-Frau vor mehr als einem Jahr bei einem Streit mit einer sogenannten Kopfnuss. Bei einer anderen hitzigen Auseinandersetzung soll er ihr zudem ein Hämatom am Arm zugefügt haben, als er heftig eine Autotür zugeschlagen habe. Außerdem, so heißt es in der Anklage, habe er ihren Schmuck und ihre Uhren gestohlen.

Doch für die ehemals Liebenden scheint weniger die Klärung möglicher Straftaten als ein Schlagabtausch über enttäuschte Gefühle eine Rolle zu spielen. Auch der vermeintliche Diebstahl ist ein Ausdruck des tiefen Grabens, der mittlerweile zwischen ihnen klafft. Die Uhren und der Schmuck seien „versehentlich“ weggekommen, erzählt Andreas S., ein drahtiger Mann mit kurz rasiertem Haar, vor Gericht. Sein Bruder habe ihm beim Packen seiner Sachen geholfen, als er aus der Wohnung ausziehen musste, die er bis dahin mit seiner Frau teilte. „Sie hatte alles, was mit mir zu tun hat, komplett in Kartons verpackt, jedes einzelne Stück, sogar jede Kerze“, erzählt der Angeklagte aufgebracht. Da habe sein Bruder wohl geglaubt, „wenn sie mich so vollständig aus ihrem Leben löscht, kann sie auch nicht mehr die Uhren und den Schmuck behalten wollen, die ich ihr mal geschenkt hatte“. Deshalb verstaute der Bruder die Preziosen in den Umzugskartons – ohne Wissen von Andreas S. „Als ich das beim Auspacken bemerkte, habe ich ihr die Sachen unverzüglich zurückgegeben.“

Und die Körperverletzungen habe er „allenfalls fahrlässig begangen“, betont der Angeklagte weiter. Er und seine damalige Frau hätten mal wieder gestritten. „Ich erinnere das so, dass sie eine ruckartige Bewegung mit dem Kopf machte, dabei müssen wir aneinandergeraten sein.“ Auch die zweite Verletzung am Arm habe er ihr, wenn überhaupt, unabsichtlich beigebracht, beteuert der 38-Jährige. „Ich habe nie irgendwelche Gewalt angewandt.“ Er habe „nur ein Ziel: dass das alles ein vernünftiges Ende nimmt“ und er regelmäßig seinen kleinen Sohn sehen könne, der bei der Mutter lebt.

Mit versteinertem Gesicht, die Hände ineinander verkrampft, lässt Andreas S. die Schilderungen seiner geschiedenen Frau über sich ergehen. Dass er ihr tatsächlich eine Kopfnuss verpasst habe, versichert die in Shorts und Turnschuhen sportlich gekleidete 31-Jährige. „Es lief die ganzen Jahre so, dass wir Streit hatten“, erzählt Doris S. „Und nach seinem Auszug fiel mir auf, dass mir ein paar Sachen fehlten.“ Schmuck und Uhren habe sie aber sehr zügig zurückerhalten, bestätigt sie seine Darstellung. Doch damit ist das Limit an Einigkeit schon erreicht. Miteinander reden sei schon lange nicht mehr möglich, versetzt die Zeugin mit Frust in der Stimme. Jede Absprache, etwa über seine Besuche beim gemeinsamen Sohn, erfolge derzeit über Dritte.

Am Ende lässt es das Gericht bei einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu sechs Euro für den Hartz-IV-Empfänger bewenden. Die Strafe akzeptiert Andreas S. noch im Gerichtssaal. Welche Sanktion sie für ihren Ex-Mann erhoffe, hatte seine Verteidigerin noch während der Beweisaufnahme von Doris S. wissen wollen. „Eine Freiheitsstrafe?“ Das sei „nicht meine Sorge“, versetzte die 31-Jährige kurz angebunden und mit einer wegwerfenden Handbewegung. „Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied.“ Allerdings hätten sie und ihr früherer Mann sich vorgenommen zu lernen, „vernünftig miteinander zu kommunizieren“. Vielleicht als Anfang mal eine Unterhaltung über das Wetter – ohne Stress und Streit darüber, ob es gerade regnet oder doch eher die Sonne scheint.