Der Sexualstraftäter wurde nach einem Straßburger Urteil freigelassen. Polizeibeamte bewachen ihn rund um die Uhr. Er ist schon in der Stadt.
Hamburg. Ein aus der Sicherungsverwahrung in Baden-Württemberg entlassener Sexualstraftäter hat sich auf eigenen Wunsch in Hamburg niedergelassen. Nach Informationen des Hamburger Abendblatts ist der 53-jährige Hans-Peter W., der in den letzten mehr als 30 Jahren im Gefängnis lebte, bereits vor knapp zwei Wochen in die Hansestadt gekommen. Derzeit sucht die Bewährungshilfe der Sozialbehörde nach einer dauerhaften Unterkunft für den wegen mehrfacher Vergewaltigung und schwerer Körperverletzung vorbestraften Mann. Wo er sich derzeit genau aufhält, halten die Hamburger Behörden geheim.
Polizeibeamte überwachen ihn rund um die Uhr. Er gilt als gefährlich. Fahnder sprechen von "einer tickenden Zeitbombe".
Hintergrund seiner Entlassung ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg. Dieser hatte entschieden, dass eine Sicherungsverwahrung nicht nachträglich verlängert werden darf. Allein in Hamburg müssen deshalb in den kommenden Jahren wahrscheinlich 17 Schwerverbrecher aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden.
Hans-Peter W. war nach seiner Freilassung in Baden-Württemberg Anfang dieses Monats zunächst auf eigenen Wunsch im Kurort Bad Pyrmont im Weserbergland (Niedersachsen) in einem Pflegeheim untergebracht worden. Nachdem Politiker und Anwohner dort öffentlich protestiert hatten, einigten sich die Behörden mit W. darauf, dass er Bad Pyrmont wieder verlässt.
Hamburg habe nicht ablehnen können, dass Hans-Peter W. in die Stadt komme, sagte ein Behördenmitarbeiter dem Abendblatt, da er als freier Mann gelte und sich daher frei bewegen könne. "Die niedersächsischen Kollegen haben uns davon in Kenntnis gesetzt, dass er in die Hansestadt kommen will", sagte Polizeisprecher Mirko Streiber.
Offiziell wollen die Hamburger Behörden keine Angaben über die Gefährlichkeit des Mannes machen. "Welche Gefahr von ihm ausgeht, soll auf einer sogenannten Fallkonferenz geklärt werden", sagte Pia Kohorst, Sprecherin der Justizbehörde, und bestätigte damit einen Bericht des Radiosenders NDR 90,3. In dieser Fallkonferenz sitzen Vertreter des Landgerichts, der Sozialbehörde und der Polizei. Es solle "zeitnah" entschieden werden, welche Auflagen Hans-Peter W. zu erfüllen habe, sagte Kohorst. Ihm könne etwa auferlegt werden, sich regelmäßig bei der Polizei zu melden oder sich in eine Therapie zu begeben.
+++ SO KRIMINELL IST IHR STADTTEIL +++
In Polizeikreisen wird die Freilassung kritisch gesehen. "Es ist ein Skandal, dass der Mann ohne Vorbereitung auf freien Fuß gesetzt wird", sagte ein Beamter dem Abendblatt. "Der hat mehr als drei Jahrzehnte in Haft und in Sicherungsverwahrung gesessen und weiß noch nicht einmal, was ein Handy oder der Euro ist." Jeder andere Häftling werde auf die Freiheit mehrere Monate vorbereitet. "Wir wissen überhaupt nicht, wie er sich verhalten wird."