Hamburg. Auch Monate nach der Geburt ihres Sohnes hat Janina Traut das Dokument nicht bekommen. Das hat unschöne Folgen. Kein Einzelfall.

Mittlerweile ist das freudige Ereignis bald drei Monate her: Am 30. September brachte die Saselerin Janina Traut ihren Sohn Mathis zur Welt. Aber wie das so ist: Wo ein neuer Mensch erscheint, gibt’s nicht nur viel Freude, sondern sofort auch jede Menge Bürokratie. Aber Janina Traut, bereits zum zweiten Mal Mutter, war darauf bestens vorbereitet. Bereits im Krankenhaus beantragten sie die Geburtskurkunde für ihr zweites Kind.

Geholfen hat das schnelle Ausfüllen aller nötigen Formulare aber nicht. Bis heute hat die Familie vom Bezirksamt Wandsbek keine Geburtsurkunde für den kleinen Mathis bekommen. Dabei haben Janina Traut und auch ihr Vater immer mal wieder nachgefragt. Telefonisch sei allerdings wochenlang nie jemand zu erreichen gewesen, so Traut. Und auf Mails kamen stets nur automatische Antworten, in denen es hieß, wegen „der Vielzahl der zu beurkunden Geburten dauert die Bearbeitungszeit mehrere Wochen“.

Geburten Hamburg: Warten auf die Urkunde wird zum Geduldsspiel

Für die Familie Traut bedeutet das: Sie kann kein Kindergeld oder Elterngeld beantragen, keine Krankenkassenkarte, keinen Personalausweis und auch keinen Kita-Platz. „Für mich ist es schwer nachvollziehbar, wieso diese Grundvorsorge des Staates nicht gleich nach der Geburt gezahlt wird, denn die Geburt wird automatisch vom Krankenhaus an das Standesamt gemeldet“, sagte Traut dem Abendblatt. „Somit müsste es in einer digitalen Welt selbstverständlich sein, dass die Geburtsurkunde sofort ausgestellt wird.“ 

Ihre Familie könne die finanziellen Einschränkungen zwar auffangen, aber viele andere Familien seien vom ersten Tag an auf die Geburtsurkunde angewiesen, da sie Kinder- und Elterngeld schnell brauchten, gerade weil Neugeborene ja auch viele Kosten verursachten. „Die Hamburger Neugeborenen haben leider keine Lobby und erhalten nicht ausreichendes Gehör“, so Traut.

Geburtsurkunde Hamburg: „Die Neugeborenen haben leider keine eigene Lobby“

„Es wäre schön, wenn unser Aufruf zum Wohle der Hamburger Neugeborenen dazu beiträgt, dass dieser Mangel, der in vielen Bezirken der Hansestadt besteht, sofort abgestellt wird. Personalmangel in den Standesämtern, der über Monate billigend in Kauf nimmt, dass Eltern mit ihrem neuen Erdenbürger in eine finanzielle Schieflage geraten können, ist nicht zu verantworten und unverzeihlich.“ Dabei wüssten Bezirksamtsleitung und Senat seit Langem von dem „unhaltbaren Zustand“, aber dieser werde „einfach hingenommen“.

Tatsächlich sind die Probleme in den für Geburts- und Sterbeurkunden zuständigen Standesämtern schon seit Jahren bekannt. Dramatisch ist die Situation schon seit geraumer Zeit im Bezirksamt Wandsbek. Regelmäßige Anfragen der CDU an den Senat haben in den vergangenen Jahren immer wieder gezeigt, wie groß das Problem ist. Auch das extrem lange Warten auf Sterbeurkunden führt zu großen Problemen für die Hinterbliebenen. Für Bestattung, Wohnungsauflösungen, Rentenangelegenheiten oder die Regelungen ist die Sterbeurkunde nötig, auf die die Betroffenen in Wandsbek zuletzt bis zu 35 Tage warten mussten. Dort gibt es offenbar seit geraumer Zeit deutlich zu wenig Personal. Hinzu komme, dass die Zahl der Sterbefälle und damit der auszustellenden Sterbeurkunden aus demografischen Gründen seit Jahren kontinuierlich zunehme, hieß es.

Bezirksamt Wandsbek: Zuständige Behörde verspricht baldige Besserung der Lage

Das Abendblatt hat jetzt bei der für die Bezirke zuständigen Wissenschaftsbehörde von Senatorin Katharina Fegebank (Grüne) angefragt, warum auch nach Jahren bei diesem Thema vom Senat und den Bezirken noch keine Abhilfe geschaffen wurde. „In der Tat ist die aktuelle Bearbeitungszeit der Geburtsbeurkundungen in Wandsbek eine Belastung für die Familien“, räumte Behördensprecherin Helen Hahne ein. Es seien nun mehrere Maßnahmen umgesetzt worden, „um die Situation für Bürgerinnen und Bürger schnellstmöglich zu verbessern“.

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„Kurzfristig haben die anderen Standesämter in Hamburg Unterstützung zugesagt“, so die Sprecherin. „Die Beurkundungen aller neu eingehenden Sterbefälle aus Wandsbek werden daher seit dem 1. Dezember 2024 und bis zum 30. März 2025 temporär auf die anderen sechs Bezirke verlagert. Dadurch wird das Standesamt Wandsbek in die Lage versetzt, in dieser Zeit seine eigenen hohen Rückstände abzubauen, denn diese sind der Grund für die hohen Bearbeitungszeiten. Diese Maßnahme zeigt im Bereich der Sterbefallbeurkundungen bereits erste sehr vielversprechende Ergebnisse.“

Die so gewonnenen Spielräume würden dann auch im Bereich der Geburtsbeurkundungen eingesetzt, „sodass im ersten Quartal 2025 deutlich mehr Personalressource in diesem Bereich zur Verfügung stehen wird, um auch dort Rückstände abzubauen“. Parallel dazu seien durch das Programm „Neuorganisation und Modernisierung der Standesämter (NEMO ST)“ hamburgweit zusätzliche Stellen in den Standesämtern geschaffen worden, deren Besetzung nach einer Einarbeitungszeit erste positive Ergebnisse bringe.

Weihnachtsgeschenk per Post? Auch Janina Traut soll ihre Urkunde nun bald bekommen

„Im Standesamt Wandsbek kann ab Januar 2025 auf mehr Standesbeamtinnen und -beamte zurückgegriffen werden, wodurch zusätzlich die Abarbeitung der Rückstände forciert werden kann“, so Hahne. „Im Ergebnis stellen wir intern eine zunehmend deutliche Verbesserung der Lage fest. Eine deutlich wahrnehmbare Entlastung für unsere Kundinnen und Kunden erwarten wir ab 2025.“

Auch für Janina Traut und ihre Familie bahnt sich nun offenbar ein Ende der nervigen Warterei an. Nach der Abendblatt-Anfrage hieß es nun, die Geburtsurkunde sei kürzlich ausgestellt worden. Sie werde die Familie in den kommenden Tagen erreichen.