Hamburg. Dokument nötig für Bestattung, Nachlass, Rente. Situation zwar etwas verbessert. In einem Bezirk aber ist die Wartezeit „untragbar“.

Wer einen Familienangehörigen verliert, ist meist doppelt belastet: Zum einen muss der Verlust emotional verarbeitet werden, zugleich sind viele organisatorische Dinge zu erledigen. Voraussetzung für Beisetzung, Wohnungsauflösung, die Regelung von Rentendingen oder Nachlass: Es muss eine amtliche Sterbeurkunde vorliegen. Auf die aber müssen die Betroffenen in Hamburg bisweilen auch heute noch wochenlang warten. Das hat jetzt erneut eine Antwort des Senates auf eine Kleine Anfrage der CDU gezeigt, die die Wartezeiten regelmäßig abfragt.

Eines immerhin belegt diese Antwort auch: Senat und Bezirke haben das Problem erkannt und steuern seit einiger Zeit dagegen. So wurde das Personal in den auch für Sterbeurkunden zuständigen Standesämtern aufgestockt und ein Programm zur „Neuaufstellung und Modernisierung der Standesämter“ ins Leben gerufen. Es soll zu einem effizienteren Arbeiten der Ämter auch durch Digitalisierung führen. Zudem sollen sich die Dienststellen gegenseitig unterstützen, wenn besonders viel Arbeit anfällt.

Sterbeurkunde: In diesem Bezirk warten die Hinterbliebenen besonders lange

Dabei ist die Lage in den Bezirken bis heute sehr unterschiedlich. Besonders lange warteten die Menschen zuletzt im Bezirk Wandsbek auf die Aushändigung der so wichtigen Sterbeurkunde. Hier dauerte es seit vergangenen September jeden Monat im Durchschnitt mindestens 20 Tage, im April 2024 stieg die durchschnittliche Bearbeitungsdauer sogar auf 35 Tage. Ganz anders die Situation in Bergedorf, dem in dieser Sache schnellsten Standesamt: Hier wurden die Sterbeurkunden zuletzt oft nach durchschnittlich nur einem halben Tag ausgestellt, auch im seit September schlechtesten Monat April waren es lediglich zwei Tage.

Sieht man sich die durchschnittliche Wartezeit im ersten Quartal 2024 an und vergleicht sie mit dem zweiten Halbjahr 2023, für das der Senat ebenfalls Zahlen vorgelegt hat, so zeigt sich immerhin: In vier der sieben Bezirke hat die Modernisierungsoffensive des Senats gefruchtet, und die Wartezeiten haben sich teils deutlich reduziert. Das gilt für Mitte (sieben Tage), Altona (sieben), Eimsbüttel (fünf) und Bergedorf (ein Tag).

Im schlechtesten Bezirk Wandsbek dagegen stieg sie weiter: von 20 auf 28 Tage. Auch in Hamburg-Nord scheint das Gegensteuern noch nicht zu wirken: Hier nahm die durchschnittliche Dauer bis zur Ausstellung des Dokuments von 16 Tagen im zweiten Halbjahr 2023 auf 21 Tage im ersten Quartal dieses Jahres zu. In Harburg blieb die Wartezeit mit zwölf Tagen gleich.

CDU: Zuständige Senatorin soll „endlich für vernünftige Verhältnisse sorgen“

Für die CDU ist die aktuelle Situation trotz der Verbesserungen so nicht akzeptabel. „Die Angehörigen, die um einen geliebten Menschen trauern, der in Wandsbek wohnte, sind dabei seit Langem erheblichen zusätzlichen Schwierigkeiten ausgesetzt. Mittlerweile müssen sie durchschnittlich 35 Tage warten, bis sie die dringend benötigte Sterbeurkunde erhalten. Das ist absolut untragbar“, konstatiert André Trepoll, Sprecher für Bezirke der CDU-Bürgerschaftsfraktion.

„Es ist den Hinterbliebenen nicht zuzumuten, wegen personeller Unterbesetzung und Langzeiterkrankungen der Beamten die Bestattung nicht zeitnah durchführen zu können oder finanzielle Verluste zu erleiden, weil Verträge mangels Sterbeurkunde nicht gekündigt werden können.“ Die auch für die Bezirke zuständige Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) müsse „endlich für vernünftige Verhältnisse sorgen“.

Deren Sprecher Christian Wöhst betont auf Abendblatt-Nachfrage, dass man die Probleme in der Behörde durchaus auf dem Schirm habe und weiter gegensteuere. „Die Standesämter arbeiten intensiv daran, durch Personalsteuerung die bestmögliche Verteilung der vorhandenen Kapazitäten auf die Aufgabenbereiche sicherzustellen“, so Wöhst. „Aufgrund der aktuellen Situation im Standesamt Hamburg-Wandsbek haben andere Standesämter Unterstützung zugesagt, um die Bearbeitungszeiten zu reduzieren.“ Zudem würden in Wandsbek nun „temporäre Unterstützungskräfte auf der Sachbearbeitungsebene in allen Bereichen eingesetzt“.

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Es seien außerdem vier neue Standesbeamte eingestellt worden. „Eine weitere Stelle wird ausgeschrieben und nachbesetzt“, so der Fegebank-Sprecher. Überdies sei geplant, „dass erfahrene Mitarbeitende in der Sachbearbeitung zu Standesbeamten bestellt werden und in einem definierten Umfang Beurkundungen durchführen. Das führt zu einer weiteren Entlastung“.