Hamburg/Leipzig. Zum G20-Gipfel protestierten Tausende. Ein Camp des Veranstalters Attac war jetzt noch einmal Thema im Bundesverwaltungsgericht.
- Mehr als sieben Jahre nach G20: Bundesverwaltungsgericht trifft Entscheidung
- Die Beschränkung eines Protestcamps im Altonaer Volkspark durch die Stadt Hamburg war rechtmäßig
- Der Grund: Das Camp hatte nicht ausreichend Versammlungscharakter, sondern war eine „gemischte Veranstaltung“
Mehr als sieben Jahre ist der Gipfel her – bei Hamburgern löst die Begrifflichkeit „G20“ aber noch immer reichlich Gedanken und Emotionen aus. Und auch die Gerichte beschäftigt der Gipfel, der aufgrund von massiven Protesten weltweit Schlagzeilen machte, noch immer. Das Bundesverwaltungsgericht mit Sitz in Leipzig traf erst am Mittwochabend eine neue Entscheidung zum G20-Gipfel: Die Beschränkung eines Protestcamps im Altonaer Volkspark durch die Stadt Hamburg war rechtmäßig.
Das Bundesverwaltungsgericht wies die Revision gegen das Urteil der Vorinstanz zurück. Die Begründung: Bei einem deutlichen Übergewicht von Beherbergungsinfrastruktur – etwa Schlafzelte, Sanitär- und Versorgungseinrichtungen – sei ein Protestcamp keine durch Artikel 8 des Grundgesetzes geschützte Versammlung.
G20 in Hamburg: Schlafplätze für 7000 Menschen geplant
Geklagt hatte unter anderem der Verein Attac, Veranstalter des Protestcamps im Altonaer Volkspark unter dem Credo „Eine andere Welt ist möglich“. Attac habe vom 28. Juni bis 9. Juli 2017 nach eigenen Angaben einen Ort schaffen wollen, der die Meinungsbildung und den Protest gegen den G20-Gipfel unterstützte.
Angemeldet war das Camp für 3000 bis 7000 Personen inklusive Übernachtungsinfrastruktur samt Kochstellen und Duschräumen als ein öffentlicher und bunter Ort des Zusammenkommens von Menschen verschiedenster politischer Spektren, die ihrem Protest gegen die Politik der G20-Staaten Ausdruck verleihen wollten. Die Anmelder der Veranstaltung legten ein auf mehrere Tage ausgelegtes Konzept vor.
Die Stadt Hamburg lehnte das Camp in dieser Form aber ab, weil es laut Versammlungsbehörde keinen versammlungsrechtlichen Charakter gehabt habe. Aufgrund des gerichtlichen Eilrechtsschutzes konnten die Veranstalter wiederum eine vorläufige Anerkennung des Camps als Versammlung erstreiten. Deshalb durfte das Attac-Camp stattfinden, allerdings nur in abgespeckter Version mit 300 Schlafzelten für jeweils zwei bis drei Personen.
Globalisierungskritiker sahen Grundrecht auf Versammlungsfreiheit verletzt
Das Netzwerk von Globalisierungskritikern hatte in diesem Vorgehen der Stadt Hamburg eine massive Verletzung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit gesehen und dagegen geklagt. „Der Versuch, demokratischen Protest kleinzuhalten und zu unterbinden – ob beim G20 in Hamburg oder anderswo –, ist für uns nicht akzeptabel. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit darf nicht dermaßen beschnitten werden“, sagte Frauke Distelrath, Geschäftsführerin von Attac Deutschland, am Rande des Prozesses. Schon in den zwei Vorinstanzen hatten die Kläger unterlegen.
G20 in Hamburg: Es gab ausreichend Unterkünfte im Großraum Hamburg
Im März 2023 hatte das Hamburger Oberverwaltungsgericht (OVG) unter anderem ausgeführt, dass die geplante Übernachtungs- und Verpflegungsinfrastruktur nicht notwendig gewesen sei, weil im Großraum Hamburg ausreichend Unterbringungskapazitäten mobilisierbar gewesen wären.
Was das OVG bereits befand, bestätigt nun das Leipziger Bundesverwaltungsgericht: Im Konzept der Veranstaltung habe es sowohl versammlungsrelevante wie auch versammlungsfremde Elemente gegeben. Damit handle es sich um eine sogenannte gemischte Veranstaltung.
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Überdies waren demnach die laut Veranstaltungskonzept für Diskussionen, Vorträge und Workshops vorgesehenen Kapazitäten nicht darauf ausgerichtet, dass bis zu 7.000 Personen daran hätten teilnehmen können. Vielmehr habe der größte Teil der Fläche des Camps allein der Beherbergung dienen sollen.