Hamburg. Vierer-Bündnis geplatzt – wegen Fahrradfahren und Parkplätzen. Warum der grüne Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz dennoch abgelöst wird.

Es ist ein kleines politisches Beben, das der viel beachtete Newcomer in der Hamburger Parteienlandschaft ausgelöst hat. Die Fraktion von Volt in der Bezirksversammlung Nord hat die Koalitionsgespräche mit SPD, CDU und FDP verlassen. Nach Angaben von Volt waren vor allem Differenzen in der Verkehrspolitik dafür verantwortlich. Die Gespräche seien unter anderem daran gescheitert, Radwege auf Kosten von Parkplätzen zu bauen oder auszubauen.

Der Volt-Co-Fraktionsvorsitzende Jan David Talleur sagte: „Lebensqualität und Sicherheit der Menschen muss Vorrang haben vor der Bewahrung jedes einzelnen Parkplatzes.“ Talleurs Kollegin Antje Nettelbeck, die für Volt verhandelte, sagte: „Bis zuletzt haben wir versucht, die notwendigen Schritte für eine konsequente Mobilitätswende und eine Zusage für eine zukunftsfähige Verkehrspolitik im Koalitionsvertrag zu verankern. Ohne dies können wir keinen gemeinsamen Koalitionsvertrag eingehen.“ Bundespolitische Themen und der beginnende Wahlkampf hätten die „sachorientierten Gespräche auf Bezirksebene am Ende überlagert“.

Volt in Hamburg-Nord beendet Koalitionsgespräche – CDU steht hinter SPD-Frau

In Hamburg-Nord gibt es nach der Bezirkswahl 2024 eine besondere Konstellation. SPD, CDU und FDP haben eine Ein-Stimmen-Mehrheit. Die SPD verschmäht in Nord (Eppendorf, Winterhude, Uhlenhorst, Alsterdorf, Groß Borstel etc.) die auf Senatsebene als Partner in Rot-Grün verbandelten Grünen. In Nord ist CDU-Mann Christoph Ploß beheimatet, in der SPD ist hier Dorothee Martin zu Hause.

Dabei haben die Grünen mit Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz mit 27,9 Prozent bei der Bezirkswahl die meisten Stimmen geholt. Entsprechend pikiert war der Platzhirsch über den Move der SPD zu den Konkurrenten. In einer Info-Mail sprechen die Grünen von „Stillstandskoalition“. Am 12. Dezember wollen die neuen Koalitionäre Werner-Boelz abwählen und die SPD-Frau Bettina Schomburg zur neuen Bezirksamtsleiterin machen, wie das Abendblatt exklusiv berichtete.

Der Kreisvorsitzender der CDU in Nord, Christoph Ploß, sagte dem Abendblatt: „Michael Werner-Boelz ist als Bezirksamtsleiter gescheitert. Ich freue mich sehr, dass es eine große Übereinkunft verschiedener Parteien der politischen Mitte gibt, Herrn Werner-Boelz abzulösen und durch die kompetente Bettina Schomburg zu ersetzen. Die CDU wird Frau Schomburg geschlossen wählen.“

Wird Michael Werner-Boelz als Bezirksamtsleiter abgewählt?

Das passt den Grünen wenig in den Kram und Werner-Boelz überhaupt nicht. Und so heißt es in der Grünen-Mail: „Vor fünf Jahren hatte die SPD ihn noch mitgewählt – nun nutzt sie die Chance, die ihr ein einziges dazugewonnenes Mandat bietet, um eine Sozialdemokratin zu installieren, die nach bisherigem Wissen keinerlei Bezug zum Bezirk hat.“ Dabei seien die neuen Koalitionäre möglicherweise „auf die Unterstützung von ganz links und ganz rechts angewiesen“.

Dr. Bettina Schomburg, Stiftungsrat SHMH
Bettina Schomburg soll neue Bezirksamtsleiterin in Hamburg-Nord werden. © SHMH | SHMH

Allerdings könnte Volt die neue SPD-Frau mittragen, ohne in die Koalition wie ursprünglich geplant einzusteigen. So erklärte ein Volt-Sprecher dem Abendblatt: „Bettina Schomburg hat sich der Volt-Fraktion bereits als mögliche Kandidatin für den Posten als Bezirksamtsleiterin vorgestellt. Sie hat dabei einen guten Eindruck bei der Fraktion hinterlassen.“

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