Hamburg. Drogen am Hamburger Hafen, Bandenkriminalität: An der Elbe werden immer mehr solcher Fälle aufgedeckt. Was dabei sonst noch beschlagnahmt wird.
Im Kampf gegen organisierte Kriminalität und Drogenhandel hat die Hamburger Polizei zuletzt so viel Geld und Wertgegenstände bei Verdächtigen gesichert wie noch nie zuvor. Im vergangenen Jahr seien fast 10,35 Millionen Euro im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität und etwa 4,26 Millionen Euro im Rahmen von Rauschgiftkriminalität vorläufig gesichert worden, wie die Innenbehörde in Hamburg mitteilte. Zuvor hatte der Radiosender NDR 90,3 berichtet.
Polizei Hamburg: Warum der Bund Deutscher Kriminalbeamter trotz Erfolgen nicht zufrieden ist
Eine genaue Aufschlüsselung liegt nicht vor. „Die Summen sind in dem Bereich sehr schwankend. Gerade wenn Immobilien sichergestellt werden, die mit Hilfe krimineller Erlöse angeschafft wurde, kommt man schnell auf hohe Beträge“, so ein Beamter.
„Millionenbeträge klingen erstmal gut.“
Jan Reinecke, Landesvorsitzender des Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK), ist trotz der Erfolge nicht ganz zufrieden. „Millionenbeträge klingen erstmal gut“, sagt Reinecke. Man muss es aber in Relation setzen.“ Dann wäre das lediglich der „Tropfen auf den heißen Stein“.
Polizei Hamburg: Mehr Ermittlungen, mehr Festnahmen, mehr Sicherstellungen im Drogenmilieu
Bei der organisierten Kriminalität stehen den Zahlen aus dem vergangenen Jahr 151.000 Euro in 2022, 6,6 Millionen Euro in 2021 und 1,2 Millionen Euro in 2020 gegenüber. Bei der Rauschgiftkriminalität waren es 2022 Vermögenswerte in Höhe von gut 5,95 Millionen Euro, 2021 3,53 Millionen Euro und 2020 2,2 Millionen Euro. In der Statistik werden die aufgrund von illegalen Drogengeschäften sichergestellten Vermögenswerte auch in der Tabelle für organisierte Kriminalität aufgenommen, wenn es einen entsprechenden Bezug gibt.
Die gesteigerte Menge hängt auch damit zusammen, dass in deutlich mehr Fällen wegen schwerwiegender Drogenkriminalität ermittelt wurde und es deshalb zu mehr Durchsuchungen, Festnahmen, Verurteilungen und Sicherstellungen kam. „Die Zahl der schwerwiegenden Betäubungsmittel-Verfahren konnte im vergangenen Jahr um knapp 30 Prozent auf 111 und damit auf einen neuen Höchststand gesteigert werden“, sagte ein Behördensprecher dazu.
Mehr Personal bei der Polizei Hamburg – mehr Kapazitäten im Kampf gegen organisiertes Verbrechen
Die Rekordmenge an in Ermittlungsverfahren sichergestellten Vermögenswerten mache deutlich, wie stark die Sicherheitsbehörden in Hamburg der organisierten Kriminalität auf den Füßen stünden. Dafür wurden beim Landeskriminalamt in den vergangenen Jahren viele neue Stellen besetzt. Die Polizei ist den Angaben zufolge in den vergangenen Jahren so umfassend gestärkt worden wie nie zuvor.
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Seit 2016 seien 1000 zusätzliche Kräfte dazugekommen. Das mache sich auch und insbesondere bei der Bekämpfung von organisierter Kriminalität bemerkbar. Bei der Hamburger Polizei arbeiten der Innenbehörde zufolge derzeit etwa 9600 Menschen im Vollzugsdienst, dazu kommen noch die Nachwuchskräfte.
So erfolgreich arbeiteten Hamburgs Ermittlungsbehörden in Sachen Enchrochat
2016 ist auch in einem anderen Zusammenhang ein Stichwort: Von 2016 bis Mitte 2020 hatte es Enchrochat gegeben. Das System galt als abhörsicher. Doch französische Sicherheitsbehörden knackten den Code und entschlüsselten die Chatverläufe, die vor allem Verbrecher nutzten, um ihre illegalen Geschäft abzuwickeln.
Die Hamburger Ermittlungsbehörden bekamen 826 „Kennungen“, Chat-Nutzer, die der Hansestadt zugeordnet wurde. Im Juli 2020 gründete die Polizei für die Ermittlungen die Soko „Hhammer“. Die bekam in den Folgejahre ungeahnte Einblicke in die Dealerszene. Viele Täter konnten identifiziert und festgenommen werden. Bereits nach einem guten Jahr waren 287 Verfahren gegen 599 Beschuldigte eingeleitet worden. Auch in den Folgejahren gab es weitere Ermittlungserfolge in großem Umfang.
Polizei Hamburg: Nicht jeder Rauschgiftfall wird der Organisierten Kriminalität zugeordnet.
Die spiegeln sich in den bei den Kriminellen gesicherten Vermögenswerten wieder. 2021 wurden über 3,5 Millionen Vermögenswerte, im Jahr darauf fast sechs Millionen Euro Vermögenswerte und im vergangenen Jahr Vermögenswerte im Wert von fast 4,3 Millionen sichergestellt.
Was die Aufstellung etwas kompliziert macht: nicht jeder Rauschgiftfall wird der Organisierten Kriminalität zugeordnet. So war von den 2022 im Zusammenhang mit Drogenkriminalität sichergestellten Vermögenswerten nur ein Bruchteil aus der Drogenkriminalität.
Experten des LKA schätzen: Über Hamburges Hafen wird jährlich Kokain im Wert von 16 Millionen Euro geschmuggelt
Tatsächlich gehen Experten des Landeskriminalamtes davon aus, dass allein über den Hamburger Hafen jährlich Kokain im Wert von rund 16 Milliarden Euro nach Europa geschmuggelt wird. Hamburg ist damit neben den Häfen Rotterdam in den Niederlanden und Antwerpen in Belgien eine der Drehscheiben beim Kokainschmuggel in Europa.
Als Reaktion war erst in diesem Jahr das Hafensicherheitszentrum gegründet worden, in dem die Fäden der verschiedenen Ermittlungsbehörden von Zoll und Polizei, aber auch Erkenntnisse aus der Hafenwirtschaft, zusammenlaufen. Dort arbeiten in Schichten rund um die Uhr vier LKA-Beamte, ein Wasserschutzpolizist, zwei Zöllner und ein Mitarbeiter der Hamburg Port Autorithy (HPA) . Sie sind zentraler Ansprechpartner, sollen alle relevanten Informationen bündeln und Hinweise aufnehmen.
Hafensicherheitszentrum in diesem Jahr gegründet: Diese Erfolge kann es bislang schon feiern
Erfolge gibt es. Erst im September waren durch Ermittlungen der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe aus Zoll und Polizei 2,1 Tonnen Kokain sichergestellt worden. Das besondere. In dem Zusammenhang gab es auch festnahmen. In vielen anderen Fällen ist es so, dass zwar Kokain gefunden wird, die Hintermänner aber im Dunkel bleiben.
Bei Ermittlungen mit Festnahmen kommt es dann zu den Vermögensabschöpfungen. In dem Fall war es Bargeld. Aber es sind auch immer wieder Luxus-Autos, die den Dealern weggenommen werden. Bei einem 54-Jährigen, der Kokain aus Südamerika einschmuggelte, wurden ein Porsche 911 Turbo s und fünf Goldbarren bei einer ersten Durchsuchung eingezogen.
In anderen Fällen sind es Luxusgüter. So zogen Beamte im Rahmen der Ermittlungen der Soko „Hhammer“ bei Dealer Frederic L. neben einem Mercedes GLC auch schmuck und diverse Louis Vuitton-Taschen ein. In einem anderen Fall wurde neben einen S-Klasse Mercedes, einem BMW M4 auch ein Smart eingezogen. Gehen die eingezogenen Sachen endgültig in den Besitz des Staates über, werden sie in der Regel veräußert