Hamburg. Es gibt ihn bei Budni und im Internet: Ein neuer Selbsttest lässt erkennen, ob man ansteckend ist. Was Haus- und Kinderärzte sagen.

  • Corona-Infektion oder RS-Viren oder eine Influenza-Art? Test gibt in Minuten Antwort
  • Gute gegen überfüllte Wartezimmer: Nach Test entfalle sicherlich der ein oder andere Arztbesuch
  • Teuer und fraglich: Für manche gäbe es nur einen Grund, den Test zu machen.

Wer erinnert sich nicht an die Zeit der Corona-Pandemie, gespickt mit Aktivitäten wie Bananenbrot-Backen, Balkonsingen und Distanzunterricht. Und Dauertesten: Tests im Testzentrum mit oder ohne Termin in Hamburg, die Selbsttests für zu Hause dann später. Jetzt hat das Thema eine tatsächlich neue Dimension bekommen: Es gibt Vierfachtests. Bei Budni und in vielen Supermärkten direkt im Kassenbereich liegen diese zum Verkauf seit Kurzem aus. Preis: 2,95 Euro. In Phasen von vermehrten Infektionen der Atemwege kann nun gleich in vier möglichen Fällen Antwort gegeben werden.

Mit einem Nasen- oder Rachenabstrich kann nun auf eigene Kosten getestet werden, ob man selbst oder die eigenen Kinder entweder eine Corona-Infektion oder RS-Viren oder eine Influenza-Art haben. Seit einem knappen Jahr werden diese Tests bei Budni verkauft. Im Monat Oktober 2024 habe die Iwan Budnikowsky GmbH den bisher höchsten Absatz dieses Artikels erreicht, eine hohe und aktuell steigende Nachfrage wurde auf Nachfrage bestätigt. Knapp 8000 Stück seien bereits in den ersten vier Tagen des Novembers 2024 verkauft worden. 

Corona, RSV und Grippe: Ist der Kombi-Test sinnvoll?

Jetzt gerade beginnt die Infektsaison, das bemerkt Dr. Charlotte Schulz, Kinder- und Jugendärztin, die in der Gemeinschaftspraxis Hoheluftchaussee arbeitet und Pressesprecherin des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen in Hamburg ist.

Auch ihr Wartezimmer quillt oft über, viele kleine Erkrankte warten auf das Arztgespräch. Ein Ort, an dem sich wiederum viele anstecken. Deshalb: „Für uns in der Praxis ist es angenehm zu wissen, wenn Patienten mit hoch ansteckendem Kind geschützt mit Maske zu uns kommen.“

Kinderärztin Dr. Charlotte Schulz in ihrer Kinderarztpraxis Hoheluftchaussee.
Kinderärztin Dr. Charlotte Schulz in ihrer Kinderarztpraxis Hoheluftchaussee. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Dieses Wissen könnten sich die betroffenen Eltern zuvor über eben einen dieser Vierfachtests geholt haben. „Die Tests können ganz gut dafür sein, um selbst besser einordnen zu können, was los ist, wenn das Kind beispielsweise drei Tage lang hohes Fieber hatte“, sagt die Medizinerin.

Damit entfalle sicherlich auch der ein oder andere Arztbesuch, da die Patienten wissen, dass bei viralen Infekten wie Corona und Influenza vor allem das Ausruhen und bewährte Hausmittel helfen.

RSV in Hamburg: Viren können für Babys und Frühchen lebensbedrohlich sein

„Schlägt der Test beispielsweise mit RS-Viren an bei einem Kind und es ist ein Neugeborenes im Haus, für das diese Vireninfektion gefährlich werden kann, dann ist sicher, dass man sofort einen Arzt konsultieren muss.“ Zum Hintergrund: In der Verbreitung in der Bevölkerung wurde das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) lange unterschätzt, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) mitteilte. Heute weiß man, dass RSV ein weltweit verbreiteter Erreger von akuten Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege in jedem Lebensalter und einer der bedeutendsten Erreger von Atemwegsinfektionen bei Säuglingen ist.

Glücklicherweise empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) seit wenigen Monaten eine Impfung für Säuglinge mit Antikörpern. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten von 450 Euro vollständig für Kinder unter einem Jahr. Besonders Frühchen sind gefährdet, da „Frühgeborene durch eine geringere Versorgung mit maternalen Antikörpern auch in den ersten Lebenswochen bereits schwer an einer RSV-Infektion erkranken können“, so das RKI weiter.

Für diesen besonderen Fall kann es also sinnvoll sein, die eigenen Kinder zu Hause zu testen. „Auch wenn man ältere Menschen besuchen möchte und einen Infekt hat und sichergehen möchte, dass man diese nicht mit Corona oder Influenza ansteckt, kann man einen solchen Test anwenden“, meint Schulz.

Hausärzteverband Hamburg: „Diese Tests sind in den allermeisten Fällen schlicht nicht notwendig“

In Bezug auf Erwachsene ist Dr. Jana Husemann Fachfrau: Die Allgemeinmedizinerin und Vorsitzende des Hausärzteverbands Hamburg ist Mitinhaberin einer Hausarztpraxis auf St. Pauli. „Wir merken, dass die Infektsaison angefangen hat, wir sind aber noch nicht in der Grippesaison angelangt, da ist der Peak typischerweise erst Anfang des nächsten Jahres“, sagt sie.

Es gebe vor allem gerade eine RSV- und Corona-Aktivität, „völlig im Rahmen und ohne schwere Fälle“. Gleichzeitig ruft sie auf: „Jetzt ist eine gute Zeit, sich gegen Grippe und Covid impfen zu lassen.“

 Dr. Jana Husemann ist Vorsitzende des Hausärzteverbands Hamburg und Praxisinhaberin auf St. Pauli.
Dr. Jana Husemann ist Vorsitzende des Hausärzteverbands Hamburg und Praxisinhaberin auf St. Pauli. © HA | Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Dadurch lassen sich natürlich nicht alle Infekte abwehren, was auch nicht nötig oder sinnvoll wäre. Infekte gehören dazu. Befragt zu den Vierfachtests, die aktuell viel besprochen werden, meint Husemann: „Diese Tests sind in den allermeisten Fällen schlicht nicht notwendig, es hat keine Konsequenz, das Ergebnis zu wissen.“

Denn: Die Symptome von Infekten der Atemwege seien ähnlich und der Umgang damit ebenfalls. „Für alle Viren, die da getestet werden, gilt in der Behandlung das Gleiche: das Immunsystem machen lassen, sich schonen, krankmelden, zu Hause bleiben.“ Menschen, die sich richtig krank fühlen oder Beratungsbedarf haben, sollten sich selbstverständlich weiterhin an ihre Hausarztpraxis wenden, betont Husemann.

Ärztin aus Hamburg: „Es ist völlig okay, nicht zu testen“

Einen Beweggrund, sich zu testen, sieht die Medizinerin jedoch. „Die Neugier“, sagt sie und lacht. „Der Test aus Neugier, wenn ich wissen will, welches Virus mich gepackt hat, dann kann man das machen und dafür ja auch nicht wenig Geld ausgeben.“

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Hintergrund für das Interesse an den Vierfachtests könnte man aus den Erfahrungen der Corona-Pandemie ableiten. „Ich habe schon das Gefühl, dass das Bewusstsein dafür größer ist, andere nicht anzustecken, sich krankschreiben zu lassen und nicht zur Arbeit zu gehen. Auch die hygienischen Grundregeln mit Niesen in die Ellenbeuge und vermehrtem Händewaschen sind nun sehr verankert.“

Dass bei einigen auch das Selbsttesten verankert ist, bewertet die Allgemeinmedizinerin als nicht zwangsläufig notwendig. „Es ist völlig okay, nicht zu testen.“