Hamburg. Zwei Männer müssen sich in einem Prozess dem Vorwurf der „Sachbeschädigung“ stellen. Sie haben Bäume markiert, die ohnehin gefällt werden.
Es ist eines der umstrittensten Bauprojekte Hamburgs: Die Sternbrücke in Hamburg soll nach dem Willen der Deutschen Bahn durch eine neue und größere Konstruktion ersetzt werden. Nachdem über Klagen gegen die Pläne bis vor dem Oberverwaltungsgericht Hamburg verhandelt wird, beschäftigt der „Fall Sternbrücke“ jetzt auch die Strafjustiz in Hamburg. Dabei geht es um das Fällen von Bäumen – und den Protest gegen diese Pläne.
Zwei Männer, die sich in der „Initiative Sternbrücke“ engagieren, müssen sich an diesem Dienstag in einem Prozess vor dem Amtsgericht Altona verantworten. Laut Anklage hatten die beiden 57 und 58 Jahre alten Hamburger im Januar 2023 an der Max-Brauer-Allee einige Bäume mit Signalfarbe markiert und damit eine Sachbeschädigung begangen.
Prozess Hamburg: Bäume mit Signalfarbe markiert: Ist das Sachbeschädigung?
Es handele sich um Bäume, die laut „Initiative Sternbrücke“ im kommenden Jahr ausschließlich für den Transport der neuen Sternbrücke gefällt werden sollen, wie es in einer Mitteilung der Initiative heißt. „Planfeststellungsverfahren sind abstrakt und Planungsunterlagen schwer zu lesen. Wenn wir die todgeweihten Bäume in der Max-Brauer-Allee sichtbar markieren, versteht jede:r unmittelbar, wie viel Stadtnatur zerstört wird, kann sich eine Meinung bilden und sich einmischen. Mit unserer Aktion wollen wir die Bäume retten“, argumentieren die beiden Angeklagten Stephan P. und Ivo J.
Mit der „Initiative Sternbrücke“ werde „die überdimensionierte Sternbrücken-Planung von Senat und Bahn begreifbar“ gemacht, heißt es weiter. Zum Zeitpunkt der Baum-Aktion im Januar 2023 habe noch keine Baugenehmigung vorgelegen, und ein Einfluss von Protesten auf die Planung sei „noch denkbar“ gewesen.
Angeklagte argumentieren, sie wollten mit der Aktion Bäume retten
Mit dem Strafprozess gegen die Mitglieder der Initiative „Sternbrücke“ erreiche „der politische Konflikt um die Sternbrücke hier einen neuen Tiefpunkt“, kommentiert Axel Bühler, Sprecher der Initiative „Sternbrücke“, den geplanten Prozesstermin. „Die Staatsanwaltschaft hätte das Verfahren längst einstellen können. Es ist offensichtlich unsinnig, eine angebliche Sachbeschädigung von Bäumen anzuklagen, die aufgrund von Planungen von Senat und Bahn gefällt werden sollen.“
Seit mehr als vier Jahren fordert die Initiative „Sternbrücke“ eine Neuplanung der Sternbrücke. Zumindest eine alternative Planung, die ohne Fällung der Alleebäume auskäme, sei seit Jahren öffentlich bekannt, so die Initiative weiter. „Bäume kühlen, spenden Schatten und sind für die Menschen vor Ort unverzichtbar“, sagt Marlies Thätner, Sprecherin der Initiative „Sternbrücke“. Seit im Februar 2024 die Baugenehmigung erteilt wurde, läuft die von der Initiative unterstützte Klage von Prellbock Altona e. V. gegen den Planfeststellungsbeschluss vor dem Oberverwaltungsgericht Hamburg. Ein Antrag auf Baustopp war im Mai abgelehnt worden, die Entscheidung in der Hauptsache steht noch aus.
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Die Deutsche Bahn möchte die fast 100 Jahre alte Brücke in Altona, die täglich von mehr als 900 S-Bahnen, Regional- und Fernzügen passiert wird, durch eine 108 Meter lange und 21 Meter hohe, stützenfreie Stabbogenkonstruktion ersetzen. Der dafür notwendige Feststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamts liegt seit Februar vor. Die Gegnerinnen und Gegner eines Neubaus halten die Planungen für überdimensioniert und sprechen von einer „Monsterbrücke“. Mittlerweile wurde in etwa die Hälfte der von den Umbaumaßnahmen betroffenen 86 Bäume gefällt. Außerdem müssen den Planungen zufolge mehrere Gebäude abgerissen werden.