Hamburg. Für die Uni Hamburg steht im Exzellenz-Wettbewerb viel auf dem Spiel – und für die Stadt. Derzeit werden Forschungsbereiche begutachtet.
- Hamburg geht mit sechs anstatt bisher vier Forschungsbereichen in die neue Runde des Exzellenz-Wettbewerbs.
- Begutachtungen haben begonnen: Forschergruppen stellen ihre Cluster vor – es ist wie ein großer Pitch.
- Im Mai 2025 wird der Tag der Entscheidung mit großer Spannung erwartet.
Ein Festtag für Hamburgs Wissenschaft: Es war ein Riesenerfolg, als sich die Universität Hamburg 2018 nicht nur mit herausragenden vier Forschungsbereichen als Exzellenz-Cluster im Bundeswettbewerb von Bund und Ländern durchsetzen konnte, sondern Mitte 2019 als eine von elf Hochschulen in Deutschland den begehrten Titel als Exzellenz-Universität holte. Im Gebäude der Uni-Verwaltung knallten buchstäblich die Sektkorken: Es regnete Konfetti. Diesen Erfolg will die Wissenschaft in Hamburg in der aktuellen Exzellenz-Runde nicht nur verteidigen, sondern sogar noch einmal toppen.
Die Ausgangslage könnte kaum besser sein: So kam zusätzlich zu den bestehenden vier Exzellenz-Clustern ein weiterer Forschungsbereich der Uni in die Endrunde. Könnte sich Hamburg mit insgesamt sechs exzellenten Forschungsgebieten durchsetzen, wäre das eine Leistung, die mit „spektakulär“ noch zu schwach beschrieben wäre. Zur Einordnung: Um den begehrten Exzellenz-Titel für die Universität Hamburg erneut zu bekommen, reichen formal zwei exzellente Forschungscluster. In diesen Tagen wird es ernst. Derzeit laufen die Begutachtungen der Forschungsfelder durch Experten der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).
Exzellenz-Strategie: Hamburger Forscher präsentieren herausragende Projekte in Bonn
Und so pendeln Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) und Uni-Präsident Hauke Heekeren zwischen Hamburg und Bonn. In der früheren deutschen Hauptstadt lassen die Experten die Forscher und Forscherinnen samt Spitzen der Wissenschaftslandschaft vorsprechen und die Forschungsbereiche präsentieren.
Das Ganze ist wie ein großer Pitch. Die Physiker von Quantum Universe zu Masse und Gravitation und die Klimaforscher von CLICCS waren bereits dran sowie zuletzt CUI zu Atomen. Die weiteren Forschungsbereiche werden in den kommenden Wochen bis Mitte Februar folgen. Am 22. Mai 2025 wird es richtig spannend: Dann gibt die DFG bekannt, welche Cluster den Exzellenz-Status erhalten.
„Hamburg ist weltweit für die Elbphilharmonie bekannt. So wie die Elbphilharmonie Hamburg kulturell positioniert, soll unsere Forschungsexzellenz die Stadt als Wissenschaftsstandort profilieren“, sagt Uni-Präsident Hauke Heekeren. Sein Ziel ist es, dass die Stadt auch als Zentrum für Spitzenforschung wahrgenommen wird, „wie beispielsweise Boston. Wissenschaft ist ein Motor der Innovation und leistet einen entscheidenden Beitrag zum Wohlstand unserer Stadt und zu einer prosperierenden Zukunft.“
Neues Exzellenz-Cluster: Hamburg will bei Infektionsforschung mit Marylyn Addo an die Spitze
Neu hinzu gekommen ist ein Bereich, der spätestens seit der Corona-Pandemie hohe Konjunktur hat: die Infektionsforschung. Hier arbeiten die medizinische Fakultät der Uni Hamburg, also das UKE, mit dem Bernhard-Nocht-Institut für Tropenforschung, dem Desy, dem Leibniz-Institut für Virologie und dem Forschungszentrum Borstel zusammen. „Bei der Forschungsinitiative ‚Gateways‘ in der Infektionsforschung untersuchen Forschende die Auswirkungen verschiedener Krankheitserreger – Viren, Bakterien und Parasiten – auf das globale Leben. Interdisziplinär werden nicht nur die Entstehung von Infektionskrankheiten, sondern auch deren gesellschaftliche Folgen erforscht“, sagt Uni-Präsident Heekeren. So sind auch Experten aus den Geistes- und Sozialwissenschaften beteiligt.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Prävention. Die Forscherinnen und Forscher setzen an bei den molekularen und zellulären Mechanismen, die Menschen krank machen, erweitern das Wissen um mögliche Therapien und analysieren aus Krankheitswellen resultierende politische Entscheidungen in verschiedenen Epochen mit ihren Auswirkungen.
„Gateway to Health“ soll Forscher in die Lage versetzen, Infektionskrankheiten aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und Maßnahmen zur Bewältigung dieser Herausforderungen zu entwickeln. „Wir sind mit Marylyn Addo, Leiterin der Sektion Infektiologie am UKE, und Blanche Schwappach-Pignataro, Dekanin der Medizinischen Fakultät am UKE und Molekularbiologin, hier bestens aufgestellt“, sagt Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne). „Ein neues Exzellenzcluster an der medizinischen Fakultät der Uni Hamburg wäre ein riesiger Erfolg. Das ist eine Herausforderung, aber ich bin optimistisch, dass das gelingen kann.“
Verteidigung der Exzellenz – „ein hartes Stück Arbeit“
Dass Hamburg in der aktuellen Runde mit gleich sechs Clustern ins Rennen geht, habe „national und international bereits großen Eindruck gemacht“, sagt Fegebank. „Auf diesen Feldern ist Hamburg immer mehr ,the place to be´und ein Aushängeschild für Forschung in Deutschland.“ Jetzt gelte es, diese Exzellenz Hamburger Forschung in der neuen Runde zu verteidigen.
„Das wird ein ganz schönes Stück Arbeit, weil wir eben auch zeigen müssen, wie sich diese Forschungscluster weiterentwickelt haben, im Bereich der wissenschaftlichen Exzellenz, aber auch in den Bereichen Gleichstellung und Nachwuchsarbeit und im berühmten Transfer, also Kooperationen in die Gesellschaft hinein.“
Das sind die bisherigen Exzellenz-Forschungsgebiete der Universität Hamburg
Die Uni Hamburg geht auch mit diesen vier bestehenden Exzellenz-Cluster ins Rennen, in denen es um Astrophysik, Klimaforschung, Photonenwissenschaft und Schriftartefakte geht und für die die Uni insgesamt bereits etwa 164 Millionen Euro, verteilt über sieben Jahre, erhält.
- CLICCS: Hamburgs Klimaforscher, die auch Auswirkungen auf die Gesellschaft und mögliche Prävention untersucht, gelten als führend. Beteiligt sind außer der Uni auch Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Meteorologie, des Helmholtz-Zentrums Geesthacht sowie des Deutschen Klimarechenzentrums in Hamburg.
- Quantum Universe: Hier geht es um den Ursprung des Universums. Wie kann man mit Teilchenphysik und Gravitation die Entwicklung des Universums nach dem Urknall verstehen? Ausgangspunkt sind astrophysikalische Beobachtungen, wonach die bisherige Beschreibung der Natur unvollständig ist. Dabei spielt die sogenannte Dunkle Materie eine Rolle.
- CUI: Hier erforschen Wissenschaftler Phänomene im Nanokosmos: Dabei geht es nicht nur um die Bewegungen von Atomen, sondern auch um die Frage, wie sich spezielle Eigenschaften winziger Strukturen gezielt kontrollieren lassen, um neuartige Medikamente, bessere Computer und Materialien für den verlustfreien Stromtransport zu entwickeln. Mit ihren Supermikroskopen und Röntgenlasern beteiligt sind das Deutsche Elektronen-Synchrotron, das Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie und die European XFEL GmbH.
- Alte Manuskripte verstehen: In der Manuskriptforschung an der Universität Hamburg arbeiten Philologen, Historiker und Musikwissenschaftler mit Naturwissenschaftlern und Informatikern zusammen. Sie wollen bedrohte Manuskripte erhalten und die Entwicklung und Funktionen von Schriftartefakten verstehen – von den Anfängen im alten Mesopotamien bis ins digitale Zeitalter.
Die Strahlkraft dieser vier Erfolgscluster sei auch im Ausland groß, sagt Wissenschaftssenatorin Fegebank. Das habe „dem gesamten Wissenschaftsstandort Hamburg einen Schub gegeben, das war ein richtiger Boost“. Für sie ist „Wissenschaft ein harter Standortfaktor, der im Strukturwandel dazu beitragen kann, die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt zu sichern. Inzwischen kommen internationale Topwissenschaftler zu uns, weil sie hier auf bestimmten Forschungsfeldern etwas finden, was es nirgendwo sonst gibt auf der Welt.“
„Wirklich außerordentlich ungewöhnlich“: Technische Universität geht auch ins Rennen
Darauf hofft auch die TU Hamburg in Harburg (TUHH), die es erstmals mit einem Forschungscluster in die Endrunde des Exzellenzwettbewerbs geschafft hat. Das ist der sechste Forschungsbereich aus Hamburg: Bei BlueMat will die TUHH nachhaltige Materialien entwickeln, die sich durch Kontakt mit Wasser so verändern, dass sie etwa für die Temperaturregulierung von Gebäuden oder zur Energiegewinnung eingesetzt werden können – ein „weltweit einzigartiger Ansatz“, wie TUHH-Präsident Andreas Timm-Giel sagt.
Hoffen darf die TUHH auf eine Millionen-Förderung über sieben Jahre hinweg. Die neuen und funktionalisierten Materialien könnten vom Flugzeugbau bis hin zur Medizintechnik eingesetzt werden. Die TU ist stolz, in die letzte Runde gekommen zu sein, was Wissenschaftssenatorin Fegebank teilt: „Für eine kleine Hochschule ist das wirklich außerordentlich ungewöhnlich.“
Mehr zu Bildung und Forschung in Hamburg
- Uni Hamburg will exzellent bleiben – und Forschung ausbauen
- Hamburg investiert sechs Milliarden Euro in Hochschulbauten
- Wasserschaden: Haus der Erde noch einmal deutlich später fertig
Ob die Universität als Ganze ihren Exzellenz-Titel erhält, erfährt sie im März 2026. Doch schon 2025 beginnt die Evaluation. Mit wie vielen Exzellenz-Forschungsbereichen sich die Hochschule zuvor durchsetzen kann, könnte ein Fingerzeig sein. Fegebank jedenfalls ist optimistisch: „Da wir uns mit nunmehr fünf Forschungsschwerpunkten an der Uni Hamburg darum bewerben, bin ich sehr, sehr zuversichtlich, auch wenn das ein dynamischer Prozess ist. Ich gehe fest davon aus, dass wir den Exzellenz-Titel behalten.“