Hamburg. Die größte Uni der Hansestadt erhält den Elite-Titel. Hamburg feiert den Erfolg ausgelassen mit Konfetti und Sekt.
Im Konfettiregen stießen die beiden mit Sekt auf den Triumph an, während 150 Uni-Forscher und Gäste jubelten. Da war noch nicht absehbar, dass die traute Zweisamkeit zwischen Uni-Chef Dieter Lenzen und Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher an diesem Freitagnachmittag nur 30 Minuten dauern sollte. „Wir werden alles tun, um Hamburg endgültig zu einer herausragenden Wissenschaftsmetropole zu machen“, rief zunächst Lenzen, woraufhin Tschentscher der Uni und ihrem Präsidenten „im Namen der ganzen Stadt“ dankte.
Bereits im Herbst 2018 hatte die Uni in der ersten Runde der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder überraschend den Förderzuschlag für gleich vier international wettbewerbsfähige Forschungsfelder erhalten – von den alleine auftretenden Bewerbern schnitt nur Bonn mit sechs sogenannten Exzellenzclustern noch besser ab. Mindestens zwei Cluster mussten die Hochschulen gewinnen, um sich fürs Finale zu qualifizieren. Für die vier Exzellenzcluster wird die Uni Hamburg insgesamt etwa 164 Millionen Euro erhalten, verteilt über sieben Jahre.
Zum Titel gehören 15 Millionen Euro jährlich
Mit dem Exzellenz-Titel sind nun zusätzlich bis zu 15 Millionen Euro jährlich über mindestens sieben Jahre verbunden. Davon möchte Uni-Präsident Lenzen 24 neue Vorhaben bezahlen. Dazu zählen etwa Stipendien für Postdocs, also promovierte Forscher, die noch keine Juniorprofessur bekommen haben und wegen der womöglich langen Wartezeit der Wissenschaft Ade sagen könnten. Den Entdeckergeist an der Uni fördern soll zudem ein Ideen- und Risikofonds für eher gewagte, aber vielversprechende Forschungsansätze. Eine weitere Maßnahme betrifft die Lehre. Lenzen möchte gerne jeden Studiengang um einen allgemeinbildenden Teil erweitern. Außerdem wird das Exzellenz-Fördergeld etwa in eine Transfer-Agentur fließen, die den Austausch zwischen Uni-Forschern und Firmen fördern soll.
Klingt prima – doch wie weitgehend hilft das der Uni vor dem Hintergrund, dass ihr bis 2020 um lediglich 0,88 Prozent pro Jahr gesteigertes Budget durch die Inflation und steigende Personalkosten aufgefressen wird? Im Pressegespräch 30 Minuten nach der Entscheidung lobte Tschentscher den Uni-Präsidenten überschwänglich. Lenzen sei der Kopf der erfolgreichen Strategie auf dem Weg zum Titel einer Exzellenzuniversität. „Chapeau – das war ein Meisterstück“, sagte der Bürgermeister.
Darauf ging Lenzen allerdings nicht ein, sondern erklärte auf Nachfrage zum Uni-Haushalt vielmehr, die Hochschule habe auch einen „Normalbetrieb“, bilde Lehrer, Apotheker, Rechtsanwälte aus. All das müsse auf „gesunden Beinen stehen“. Der Uni-Präsident verwies auf die ersten Gespräche der Hochschulen mit der Stadt im September über die Grundfinanzierung von 2020 an.
Wird der Senat die Grundfinanzierung erhöhen? Es werde „Erörterungen geben über die Entwicklung des Budgets der Wissenschaft“, sagte Tschentscher. „Wir stehen zu der Entwicklung der letzten Jahre“, erklärte der Bürgermeister, womit er wohl den Umstand meinte, dass die Wissenschaft als Thema inzwischen weit vorne steht auf der politischen Agenda der Stadt. Lenzen, ohne eine Miene zu verziehen: „Wir werden in den Gesprächen über Zuwächse reden müssen, die deutlich über 0,88 Prozent hinausgehen.“
AStA spricht von „prekären Arbeitsbedingungen“
Tschentscher sprach daraufhin darüber, welch grundlegende Bedeutung die Wissenschaft für die Stadt habe, kam dann jedoch zurück auf die Finanzierung. „Es geht nicht immer nur ums Geld“, sagte der Bürgermeister. „Es geht auch um Ambitionen und die Vorstellung, was Wissenschaft bedeutet.“ Lenzen ungerührt: Die Uni sei zuletzt weit gekommen, doch „es geht jetzt darum, dieses Niveau zu halten – und das ist schwierig“. Beim Status quo könne es „nicht ernsthaft bleiben“.
Das sieht auch der AStA der Uni so. Alle staatlichen Hochschulen seien unterfinanziert, schreibt Karim Kuropka, Vorsitzender des Uni-AStA in einer gemeinsamen Mitteilung der Studentenvertretungen von zehn Universitäten. „Unterfinanzierung bedeutet, dass die Breite der Lehrveranstaltungen nur unter größeren Anstrengungen und durch die kreative Umwidmung alternativer Finanzquellen gestemmt werden kann. Unterfinanzierung bedeutet die dauerhafte Befristung der wissenschaftlichen Mitarbeiter unter prekären Arbeitsbedingungen.“
Einige Universitäten freuten sich über die zusätzlichen Mittel und den Titel, viele gingen leer aus, heißt es weiter in der Mitteilung, mit der sich die Studentenvertretungen gegen die Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder wenden. Die Unterzeichner befürchten ein „Zwei-Klassen-System, in dem ein Großteil der Hochschulen durch Sparzwang beschränkt wird“.
Ähnliche Einschätzungen gab es an der Universität Hamburg bereits vor der Exzellenz-Entscheidung, wie eine interne Online-Befragung mit dem Titel „Gemeinsam exzellent“ ergab. Häufig als Risiken genannt wurden ein Zwei-Klassen-System in Bezug auf finanzielle Mittel und Ansehen sowie Forschung zulasten der Lehre. Allerdings beteiligten sich nur 19 Prozent von 570 Professoren und 0,9 Prozent von knapp 39.000 Studierenden und Doktoranden, wodurch die Antworten nicht repräsentativ waren.
Von derlei Sorgen war im Innenhof der Universitätsverwaltung am Mittelweg am Freitag nichts zu hören. Dort feierten Forscher und Gäste bis abends weiter bei Sekt und Kuchen.
Fegebank: Erfolg macht etwas mit Hamburg
Auch Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank freute sich naturgemäß über den Riesenerfolg der Universität Hamburg. „Heute ist ein großer Tag für die Wissenschaft in Hamburg – zu den Besten des Landes zu gehören, ist eine große Freude und Ehre zugleich. Diese Entscheidung macht auch etwas mit der Stadt – fördert das Selbstvertrauen und das Selbstverständnis als Wissenschaftsmetropole", sagte die Zweite Bürgermeisterin. "Heute feiert die ganze Stadt mit der Universität, die sich in ihrem 100. Jubiläumsjahr keine schönere Auszeichnung hätte wünschen können.“
Neben Hamburg haben zehn weitere Universitäten und Universitätsverbünde den Exzellenztitel erhalten: Rheinisch-Westfälische Technische Universität Aachen (RWTH), Berlin Verbund, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Technische Universität Dresden, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Universität Konstanz, Ludwig-Maximilians-Universität München, Technische Universität München, Eberhard Karls Universität Tübingen.