Hamburg. Prominenter Besuch in Wilhelmsburg: Bundesministerin hat Riesen-Förderprogramm im Gepäck. Es geht um Bildungsgerechtigkeit für 42.000 Schüler.

Wie an jedem anderen Wochentag läutet auch an diesem Freitag der Gong um 11.45 Uhr zur Pause, und die Schülerinnen und Schüler des Helmut-Schmidt-Gymnasiums stürmen in den betonierten, aber sonnendurchfluteten Schulhof. Anders allerdings als an jedem anderen Freitag ist heute Bettina Stark-Watzinger, Bundesministerin für Bildung und Forschung, zu Besuch am HSG und an der Grundschule Elbinselinselschule nebenan.

Gemeinsam mit Hamburgs Schulsenatorin Ksenija Bekeris (SPD) will sie sich hier ein Bild von den Herausforderungen derjenigen Schulen machen, die in den kommenden zehn Jahren im Startchancen-Programm von den jährlich 215 Millionen Euro profitieren werden. Insgesamt 90 Schulen in verschiedenen Hamburger Stadtteilen nehmen an dem Programm teil. In Wilhelmsburg profitieren insgesamt zehn Schulen – davon fünf Grundschulen, vier Stadtteilschulen und ein Gymnasium – von den Geldern aus Bund und Land. Damit ist Wilhelmsburg deutschlandweit der einzige Stadtteil, in dem alle allgemeinen Schulen Teil des Startchancen-Programms sind.     

Hamburger Schulen bekommen bessere Startchancen: 42.000 Schülerinnen und Schüler profitieren  

Das Startchancen-Programm hat mit dem neuen Schuljahr vor einer Woche in Hamburg begonnen und soll dazu beitragen, den Bildungserfolg von der sozialen Herkunft zu entkoppeln und somit für mehr Chancengerechtigkeit zu sorgen. Dafür stellt der Bund die hohe Summe an Geldern zur Verfügung, mit der insgesamt 42.000 Hamburger Schülerinnen und Schüler gefördert werden sollen. Die Mittel fließen neben baulichen Maßnahmen und anderen materiellen Ressourcen vor allem auch in Fachpersonal, wie zusätzliche pädagogische Fachkräfte. Damit baut Startchancen auf dem Programm ‚23+ Starke Schulen‘ auf, mit dem in den letzten Jahren bereits 40 Hamburger Schulen, darunter auch das HSG und die Elbinselschule, Unterstützung fanden.  

Förderung für Schulen: Bund stellt Millionen nicht aus reiner Fürsorge bereit  

Aber rein aus Empathie stellt der Bund die Gelder nicht zur Verfügung. Stark-Watzinger betont immer wieder den Mangel an Fachkräften in der Bundesrepublik und damit das eigentliche Ziel, das die Politik mit dem Programm verfolgt: die Investition in zukünftiges Fachpersonal. „Für unsere Volkswirtschaft bedeutet diese Investition einen Gewinn über Milliarden von Euro“, sagt die FDP-Politikerin.   

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Sozialdemokratin Bekeris stellt allerdings neben den wirtschaftlichen Zielen des Programms auch die gesellschaftlichen und sozialen Aspekte in den Vordergrund. So erhofft sie sich von dem Startchancen-Programm auch eine Investition in die Demokratie, die in der Schulbildung unter anderem klar im Mittelpunkt stehen soll. Auch den Austausch mit anderen Schulen und innerhalb des Fachpersonals betont Bekeris, aber allem voran die Bildungsgerechtigkeit für die Schülerinnen und Schüler.  

Schule Hamburg: Alle Schülerinnen und Schüler als Menschen sehen, die Chancen verdienen

Die beiden Schulleiter Volker Clasing und Stephan Giese sind sich darin einig, dass die Schüler und Schülerinnen als „großartige Menschen, die mit vielen Zuschreibungen belegt sind“ im Vordergrund des Programms stehen. Mit Startchancen sollen diese negativen Zuschreibungen gelöst werden. Dafür bräuchte es weiterhin einen gesunden Anspruch an die Lernenden, aber auch das Verständnis der Lehrenden, dass eine Beziehung zu den Schülerinnen und Schülern sehr wichtig sei. „Jeder erinnert sich noch an diesen einen Lehrer oder die eine Lehrerin, die einem etwas Bestimmtes mit auf den Weg gegeben hat“, gibt der Gymnasialschulleiter als Denkanstoß. Als entscheidenden Faktor sieht Clasing daher die Investition in die Weiterbildung der Lehrkräfte sowie die Unterstützung durch pädagogische Fachkräfte.   

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Grundschulleiter Giese wünscht sich vor allem mehr Verständnis von all denjenigen, die das Privileg besitzen, in besser situierten Gegenden aufgewachsen zu sein und dort leben zu dürfen. Während sich die Politikerinnen mit den Schulleitern vor der Aula für ein abschließendes Foto positionieren, wuseln die Kinder auf dem Pausenhof um die Kameras herum. Ein Schüler liest langsam, aber sicher die Aufschrift der Urkunden vor, die für das Foto feierlich hochgehalten werden: „‚Start-chanc-en Schul-en.‘ Hä, hat das was mit uns zu tun?“