Hamburg. Die Initiative wollte über Genderstern und Doppelpunkt in Schule und Verwaltung abstimmen lassen. Doch es fehlten Unterschriften.

Das Volksbegehren der Hamburger Initiative „Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung“ ist offenbar gescheitert. Zwar könne die genaue Zahl der Unterstützer-Unterschriften noch nicht genannt werden, da die Zahl der per Brief und bei den Bürgerservice-Stellen abgegebenen Unterschriften noch nicht bekannt sei, sagte die Vertrauensperson der Anti-Gender-Initiative, Jens Jeep, am Donnerstag. Man müsse aber davon ausgehen, dass die für einen Volksentscheid nötigen rund 66.000 Unterschriften knapp verfehlt wurden.

„Dass die Initiative offenbar gescheitert ist, zeigt erneut, dass Hamburg eine weltoffene und tolerante Stadt ist“, erklärte SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf dem Abendblatt. „Es steht allen Menschen in den Hamburger Behörden und darüber hinaus frei, in ihrer Kommunikation zu gendern oder dies nicht zu tun. Dass diese Freiheit der Sprache erhalten bleibt, ist eine gute Nachricht.“

Anti-Gender-Initiative gescheitert: „Heute ist ein guter Tag“

„Heute ist ein guter Tag für Vielfalt und Freiheit in unserer Stadt“, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Jennifer Jasberg. „Die Initiative ‚Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung‘ hat nach eigener Aussage nicht die notwendige Anzahl an Unterstützer*innen erreicht.“

Bis zum Sammlungsschluss am Mittwochabend hatte die Initiative bereits 36.000 Unterschriften zusammengezählt. Weitere Unterschriftenlisten seien darin aber noch nicht enthalten, sagte Vertrauensperson Anja Oelkers. Voraussichtlich bleibe man aber unter 40.000 Unterschriften aus der Sammlung. Insgesamt erwarten die Initiatoren etwa 55.000 bis 60.000 Unterschriften.

Anti-Gender-Initiative in Hamburg: Außerhalb der Ferien wäre es „ein sicherer Erfolg“ gewesen

„Außerhalb des von der Bürgerschaft erzwungenen Termins in den Sommerferien wäre das Volksbegehren ein sicherer Erfolg gewesen“, erklärte Jeep. „Das haben die letzten Ferientage gezeigt, an denen wir von begeisterten Unterstützern das Fünffache an Stimmen pro Sammelstunde erhalten haben.“

Jeep machte den vom Senat vorgegebenen Zeitraum für die Unterschriftensammlung in den Sommerferien und eine mangelnde Organisation des Volksbegehrens durch die Behörden für das Scheitern verantwortlich. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir 100.000 Unterschriften außerhalb der Ferienzeit geschafft hätten.“ Dies habe ein starker Zuwachs an Unterstützern in den letzten Ferientagen deutlich gemacht. „Wenn nur eine Woche des Volksbegehrens außerhalb der Hamburger Sommerferien gelegen hätte, dann wäre es bereits ein Erfolg geworden“, erklärte auch Hans Kaufmann, Vertrauensperson der Volksinitiative, in einer schriftlichen Erklärung.

Die Gender-Gegner in Hamburg scheiterten mit ihrem Volksbegehren an der nötigen Zahl von knapp 66.000 Unterstützern.
Die Gender-Gegner in Hamburg scheiterten mit ihrem Volksbegehren an der nötigen Zahl von knapp 66.000 Unterstützern. © dpa | Christian Charisius

Und weiter: „Nach der Verfassung führt der Senat das Volksbegehren durch. Und zwar im Interesse der Bürger. Nach dem Gesetz ist lediglich ,auch die Eigensammlung‘ zulässig. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: Ohne das ehrenamtliche Engagement wird vom Senat kein Bürger überhaupt von einem Volksbegehren erfahren, außer er wäre regelmäßiger Leser des Amtlichen Anzeigers und würde bevorzugt in Behörden auch am Boden liegende textlastige Verlautbarungen in Amtssprache studieren. Wer den Hamburg Service vor Ort betrat, hat jedenfalls nichts davon erfahren, dass es unser Volksbegehren gab.“

Anti-Gender-Initiative sieht sich durch den Hamburger Senat blockiert 

Eine weitere Hürde habe das Hamburgische Verfassungsgericht der Initiative in den Weg gelegt, das Anfang Juli einen Eilantrag auf Verschiebung der Unterschriftensammlung abgelehnt hatte. Hier prüfe man noch, gegen die Entscheidung eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe einzulegen, sagte Jeep.

AfD: Rot-Grün habe „verengtes Weltbild“

„Das Scheitern der Anti-Gender-Volksinitiative ist sehr bedauerlich, doch angesichts der widrigen Umstände nicht überraschend. Die ideologisch begründete Blockade von SPD und Grünen war absolut undemokratisch“, sagte der AfD-Fraktionsvizevorsitzende Alexander Wolf. Sein Vorwurf: „Sie haben dem Anliegen der Anti-Gender-Initiative nicht nur Steine in den Weg gelegt – sie machten keinen Hehl aus ihrer Abneigung.“

Und weiter: „Jedes Volksbegehren hat ein Recht auf einen fairen und ordnungsgemäßen Ablauf. Unter Rot-Grün findet ein Volksbegehren nur dann Unterstützung, wenn es in deren verengtes Weltbild passt.“

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Gendersternchen sollten aus Schulen und Verwaltung verschwinden 

Die Initiatoren wollten erreichen, dass die Hamburger Verwaltung, Bildungseinrichtungen sowie städtische Unternehmen auf Gendersternchen und Doppelpunkte verzichten. In dem von der Initiative vorgelegten Gesetzestext heißt es, dass der Senat diesen Institutionen vorgeben soll, dass die deutschsprachige amtliche schriftliche oder elektronische Kommunikation und Veröffentlichungen unter Einhaltung des amtlichen Regelwerks erfolgt, das der Rat für deutsche Rechtschreibung empfiehlt. In der Bürgerschaft hatte die Initiative damit keinen Erfolg. 

Im Sommer vergangenen Jahres hatten die Gender-Gegner ihre Volksinitiative mit der Übergabe von 16.000 Unterschriften im Rathaus erfolgreich gestartet. Das Volksbegehren ist laut Hamburger Volksgesetzgebung der zweite Schritt in dem Verfahren gewesen, das bei Erreichen der nötigen Unterschriften den Weg zu einem Volksentscheid freigemacht hätte.

Mit dpa