Hamburg. Wer kiffen will, kann in einem Anbauverein Gras kaufen. Nur gibt es noch keine. Selbst die Justizbehörde ist unzufrieden mit dem Gesetz.
In der Theorie ist alles klar: Wer in Deutschland legal Marihuana kaufen will, kann Mitglied in einem Cannabis-Club werden. Nur praktisch möglich ist das auch Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes nicht. Denn die Stadt Hamburg hat noch keinen einzigen Anbauverein genehmigt. Dabei können die Anträge schon seit Juli gestellt werden. Nun ist es zwar seit Anfang April für Erwachsene legal, Marihuana zu konsumieren und in bestimmten Mengen zu besitzen. Nur ohne Anbauvereine gibt es praktisch keine Möglichkeit, legal Gras oder Hasch zu kaufen. Denn das soll ja hauptsächlich aus den Anbauvereinigungen kommen.
Nachfrage beim für die Anträge zur Gründung von Cannabis-Clubs zuständigen Bezirksamt Hamburg-Altona. Von einem Ansturm kann hier keine Rede sein, im Gegenteil. „Es liegen bislang acht Anträge von Cannabis-Anbauvereinigungen vor“, sagt Behördensprecher Mike Schlink dem Abendblatt. Woran liegt die zögerliche Nachfrage? Zum einen an den gesetzlichen Vorgaben. Denn die sind umfangreich. „Zu allen bisher geprüften Anträgen musste das Bezirksamt Angaben und Unterlagen nachfordern beziehungsweise Änderungen erbitten“, erklärt Schlink. Die Folge: „Es wurde aktuell noch keine Erlaubnis erteilt.“ Denn die Genehmigung darf erst erteilt werden, wenn der Antrag vollständig ist. Und das ist gar nicht mal so einfach.
Anbauvereine in Hamburg: Führungszeugnis, Kalkulation, Immobilie für Antrag benötigt
Denn bei der Antragsstellung müssen die Vereinsgründer schon angegeben, mit wie vielen Mitgliedern sie rechnen. Und wie viel Cannabis diese Mitglieder verbrauchen werden pro Monat. Woher soll man das wissen? Außerdem müssen sie ein höchstens drei Monate altes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Plus ein Gesundheits- und Jugendschutzkonzept. Dazu braucht man fast schon einen Mietvertrag. Wer geht dieses unternehmerische Risiko ein? Wenn ohnehin unklar ist, ob und wann die Genehmigung kommt? Denn selbst wenn der Antrag korrekt und vollständig ist, hat das Bezirksamt laut Gesetz noch drei Monate Zeit für die Bearbeitung. Was sagt die Justizbehörde dazu, die die Umsetzung des Gesetzes überwacht?
„Da es sich hierbei um eine völlig neue Regelung handelt, ist es häufig so, dass Nachbesserungen bei Anträgen und den eingereichten Unterlagen erforderlich sind“, heißt es dort schlicht. „Die Anbauvereinigungen müssen Grundstücke beziehungsweise Immobilien finden, Finanzierungen sicherstellen und konzeptionelle Vorarbeiten leisten. Zudem besteht nachvollziehbarer Weise zunächst Beratungsbedarf.“ Das alles dauert. Aber aus Sicht der Justizbehörde waren die Zeiträume zur Einführtung des Gesetzes auch zu knapp bemessen. „Die Zeit wird zeigen, inwieweit die jetzigen gesetzlichen Regelungen die Realisierung der Projekte der Anbauvereinigungen tatsächlich ermöglichen“, sagte der Sprecher. Optimistisch klingt anders.
Justizbehörde: Sind mit dem Gesetz nicht zufrieden
Nicht verwunderlich also, dass Ende Juli noch kein einziger Antrag in Hamburg vorlag. Wie lange die Bearbeitung der Anträge dauern werde, sei schwer abzuschätzen, hatte Bezirksamtssprecher Schlink damals gesagt. Jeder Fall werde einzeln geprüft. Immerhin: Mit null genehmigten Cannabis Clubs ist Hamburg nicht das Schlusslicht. Schlimmer geht immer: In Berlin konnte man sich noch nicht einmal darauf einigen, welche Behörde über die Anträge von Cannabis-Club-Gründern entscheiden soll.
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Selbst die Justizbehörde ist nicht glücklich mit der Situation. „Wir sind, ebenso wie zahlreiche andere Bundesländer, mit dem konkreten Gesetz und seiner enormen Bürokratie nicht zufrieden“, schrieb ein Sprecher auf Anfrage. Die Problempunkte werde man in im Jahr 2027 evaluieren. „Bis dahin geben wir unser Bestes für einen guten Umgang mit den Vorgaben des Bundes“.