Hamburg. Auch politisches Engagement wird ggfs. in Personalakte eingetragen. Sender verteidigt Regelung. CDU-Politiker hat Verfassungsbedenken.

Eine seit dem 1. August für alle rund 3300 fest angestellten Mitarbeiter des NDR gültige neue Dienstanweisung für (Neben-)Tätigkeiten außerhalb des NDR hat Kritik bei der Hamburger CDU hervorgerufen. In der Dienstanweisung wird detailliert festgelegt, welche auch ehrenamtlichen Tätigkeiten beim NDR angezeigt und ggfs. genehmigt werden müssen. Demnach muss dem Sender etwa die „Mitgliedschaft in Vereinen, insbesondere in verantwortlicher Position“ und das Engagement als ehrenamtlicher Richter oder Schöffe mitgeteilt werden, ebenso Tätigkeiten in „Vertretungskörperschaften sowie von Organen der Gebietskörperschaften und Gemeindeverbände“ oder solche in „Organen von Anstalten oder Körperschaften des öffentlichen Rechts“.

Während die grundsätzlichen Regelungen für alle Mitarbeiter vom Redaktionsleiter bis zum Hausmeister gelten, gibt es für die Journalisten im NDR besonders strenge Vorgaben. Sie müssen „jedes bürgerschaftliche Engagement“ anzeigen, „wenn durch diese in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen kann, der NDR sei in seiner Berichterstattung nicht unabhängig und unvoreingenommen“.

NDR Hamburg: CDU kritisiert Eintrag politischen Engagements in Personalakte

Besondere Vorgaben gelten für eine politische Betätigung. So müssen NDR-Mitarbeiter nicht nur eine mögliche „Kandidatur für ein Mandat im Vertretungsorgan einer Gebietskörperschaft, eines Landtags, des Bundestags oder des Europaparlaments“ anzeigen, sondern auch die „Mitwirkung an einem Wahlkampf zur Wahl eines der vorgenannten Organe“. Gesammelt werden die Informationen in der Personalakte. Dazu heißt es in der neuen Dienstanweisung: „Alle Anträge und Anzeigen sowie Genehmigungen und Ablehnungen sind zur Personalakte der*des betreffenden Mitarbeitenden zu nehmen und in begründeten Fällen auf Antrag wieder zu entfernen.“

Roland Heintze, Eimsbüttler CDU-Direktkandidat für die kommende Bundestagswahl und Ex-CDU-Landeschef, empfindet die Regelungen als zu weit gehend. „Es ist nicht hinnehmbar, dass politisches Engagement in Wahlkämpfen in der Personalakte vermerkt wird“, sagte er dem Abendblatt zu der Dienstanweisung des im Bezirk Eimsbüttel ansässigen NDR. „Das ist meines Erachtens verfassungsrechtlich bedenklich und öffnet Missbrauch in jeder Richtung Tür und Tor.“

NDR verteidigt neue Regelungen als „klarer formuliert“ im Vergleich zu bisheriger Dienstanweisung

Regelungen wie die des NDR erschwerten es eher, dass Bürger sich engagierten, so Heintze. „Wir brauchen nicht mehr Hindernisse für politisches Engagement eines jeden Einzelnen, sondern mehr Anreize und das ist ein Eintrag in die Personalakte sicher nicht.“

Der NDR betonte, dass die neue Dienstanweisung eine Regelung aus dem Jahr 2012 ablöse. Die neue Dienstanweisung sei „klarer formuliert und berücksichtigt u.a. geänderte Compliance-Anforderungen“, sagte NDR-Sprecherin Lara Louwien dem Abendblatt.
„Der NDR unterstützt bürgerliches und politisches Engagement seiner Mitarbeitenden. Die überarbeitete Dienstanweisung ändert daran nichts. Gleichzeitig muss der NDR im Sinne der Compliance (deutsch in etwa: Regelkonformität, Anm. d. Red.) mögliche Interessenkollisionen vermeiden. Mit der Dienstanweisung regelt der NDR beides. Er stellt sicher, dass seine Mitarbeitende sich engagieren können und zugleich die Unabhängigkeit des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks und sein öffentliches Ansehen gewahrt bleiben.“

NDR-Gesamtpersonalrat hatte bisher keine Bedenken gegen die von der CDU kritisierten Punkte

Das neue Papier enthalte „keine wesentlichen grundlegenden Änderungen für Mitarbeitende“, so Louwien. „Auch bisher waren bestimmte Nebentätigkeiten dem NDR als Arbeitgeber anzuzeigen oder zustimmungspflichtig und Festlegungen, bei politischem Engagement zu beachten.“ Den Eintrag in die Personalakte verteidigte die NDR-Sprecherin als angemessen. „In der Personalverwaltung ist die Personalakte als Sammlung von Vorgängen, die die persönlichen und dienstlichen Verhältnisse des Mitarbeitenden betreffen, der richtige und angemessene Ablageort“, so Louwien.

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Nach Abendblatt-Informationen hat sich auch der NDR-Gesamtpersonalrat im Rahmen der Mitwirkungspflicht mit der neuen Dienstanweisung befasst, ist dabei bisher aber nicht über die von der CDU kritisierten Regelungen gestolpert und hat daher zugestimmt. Möglicherweise werde sich das Gremium aber noch einmal mit dem Thema auseinandersetzen, hieß es. Änderungen erzwingen könnte der Personalrat allerdings laut NDR nicht. „Als Weisung des Arbeitgebers sind Dienstanweisungen generell nicht mitbestimmungspflichtig“, sagte die Sprecherin des Senders.