Hamburg. Die Zahl des pädagogischen Nachwuchses ist um fast 60 Prozent seit 2019 gestiegen. Welche Bedeutung Quer- und Seiteneinsteiger haben.

Im zwischen den Bundesländern härter werdenden Rennen um Nachwuchslehrkräfte hat Hamburg weiterhin gute Karten. Trotz des bundesweit grassierenden Lehrermangels unter anderem wegen hoher Pensionierungsraten der geburtenstarken Jahrgänge haben sich in Hamburg zum Schuljahresbeginn 856 junge Menschen für das 18-monatige Referendariat beworben – fast doppelt so viele wie Plätze vorhanden sind. Das bedeutet eine Steigerung der Bewerberzahl um rund 20 Prozent gegenüber August 2023 mit 680 eingereichten Bewerbungen.

Mit einem Senatsempfang im Großen Festsaal des Rathauses hat Schulsenatorin Ksenija Bekeris (SPD) die 429 neuen Referendare und Referendarinnen begrüßt, die zum 1. August die zweite Phase der Lehrerausbildung begonnen haben. Damit ist das 2019 gestartete Ausbauprogramm für den pädagogischen Nachwuchs zum Abschluss gekommen. Von damals 855 Plätzen ist die Kapazität um fast 60 Prozent auf jetzt 1350 Plätze gesteigert worden – verteilt auf die drei Starttermine August - Februar - August für die eineinhalbjährige Ausbildung. Damit sind so viele angehende Lehrkräfte wie noch nie im Hamburger Vorbereitungsdienst, wie das Referendariat offiziell genannt wird. Die Einstellungsquoten sollen dauerhaft so hoch bleiben.

Bildung Hamburg: Die Stadt stellt pro Jahr rund 900 Lehrerreferendare neu ein

„Glücklicherweise genießen unsere Stadt und unsere Schulen bundesweit große Anerkennung, sodass wir immer noch viele Bewerbungen bekommen“, sagt Bekeris. Dennoch werde es „auch bei uns immer schwerer werden, genügend Bewerberinnen und Bewerber zu finden“. Es kommt hinzu, dass es vor allem die Nachbarländer Schleswig-Holstein und Niedersachsen als unfreundlichen Akt ansehen, wenn Hamburg die dortigen Hochschulabgänger für das hiesige Referendariat und den späteren Schuldienst abwirbt. Deswegen ist es der erklärte Anspruch des rot-grünen Senats, den Bedarf aus den eigenen Absolventen des Lehramtsstudiums zu decken.

„Die Stadt stellt perspektivisch 900 Lehrkräfte pro Jahr ein. Daraus abgeleitet sollten sowohl die Universität 900 Master-Lehramtsabsolventinnen und -absolventen als auch das Referendariat 900 Absolventen und Absolventinnen hervorbringen. Im Vorbereitungsdienst haben wir diese Zielmarke jetzt bereits erreicht“, sagt Bekeris. Mit anderen Worten: Die Universität hat das bislang nicht geschafft.

Die Zahl der Quereinsteiger hat sich im Laufe eines Jahres fast verdoppelt

Immerhin: Schul- und Wissenschaftsbehörde sowie die Universität haben gemeinsam bereits einige Verbesserungen auf den Weg gebracht. So wurde die Zahl der Studienanfängerplätze erhöht, und die Auslastung der Studienplätze deutlich verbessert. Ein Problem war stets die hohe Abbrecherquote im Lehramtsstudium. Zudem hat Hamburg einen neuen Studiengang eingeführt: Er richtet sich an Studierende, die einen Bachelor ohne Lehramtsbezug abgeschlossen haben, und führt zu einem Master of Education, der den Zugang zum Referendariat eröffnet.

Außerdem hat Hamburg seit Februar 2024 den Quereinstieg in das Referendariat ausgeweitet. Dieser Weg war bislang auf ausgewählte (Mangel-)Fächer beschränkt und ist nun für alle Lehrämter und Fächer geöffnet. Voraussetzung ist ein Hochschulabschluss in zwei Schulfächern. Spezielle Zusatzangebote und eine intensive Begleitung während des Referendariats sollen die notwendigen pädagogischen Grundlagen sicherstellen. Der Quereinstieg führt zum Zweiten Staatsexamen, und die Absolventen werden wie die anderen Referendare verbeamtet. Der Anteil der Quereinsteiger liegt derzeit bei 19,2 Prozent des Referendars-Jahrgangs und hat sich gegenüber August 2023 mit zehn Prozent fast verdoppelt.

Das Gehalt der Referendare wird in zwei Schritten um zwölf Prozent auf 1767,17 Euro angehoben

Ein weiterer, noch relativ neuer Weg in den Schuldienst ist der Seiteneinstieg. Darunter fallen Master-Absolventen ohne Referendariat oder Bachelor-Absolventen mit einer fachlich qualifizierenden Berufsausbildung. Allerdings ist der Seiteneinstieg nur möglich, wenn es keine Bewerber mit dem Zweiten Staatsexamen gibt. Neu ist, dass Seiteneinsteiger nicht nur befristet, sondern auch dauerhaft beschäftigt werden können, wenn sie sich an den Schulen in der Praxis bewährt haben. Zum Schuljahr 2024/25 kommen 72 Seiteneinsteiger (Februar 2024: 50) neu in die Schulen.

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Vom 1. November an erhalten die Referendarinnen und Referendare mehr Geld: Die Bezüge werden um 100 Euro und im Februar 2025 noch einmal um 5,5 Prozent erhöht. Damit steigt das Gehalt für den pädagogischen Nachwuchs von 1575,04 Euro auf 1767,17 Euro monatlich.

Zum 1. August wurden 134 junge Menschen für das Lehramt an Gymnasien (unterrichten auch in der Oberstufe der Stadtteilschulen) in das Referendariat aufgenommen – der höchste Anteil. Für das Lehramt an der Primar- und Sekundarstufe wurden 58 Lehrkräfte und für das Lehramt Sonderpädagogik 80 Männer und Frauen eingestellt. In den Vorbereitungsdienst für Grundschulen gehen 81 Lehrkräfte und 54 an die berufsbildenden Schulen. Hinzu kommen elf junge Menschen mit ausländischen Lehramtsabschlüssen, die noch zusätzlich qualifiziert werden müssen.

Hamburg hat die Zahl der Lehrerstellen seit 2011 um gut 38 Prozent erhöht

Das Durchschnittsalter der Referendare ist leicht von 29,7 (2023) auf 30,6 Jahre gestiegen. Die älteste Lehrkraft ist 59 Jahre alt, die jüngste 23 Jahre alt. Nur 29,3 Prozent des Nachwuchses sind männlich.

Mit 46,3 Prozent ist der Anteil der Lehrer für das Referendariat an Berufsschulen am größten, gefolgt vom Lehramt an Gymnasien mit 37,5 Prozent. Die Grundschulen werden auch in Zukunft weit überwiegend in weiblicher Hand bleiben: 86,4 Prozent der Lehrkräfte in diesem Bereich sind weiblich. Der Notendurchschnitt im Ersten Staatsexamen aller Bewerberinnen und Bewerber liegt bei 1,67. Die besten Abschlusszensuren haben die Referendare für das Lehramt an Sonderschulen mit einem Durchschnitt von 1,59 mitgebracht.

Das Hamburger Schulsystem ist aufgrund wachsender Schülerzahlen und qualitativer Verbesserungen wie der kleineren Klassen, Doppelbesetzungen im Unterricht, der Inklusion und der Umstellung auf den Ganztagsbetrieb deutlich gewachsen. Zum Stichtag 1. Februar 2011 gab es 12.926 Lehrer-Vollzeitstellen für 161.275 Schülerinnen und Schüler. Zum 1. Februar 2024 waren es 17.905 Stellen und 201.101 Schüler. Die Zahl der Lehrerstellen hat sich damit im Laufe von 13 Jahren um 38,5 Prozent erhöht. Zu 60 Prozent entfällt der Zuwachs auf die gestiegene Zahl von Schülerinnen und Schülern.