Hamburg. Am Hauptbahnhof laufen jetzt 24 von 27 neuen Kameras. Kriminalität gehe zurück, sagt Innensenator Grote – und ist „ein bisschen stolz“.

Das gemeinsame Drücken des Startknopfs, eine Attrappe, ist so etwas wie ein Running Gag bei Pressekonferenzen. Trotzdem ließen es sich Innensenator Andy Grote (SPD), Polizeipräsident Falk Schnabel und der Chef der Bundespolizei in Hamburg, Christian Linkogel, nicht nehmen, am Mittwochvormittag gemeinsam auf den dicken, roten, auf einen Holzpfahl genagelten Knopf zu drücken, um die Erweiterung der Videoüberwachung am Hamburger Hauptbahnhof symbolisch zu starten. Es ist ein weiterer Baustein in dem Bemühen, einen von Kriminalität gebeutelten Ortsteil im Bereich St. Georg sicherer zu machen. 

Auf der Fläche des Ortsteils 114, die etwa die Hälfte des 1,8 Quadratkilometer großen Stadtteils St. Georgs ausmacht und die direkt an den Hauptbahnhof grenzt, passierten in den vergangenen Jahren regelmäßig rund zehn Prozent der in Hamburg erfassten Kriminalität. „Wir haben hier eine besondere Konzentration von Problemlagen im öffentlichen Raum“, sagt der Innensenator zu dem Gebiet.

Kriminalität: Am Hamburger Hauptbahnhof startet die Videoüberwachung

Die Videoüberwachung, zunächst sind es 24 Kameras, am Ende sollen es 27 solcher Geräte an zehn Masten auf dem Hachmann- und Heidi-Kabel-Platz sein, sieht SPD-Politiker Grote als eine „Säule“ in der Bekämpfung der Kriminalität. „Wir haben den Platz jetzt noch ein Stück besser und intensiver jederzeit im Blick und können reagieren. Wir sehen, wenn sich eine Situation entwickelt, die ist so nicht in Ordnung ist“, so der Innensenator.

Mit den Kameras, deren Bilder in einem neu eingerichteten, immer besetzten Videoraum am Polizeirevier am Steindamm einlaufen, können man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Einerseits, so Grote, würden sie abschrecken. Andererseits dienten die Aufnahmen der Strafverfolgung. Denn St. Georg ist neben dem Kiez das Gebiet mit der mit Abstand höchsten Polizeidichte in Hamburg. So könne man auch schnell einschreiten, wenn die Kameras eine entsprechende Situation einfangen.

Videoüberwachung: Wo Kameras reinschauen dürfen – und wo nicht

Ganz einfach, auch rechtlich, ist der Einsatz der Kameras nicht. Er ist über das Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei im Rahmen der Gefahrenabwehr geregelt. So musste sichergestellt werden, dass die am Ende 27 Kameras, von denen acht schwenkbar und zoomfähig sind, nicht in private Räume oder in Geschäfte hineinschauen. Das geschieht durch eine Technik, die diese Bereich automatisch verpixelt.

Finden Demonstrationen in dem Bereich statt – das sind nicht wenige im Jahr – werden die Kameras abgeschaltet. Aufbewahrt werden die Aufnahmen einen Monat lang. Nur wenn sie als Beweismaterial bei Ermittlungen wegen Straftaten dienen, behält man die entsprechenden Aufnahmen länger. KI, wie bei den Kameras am Hansaplatz, wird am Hauptbahnhof bislang nicht eingesetzt. Doch diese Technik lässt sich nachrüsten. Dafür sind die Kameras bereits jetzt ausgelegt „Wir haben hier massiv investiert“, sagt Polizeipräsident Falk Schnabel. „Das betrifft die polizeiliche Präsenz und eben die Technik. Dafür schöpfen wir alle rechtlichen Möglichkeiten aus.“

Erfolgsmodell am Hauptbahnhof: Viele Städten blicken nach Hamburg

Das und dazu flankierende Maßnahmen durch die Stadtreinigung und soziale Einrichtungen hat laut Grote Vorbildfunktion. Man schaut aus anderen Großstädten in Deutschland, in denen sich die Problemlagen rund um die Hauptbahnhöfe ballen, nach Hamburg. Bremen habe bereits Teile des Konzepts übernommen. Auch in Hannover denke man darüber nach. Immer wieder kämen Abordnungen aus anderen Städten, um sich die Sicherheitsallianz am Hauptbahnhof – bestehend aus Hamburger Polizei, Bundespolizei sowie den Sicherheitsdiensten von Bahn und Hochbahn – und die dazugehörigen Maßnahmen anzuschauen. Selbst der Bürgermeister von Wien und die Stadtpräsidentin von Zürich, so vermerkte es Grote, waren deswegen schon in Hamburg.

Videoüberwachung
Videokameras, die jetzt den Hachmannplatz überwachen. © André Zand-Vakili | André Zand-Vakili

Der Innensenator sieht bei allen getroffenen Maßnahmen mit Blick auf den seit Jahrzehnten von deutlich überdurchschnittlicher Kriminalität belasteten Stadtteils St. Georg einen Silberstreif am Horizont. Die Nutzung des Hausrechts im Hauptbahnhof, Strafverfolgung und andere polizeilichen Maßnahmen „wirken“. „Darauf können wir ein bisschen stolz sein“, sagt Grote. Die Situation habe sich bereits verändert. „Wir sehen inzwischen auch an den Zahlen, dass die Kriminalitätsentwicklung insgesamt hier im Bereich des Bahnhofs rückläufig ist“, so der Innensenator. Wie das Abendblatt bereits berichtete, wurden allein in diesem Jahr bis Ende Juni durch die Quattro-Streifen in Hamburg rund 7000 Personen überprüft und mehr als 320 Strafanzeigen gefertigt, in 1680 Fällen wurde das Hausrecht durchgesetzt.

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Unterstützung bei dem Kameraeinsatz bekommt er von Thomas Jungfer, dem Landesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft. Der sieht das auch ganz pragmatisch. „Mit Kameras kann ich größere Bereich intensiver mit weniger Personal im Blick haben“, sagt Jungfer. Er fordert verstärkte Videoüberwachung an allen Brennpunkten der Kriminalität in Hamburg.