Hamburg. Einfluss auf Politik sollte transparent sein. Hamburg aber hat bisher kein Lobbyregistergesetz. Platz in Bundesländerranking enttäuscht.
Maskenaffäre, Nord Stream, Einfluss von Aserbaidschans Regierung auf die deutsche Politik oder der Wirecard-Skandal: Es gab in jüngerer Zeit viele Beispiele dafür, wie schädlich sich die verdeckte Lobbyarbeit von Unternehmen oder ausländischen Regierungen auswirken kann. Die Rechnung für Mauscheleien zahlen am Ende zumeist die Steuerzahler. Um das zu verhindern, fordert die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International (TI) seit Jahren, dass die Einflussnahmen auf Regierungen und Parlamentarier offengelegt werden müssen – durch die Einrichtung eines Lobbyregisters, in dem die Kontakte zwischen Interessenvertretern von Unternehmen oder Verbänden zur Politik verzeichnet werden. So soll Korruption unterbunden werden.
Am Dienstag hat TI nun ein bundesweites Ranking vorgelegt, das zeigt, wie die Bundesländer derzeit beim Thema Lobbyregister und Transparenz aufgestellt sind. Hamburg schneidet hier überraschend schlecht ab. Gerade einmal auf dem zwölften von 16 Plätzen landet die Hansestadt, schlechter bei der Bekämpfung von verdecktem Lobbyismus sind nur Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Bremen. Das hat vor allem einen Grund: Obwohl bereits länger angekündigt, hat der Senat noch keinen Entwurf für ein Lobbyregistergesetz vorgelegt. Den sollte er eigentlich bereits im ersten Quartal 2024 präsentieren.
Korruption in Hamburg: „Stadt hat Einführung eines Lobbyregisters verschleppt“
„Leider hat Hamburg die Arbeit an Transparenz des Lobbyismus so verschleppt, dass die Stadt nach wie vor im untersten Drittel des Rankings platziert und die Transparenz der Entscheidungsfindung in Hamburg bis heute nur 20 Prozent der Anforderungen für eine zeitgemäße Lobbytransparenz erfüllt“, sagte Helena Peltonen von TI Hamburg dem Abendblatt. „Dies lässt sich nur schlecht in Einklang bringen mit dem Transparenzanspruch Hamburgs, den die Stadt gern betont, und nicht mit dem Transparenzgebot des Senats in der Hamburgischen Verfassung.“ In Gang gekommen war die Arbeit an einem Gesetz erst, als der Verein „Mehr Demokratie“ zusammen mit TI einen Gesetzentwurf erarbeitet und mit einer Volksinitiative gedroht hatte.
Vier Kriterien hat Transparency International jetzt bei der Aufstellung seines aktuellen Rankings zugrunde gelegt. Erstens die Existenz eines Lobbyregisters, hier bekam Hamburg null Punkte. Zweitens den „legislativen Fußabdruck“, durch den stets offen einsehbar ist, wer auf die Formulierung von Gesetzen oder Verordnungen Einfluss genommen hat: Auch hier gab es null Punkte für Hamburg.
Verhaltensregeln für Abgeordnete: Parlamentarier müssen Interessenkonflikte offenlegen
Besser sieht es beim dritten Punkt aus, der Karenzzeit: Hier bekommt Hamburg immerhin 18 von 50 Punkten, denn die Stadt hat bereits 2014 im Senatsgesetz geregelt, dass ehemalige Senatsmitglieder einen Wechsel in die freie Wirtschaft anzeigen müssen und dass dieser für zwei Jahre untersagt werden kann, wenn er mit der früheren Tätigkeit für die Stadt nicht vereinbar ist bzw. hier Interessen kollidieren. Auch beim vierten Kriterium, den Verhaltensregeln für Abgeordnete, bekommt Hamburg immerhin 22 von 50 möglichen Punkten. Hier geht es etwa um die Offenlegung von aktuellen und früheren beruflichen Tätigkeiten, Spenden oder Interessenkonflikten, die in Hamburg Paragraf 26 des Abgeordnetengesetzes regelt.
Am besten in den Bundesländervergleich der Anti-Korruptions-Organisation schneidet Thüringen ab, das immerhin 69 Prozent der Kriterien zur Lobby-Transparenz erfüllt. Es folgen Bayern (54 Prozent) und Baden-Württemberg (53). Es zeige sich an den unterschiedlichen Regierungszusammensetzungen dieser drei Top-Länder, dass die Bekämpfung des verdeckten Lobbyismus nicht an bestimmte Parteien geknüpft sei, sagte Norman Loeckel, Leiter der Arbeitsgruppe Transparente Verwaltung von TI, bei der Präsentation des Berichts. Vielmehr gäben offen gelegte Skandale oft einen Impuls zur Verschärfung der Regelungen, da Korruptionsskandale oft an der Wahlurne bestraft würden und Regierungen daher schnell gegenzusteuern versuchten.
Beim Transparenzgesetz und der Informationsfreiheit ist Hamburg bundesweit spitze
Obwohl Hamburg beim aktuellen Ranking so schlecht abschneidet, betonte Loeckel, dass die Hansestadt das „beste Transparenzgesetz“ und das beste „Informationsfreiheitsgesetz“ aller deutschen Bundesländer habe. Besser als alle Bundesländer steht beim Lobbyranking übrigens der Bund da, der gerade zur Jahresmitte seine Regelungen noch einmal verschärft hat. Er erfüllt laut TI mittlerweile 71 Prozent aller Transparenzkriterien.
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SPD und Grüne betonten am Dienstag, dass Hamburg schon bald ein Lobbyregistergesetz einführen wolle. „Die Regierungsfraktionen haben den Senat mit der Prüfung eines Lobbyregistergesetzes anhand konkreter Vorgaben beauftragt“, sagte SPD-Justizpolitiker Urs Tabbert dem Abendblatt. „Sobald der Gesetzesentwurf vorliegt, werden wir diesen mit der gebotenen Transparenz in der Bürgerschaft beraten. Das Lobbyregistergesetz für Hamburg kommt – und zwar bis zum Ende der Legislaturperiode in den nächsten sechs Monaten.“ Die Grünen-Abgeordnete Eva Botzenhart sagte, sie gehen davon aus, dass der Gesetzentwurf „vereinbarungsgemäß nach der Sommerpause der Bürgerschaft vorgelegt wird“.
Hamburger Senat verspricht ein „wirksames, effizientes und modernes Lobbyregister“
Auch Senatssprecher Marcel Schweitzer sagte, dass Senat und Behörden derzeit an einem Gesetzentwurf arbeiteten, in den „insbesondere die Erkenntnisse entsprechender Gesetze des Bundes und der Länder“ einflössen, „um Hamburg ein wirksames, effizientes und modernes Lobbyregister bereitzustellen“.