Hamburg. Lobbyregister soll Einfluss von Firmen und Verbänden auf Gesetze in Hamburg offenlegen. Was das für Wirtschaft und Bürger bedeutet.
Nun also doch: Nachdem die Anti-Korruptions-Organisation „Transparency Deutschland“ und der Verein „Mehr Demokratie“ mit einer neuen Volksinitiative gedroht hatten, wollen SPD und Grüne jetzt selbst ein Lobbyregister auch auf Hamburger Landesebene auf den Weg bringen. Ein solches Register soll helfen, Korruption und Vetternwirtschaft zu verhindern, indem es die Kontakte zwischen Interessenvertretern von Unternehmen oder Verbänden offenlegt – und so deutlich macht, wer Einfluss etwa auf die Verabschiedung neuer oder die Veränderung bestehender Gesetze genommen hat.
In einem gemeinsamen Bürgerschaftsantrag, der dem Abendblatt exklusiv vorliegt, fordern SPD und Grüne den Senat auf „zu prüfen, wie für Hamburg ein Lobbyregistergesetz mit legislativem und exekutivem Fußabdruck unbürokratisch und anwendungsfreundlich ausgestaltet werden kann“. Als legislativen Fußabdruck bezeichnet man eine Liste der Lobbyisten (Interessenvertreter), mit denen Abgeordnete während der Arbeit zu einem Gesetz in Kontakt standen. Ein Ziel kann es dabei sein, dass in jedem Gesetzentwurf später nachzulesen ist, welche Ideen und Vorschläge die Parlamentarier jeweils von wem übernommen haben.
Korruption: Lobbyregister soll öffentlich machen, wer mit wem redet
Beim „exekutiven Fußabdruck“ geht es analog dazu um die Veröffentlichung aller Lobbyistenkontakte mit der Regierung, in Hamburg also mit dem Senat und seinen Behörden. Ein wesentlicher Baustein eines Lobbyregisters ist die Pflicht von Lobbyvertretern, sich offiziell in eine öffentlich einsehbare Datenbank einzutragen – und zwar vor der Kontaktaufnahme mit Abgeordneten oder Senatsvertretern.
„Mit unserem Antrag legen wir den Grundstein für ein hamburgisches Lobbyregistergesetz. Lobbyismus und organisierte Interessenvertretung gehören zu einer offenen und pluralistischen Gesellschaft dazu“, sagte SPD-Rechtspolitiker Urs Tabbert dem Abendblatt. „Für uns ist dabei klar, dass Bürgerinnen und Bürger ein Recht darauf haben, nachzuvollziehen, welche Akteurinnen und Akteure sich in welcher Form an Gesetzesvorhaben beteiligt haben.“ Der SPD sei es wichtig, „dass das Lobbyregistergesetz unbürokratisch und anwendungsfreundlich ausgestaltet wird“. Sichergestellt werden müsse aber auch, „dass Verstöße gegen Registrierungspflichten Sanktionen nach sich ziehen“.
Hansestadt sieht sich bei Transparenz in der Vorreiterrolle
Ziel sei ein „solides Gesetz als weiterer Baustein der Transparenzstadt Hamburg“. Die Hansestadt habe „mit Einführung des Transparenzgesetzes im Jahr 2012 und dem damit verbundenen Transparenzportal bundesweit eine Vorreiterrolle“ eingenommen, so Tabbert. „Im Jahr 2020 haben wir die Transparenzpflicht der hamburgischen Verwaltung sogar in der Verfassung verankert.“ Das Lobbyregister sei nun ein weiterer Schritt in diese Richtung.
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„Interessensvertretungen sind ein legitimer Bestandteil einer lebendigen Demokratie“, betonte auch Eva Botzenhart, Grünen-Sprecherin für Digitalisierung und Datenschutz. „Der Austausch mit Verbänden ist eine wichtige Grundlage politischer Entscheidungen, ihr Fachwissen kann Gesetzesvorhaben inhaltlich voranbringen. Zugleich ist es von hoher Bedeutung, transparent aufzuzeigen, welche Perspektiven und Positionen in Gesetzgebungsprozessen berücksichtigt wurden und wer dabei beteiligt war.“
Ziel sei es, „die Akzeptanz für politische Entscheidungen“ zu erhöhen, so Botzenhart. „Das gilt sowohl für uns als Regierungsfraktionen als auch den Senat. Mehr Transparenz stärkt das Vertrauen der Hamburgerinnen und Hamburger in die Politik, und das ist ein Gewinn für alle.“
Korruption bekämpfen: Senat soll Lobbyregister-Entwurf bis Frühjahr 2024 präsentieren
In ihrem Antrag betonen SPD und Grüne, was ihnen bei einem Lobbyregistergesetz wichtig ist. So soll das Register als „digitale, unentgeltliche, maschinenlesbare, durchsuchbare und anwendungsfreundliche Datenbank“ öffentlich einsehbar sein. Auch soll die „mittelbare Staatsverwaltung“ einbezogen werden, zu der etwa die Universität Hamburg, das Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) und die Handels- und Handwerkskammer gehören. Geklärt werden soll zudem, ob die Zuständigkeit für das Lobbyregister bei der Bürgerschaftspräsidentin oder einem „Beauftragten für ein Lobbyregister“ angesiedelt werden kann.
Dass das Lobbyregister noch in diesem Jahr kommt, ist allerdings unwahrscheinlich. Zunächst soll nun der Senat einen Gesetzentwurf erarbeiten, der danach von der Bürgerschaft beraten und beschlossen werden muss. In ihrem Antrag geben SPD und Grüne dem Senat ausreichend Zeit. Er soll der Bürgerschaft in Sachen Lobbyregistergesetz bis 31. März 2024 „Bericht erstatten“.