Hamburg. Wer denkt, Schwimmen im Meer sei am gefährlichsten, irrt: Die meisten Toten fordern Flüsse und Seen. Hamburgs Zahlen alarmieren.

Wer in Flüssen schwimmen geht, riskiert sein Leben. 92 Menschen kamen dieses Jahr schon in deutschen Flüssen ums Leben. Die Zahl der tödlichen Badeunfälle in Flüssen ist das dritte Jahr in Folge angestiegen. Das teilte die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) jüngst in ihrer Zwischenbilanz für das laufende Jahr mit. Das kleine Mädchen, das am Donnerstag in Hamburg am Falkensteiner Ufer in der Elbe unterging, ist da noch nicht eingerechnet.

Anders als man vermuten könnte, sind die gefährlichsten Orte zum Schwimmen nicht die Nord- oder Ostsee. Es sind Flüsse und Seen. Gut 90 Prozent aller tödlichen Unfälle ereigneten sich laut DLRG vergangenes Jahr in Binnengewässern wie der Elbe. Die meisten der 378 Menschen starben demnach in Flüssen (135) und Seen (138).

Elbe: Tödlicher Badeunfall in Hamburg – Zwei Drittel der Fälle passieren in Flüssen und Seen

„Die strömenden Gewässer bergen die meisten Gefahren. Dessen sollten sich die Leute beim Aufenthalt an Flüssen bewusst sein“, warnt DLRG-Präsidentin Ute Vogt.

„Vom Schwimmen in Flüssen kann ich den allermeisten nur abraten.“

Ute Vogt
DLRG-Präsidentin

Dabei ist es nachrangig, wie gut jemand schwimmen kann. Die allermeisten Menschen sind den Strömungen nicht gewachsen. Vogt sagt daher: „Vom Schwimmen in Flüssen kann ich den allermeisten nur abraten.“

In Hamburg waren Flüsse vergangenes Jahr das Todesgewässer Nummer eins: 10 von 21 Menschen kamen in ihnen ums Leben. Mit weitem Abstand folgten andere Gewässer wie Pools, das Hafenbecken oder Kanäle. DLRG-Präsidentin Vogt weist auf eine grundlegende Gefahr bei Binnengewässern hin: Sie „sind meist unbewacht, so dass im Ernstfall keine Rettungsschwimmer eingreifen können“.

Elbe in Hamburg: Die meisten Menschen ertrinken in Flüssen

JahrBadetote in Hamburg (Quelle: DLRG)
202321
202210
20218
20206
201914
201816
20175
201622
201512
20146
201312

Deutlicher Anstieg bei Zahl der Badetoten nach Corona

Für das zehnjährige Mädchen in Blankenese kam am Donnerstag jede Hilfe vermutlich zu spät. Die Rettungskräfte haben das Kind nicht mehr gefunden. Das Schicksal des Mädchens reiht sich ein in eine traurige Statistik: Die Zahl der Badetoten in Hamburg hat sich zuletzt mehr als verdoppelt. Betrachtet man die vergangenen zehn Jahre, schwankt der Wert allerdings. Während die Zahl der Badetoten in den Corona-Jahren zurückging, sind seit 2022 wieder mehr tödliche Unfälle zu beklagen.

Trend zu immer mehr Nichtschwimmern stoppen. Aber wie?

„Allem voran müssen wir den Trend zu immer mehr Nichtschwimmern und schlechten Schwimmern stoppen“, betont DLRG-Präsidentin Vogt. Dass es immer mehr Nichtschwimmer gibt, zeigte sich besonders in und nach der Pandemie: In Hamburg verließ im Schuljahr 2021/22 jedes vierte Kind die Grundschule ohne Seepferdchen, wie der Senat auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Maryam Blumenthal mitteilte. Die Stadt versucht nun, diesen Trend mit neuen Schwimmangeboten zu stoppen.

SchuljahrProzentualer Anteil der Grundschulkinder mit mindestens Seepferdchen (Quelle: Senat)
2013/1482
2014/1586,8
2015/1686,9
2016/1787
2017/1885,4
2018/1987,3
2019/2076,5
2020/2171,3
2021/2274,4
2022/2383

Corona-Lücke bei Schwimmkenntnissen schließt sich nur langsam

Doch ein Blick auf den Anteil der Grundschülerinnen und -schüler mit Seepferdchen zeigt: Das Loch, das die Pandemie gerissen hat, schließt sich nur langsam. Vergangenes Schuljahr hatte der Anteil der Grundschulkinder mit Seepferdchen noch nicht wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht. Auch das Mädchen, das in Blankenese in der Elbe ertrank, fällt in den Jahrgang, der während Corona kaum eine Möglichkeit hatte, richtig schwimmen zu lernen.

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