Hamburg. Behörden setzen der Bürgerschaftsabgeordneten eine Frist wegen ihrer Kinder. Die meldet sich beim Abendblatt mit einer Ankündigung.
Mittlerweile sind mehr als zwei Monate vergangen, seit Olga Petersen mit ihren Kindern abgetaucht und offenbar nach Russland ausgereist ist. Die (Noch-)AfD-Politikerin und Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft und der Bezirksversammlung Harburg gerät nun immer stärker unter Druck durch die Hamburger Behörden. Grund: Sie hat ihre drei schulpflichtigen Kinder Ende Mai bei ihren Schulen in Hamburg abgemeldet, aber bisher keinen Nachweis darüber erbracht, dass die Kinder andernorts beschult werden. Dazu ist sie aber aufgrund der Schulpflicht verpflichtet. Nun droht Petersen, die insgesamt vier Kinder hat, nach Abendblatt-Informationen ein saftiges Zwangsgeld.
Nachdem die 41-Jährige bisher mit Verweis auf die aktuellen Schulferien in Russland offenbar die nötigen Nachweise nicht präsentiert hat, soll ihr die Schulbehörde nun eine Frist bis zum 19. August gesetzt haben. Sollten die Belege dann nicht vorliegen, soll Petersen für jedes der drei schulpflichtigen Kinder ein Zwangsgeld von jeweils 500 Euro bezahlen. Die Fristsetzung und Androhung sollen an Petersens Hamburger Meldeadresse und an eine ihrer Mailadressen zugestellt worden sein.
Olga Petersen meldet sich per Mail beim Abendblatt mit einer Stellungnahme
Auf eine Abendblatt-Bitte um eine Stellungnahme reagierte Petersen am Freitag per Mail. Das Abendblatt wisse in der Sache offenbar mehr als sie selbst, so Petersen. Die „Hexenjagd geht weiter“, schrieb die Russlanddeutsche. „Meine Kinder sind im Ausland und werden vorerst dort eine Schule besuchen. Wie ich bereits mitgeteilt habe, sind nun Ferien, und einen entsprechenden Nachweis kann ich erst mit dem Start des neuen Schuljahres vorlegen, das habe ich auch so der Behörde mitgeteilt und um eine Verlängerung der Frist gebeten. Anscheinend möchte die Behörde die Ferienzeit lieber dafür nutzen, um noch mit ein paar Bußgeldbescheiden um sich zu werfen ...“ Zugleich versicherte Petersen: „Nach der Ferienzeit werden alle geforderten und benötigten Unterlagen vorgelegt.“ Die Frage, ob sie selbst nach Hamburg zurückkehren und ihre Mandate wahrnehmen wolle, ließ sie unbeantwortet.
Petersen ist kürzlich erneut für die AfD in die Harburger Bezirksversammlung gewählt worden. In der Bürgerschaft hat die AfD-Fraktion sie ausgeschlossen, dort ist sie nun fraktionslos. Auch in Harburg hat sie sich mit früheren Parteifreunden überworfen. Zugleich läuft ein Partei-Ausschlussverfahren gegen sie, da sie selbst der AfD zu rechts und zu putinfreundlich sein soll. Seit ihrer Ausreise hat sie an Sitzungen der Bürgerschaft oder der Bezirksversammlung nicht teilgenommen. Sollte Petersen nicht nach Hamburg zurückkehren, würde sie die auch finanziell lukrativen Mandate verlieren. Denn für deren Wahrnehmung ist ein Wohnsitz in Hamburg Voraussetzung.
AfD Hamburg will Petersen ausschließen. Die stellt weiter Anfragen in der Bürgerschaft
Trotz ihrer Abwesenheit hat Petersen aber immer wieder Kleine Anfragen an den Senat in der Bürgerschaft eingereicht, zuletzt am 30. Juli. In der jüngsten Drucksache mit der Nummer 22/15887 wollte sie von der Bürgerschaft wissen, ob diese Kenntnis davon habe, dass der von der Stadt geförderte Verein „Feine Ukraine“ Verbindungen zu mutmaßlich rechtsextremen Aktivitäten der „Dritten Sturmbrigade“ habe. Da sich ihre Fragen aber formal an den Senat und nicht an die Bürgerschaft richten müssen, bekam Petersen darauf keine inhaltliche Antwort.
„Die Bürgerschaftskanzlei sieht in ständiger Praxis von einem Antwortbeitrag im Rahmen der gestellten Schriftlichen Kleinen Anfrage ab, da die Fragestellerin sich die begehrten Informationen auf direktem Wege bei der Bürgerschaft beziehungsweise ihrer Präsidentin beschaffen könnte“, heißt es in der Antwort. Mithin bedeutet das wohl: Wäre Petersen als Abgeordnete in Hamburg, hätte sie ja selbst etwa bei Parlamentspräsidentin Carola Veit (SPD) nachfragen können.
Olga Petersen: Grund der Ausreise sollen Konflikte mit der Schule eines der Kinder gewesen sein
Hintergrund der Ausreise der im sibirischen Omsk geborenen Vierfachmutter vor mehr als zwei Monaten waren offenbar Probleme mit der Schule eines der Kinder. Schon im Frühjahr soll die Schule sich an das Jugendamt gewandt haben, da Petersens Sohn einen problematischen Eindruck gemacht habe. Möglicherweise sei dies in der Zeit gewesen, als Petersen als private „Wahlbeobachterin“ nach Russland gereist sei (und die Putin-Wahl später als fair gelobt hatte), hieß es. Es soll dann auch mehrere Gespräche mit der Mutter über ihren Sohn gegeben haben. Der Junge soll zudem in der Schule erzählt haben, er müsse jetzt Russisch lernen, weil sie nach Russland fahren wollten. Zwar ist die Lage wohl nicht als so dramatisch bewertet worden, dass eine Inobhutnahme der Kinder im Raum stand. Gleichwohl scheint es einen offiziellen Vorgang dazu zu geben.
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Petersen selbst hatte in einer WhatsApp-Nachricht an das Abendblatt seinerzeit zu dem Thema Stellung genommen. Es habe „tatsächlich Schwierigkeiten mit der Schule meines jüngsten Kindes“ gegeben, schrieb sie. „Ich war besorgt über ihre Kritik an meiner Parteizugehörigkeit sowie darüber, dass bereits in der Grundschule ideologische Erziehung praktiziert und die Gendersprache verwendet wurde. Mein Sohn erzählte mir beispielsweise, dass nun alle Menschen ohne Geschlecht nicht mehr diskriminiert würden. Als ich nachfragte, wer genau damit gemeint sei, konnte er keine klare Erklärung liefern. Solche Situationen haben in der Vergangenheit zu Konflikten geführt.“ Die Schule habe jedoch nie mit ihr über Kindeswohlgefährdung gesprochen.