Hamburg. Fast nur Männer Opfer bei Beziehungstaten in diesem Jahr. Oft spielt psychische Erkrankung eine Rolle. Geschossen wird im Drogenmilieu.
Geht es um Beziehungstaten, die ein Fall für die Mordkommission werden, denken viele an Frauen, die zu Opfern werden. In Hamburg ist das in diesem Jahr bislang völlig anders. Hauptsächlich Männer wurden Opfer. Nur bei einer von fünf der bislang verübten Taten war es eine Frau, die schwerste Gewalt erlitt. Die Täter sind, und da ist man wieder im „alten Muster“, aber durchweg männlich. Mehrfach war es ein Sohn, der auf den Vater losging. Was auffallend ist: psychische Erkrankungen spielen eine dominierende Rolle bei solchen Taten.
Sie wurden in Brand gesetzt, niedergestochen, von hinten attackiert. In drei Fällen sind in diesem Jahr bereits Väter oder Stiefväter Opfer von vollendeten oder versuchten Tötungsdelikten geworden. Immer waren es Söhne oder Stiefsöhne, die anschließend von der Polizei festgenommen wurden. In allen drei Fällen gelten die Tatverdächtigen als psychisch gestört. Damit ist in diesem Jahr die Mehrzahl der bekannt gewordenen Beziehungstaten in Hamburg in Verbindung mit einer psychischen Störung begangen worden.
Polizei Hamburg: Stiefvater wurde unvermittelt und von hinten angegriffen
Zuletzt hatte die Polizei am 31. Juli einen offensichtlich gestörten 19-Jährigen an der Weusthoffstraße im Stadtteil Eißendorf festgenommen. Er hatte unvermittelt und von hinten seinen Stiefvater mit einem Küchenmesser attackiert. Der Angegriffene konnte sich trotz stark blutender Verletzungen im Kopfbereich wehren, weitere Stiche abwehren und den 19-Jährigen bis zum Eintreffen der Polizei in Schach halten. Gegen den bereits als psychisch krank bekannten 19-Jährigen wurde ein Unterbringungsbeschluss erlassen.
Mitte Juni erschossen Polizisten an der Wolliner Straße in Rahlstedt einen 51 Jahre alten Mann. Er hatte aus nicht geklärten Gründen seinen 81 Jahre alten Vater in Brand gesetzt. Als Polizisten anrückten, gab der 51-Jährige Schüsse aus einer scharfen Waffe ab. Auch Beamte des Spezialeinsatzkommandos (SEK), die angefordert worden waren, wurden von dem Mann beschossen. Sie erwiderten das Feuer und trafen ihn tödlich. Auch er war offensichtlich psychisch gestört.
In Billstedt wurden Vater und Onkel Opfer eines psychisch Kranken
Anfang Februar stach ein 32-Jähriger seinen Vater (61) und seinen Onkel (58) in Billstedt auf offener Straße nieder. Die beiden Männer starben. Dem 32-Jährigen gelang zunächst die Flucht. Er stellte sich am Tag nach der Tat der Polizei. Auch ihm wird eine psychische Störung attestiert.
Die drei Taten gehören zu den fünf in diesem Jahr bekannt gewordenen Tötungsdelikten, die man als Beziehungstat einordnen kann. Bei einer weiteren Beziehungstat, die von der Mordkommission bearbeitet wird, war ein Vater (43) auf seine Söhne offenbar im Kokainrausch losgegangen. Er hatte sie aus einer Moschee an der Rotenhäuser Straße heraustelefoniert. Dann war er mit einer Rasierklinge auf sie losgegangen, weil er sich von ihnen misshandelt fühlte und sie „kriminell“ seien.
77-Jähriger nach tödlichen Messerstichen gegen Ehefrau festgenommen
In einem Fall wurde eine Frau in diesem Jahr Opfer einer Beziehungstat. Anfang August ereignete sich in einem Reihenhaus in Rönneburg eine Tragödie in einer deutschen Familie. Der 77 Jahre alte Ehemann hatte seine Frau (65) mit einem Messer getötet. Möglicherweise hatte der Zuzug der pflegebedürftigen Mutter des Opfers die Tat ausgelöst.
Die Frau ist eine von zwei Frauen, die in diesem Jahr Opfer von Tötungsdelikten wurden. Bereits im Februar war in einer Wohnung am Rainweg in Eppendorf ein 20-Jähriger in einer Wohnung auf eine Frau (58) losgegangen und hatte ihr durch Schläge Verletzungen, unter anderem am Kopf, beigebracht. Der 20-Jährige, der unter dem Einfluss von berauschenden Mitteln stand, wurde im Rahmen einer Sofortfahndung festgenommen. Er und die Frau hatten gemeinsam in der Wohnung gewohnt, waren aber kein Paar, sondern eine reine Wohngemeinschaft.
Wie in den Jahren zuvor ist bei den meisten der bislang in diesem Jahr 24 bekannt gewordenen Fällen der Mordkommission ein Messer die Tatwaffe gewesen. In 13 Fällen wurde es eingesetzt.
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In zwei Fällen kamen in diesem Jahr Schusswaffen zum Einsatz. Am 9. Mai wurde bei einer Auseinandersetzung im Park an der Straße Am Gojenboom in Horn ein 26-Jähriger durch einen Schuss in die Hüfte verletzt. In dem Park waren zwei Gruppen aufeinander losgegangen.
Bereits Ende März hatte es auf dem Steindamm in St. Georg eine Tat mit Schusswaffe gegeben. Polizisten hatten einen vor einem Restaurant liegenden, verletzten Mann entdeckt. Eine Kugel hatte ihn lebensgefährlich verletzt. Bei dieser und auch bei der anderen Tat mit Schusswaffe werden Auseinandersetzungen im Drogenmilieu als Auslöser vermutet.