Hamburg. Eine Hamburger Zwillings-Familie erzählt, welche Erfahrungen sie in Bezug auf die Klassen gemacht und wie sie sich entschieden haben.
- Zwillingsstudie zeigt, was den gleichzeitig geborenen Geschwistern in der Schulzeit am besten tut
- Hamburger Zwillingspaar hatte schon immer klare Vorstellungen in Bezug auf gleiche oder getrennte Klassen
- Zu Hause kann es ordentlich Streit geben und auch sonst sind die Mädchen grundverschieden
„Für mich war von Anfang an klar, dass unsere Mädchen zusammen in eine Klasse kommen“, sagt Angelika Jovic. Sie ist die Mutter von Laijana und Milijana, einem eineiigen Zwillingspaar. Genau wie weitere Eltern von rund 20 Zwillingen, die an den unterschiedlichen katholischen Privatschulen in Hamburg eingeschult werden oder nach den Sommerferien die fünfte Klasse besuchen werden, stand auch Jovic mit ihrem Mann Aleksandar vor der einen Entscheidung: getrennt oder gemeinsam, was ist besser für unsere Kinder?
So sicher wie Mutter Jovic bei dieser Aussage, sind bei Weitem nicht alle Eltern von Zwillingspaaren. Immer wieder werden zu diesem Thema Studien gemacht. 2004 veröffentlichte die Universität Cambridge eine Vergleichsstudie, die herausfinden konnte, wie sich die Trennung von Zwillingen und Aufteilung auf unterschiedliche Klassen der gleichen Stufe auf deren Verhalten, den schulischen Fortschritt und die Lesefähigkeit auswirkt.
„Im Vergleich zu den nicht getrennten Kindern hatten die früh (ab dem Alter von fünf Jahren, Anm. d. Red.) getrennten Kinder deutlich mehr von den Lehrern bewertete Internalisierungsprobleme, und die später getrennten Kinder zeigten mehr Internalisierungsprobleme und schlechtere Lesewerte. Eineiige Zwillinge zeigten infolge der Trennung mehr Probleme als zweieiige Zwillinge“, so das Ergebnis der Studie.
Hamburger Zwillings-Eltern entschieden sich für die katholische Schule
Intuitiv folgte die Familie aus Billstedt-Horn dieser Essenz. Nie wurden die beiden getrennt: nicht in der Kita, bei der sie auf ein offenes Konzept ohne feste Gruppen setzten, nicht in der Grundschule. Laijana und Milijana sind heute zehn Jahre alt und gehen bald in die fünfte Klasse der katholischen Sankt-Ansgar-Schule in Hamburg-Borgfelde. „Sie haben und hatten schon immer eine enge Bindung zueinander, dass sie weiter gemeinsam in eine Klasse gehen können, das hatte für uns Priorität“, so die Mutter, die selbst auf eine katholische Schule in Hamburg ging und besonders schöne Erinnerungen hat.
Heute arbeitet sie zudem als Pfarrsekretärin der Gemeinde St. Paulus, Apostel der Völker, ist aktuell jedoch in Elternzeit, um den anderthalbjährigen Bruder Thiago zu versorgen.
Zum pädagogisch-organisatorischen Umgang mit Zwillingen bei der Einschulung kann man aus Sicht der Schulbehörde sagen, „it depends“, also es hängt immer vom Einzelfall ab. Ausschlaggebend für eine gemeinsame oder getrennte Beschulung ist erfahrungsgemäß zum einen der Wunsch der Eltern oder auch der Wunsch der Kinder, zum anderen die geplante Klassenzusammensetzung.
„Auch die Eindrücke aus dem viereinhalbjährigen Vorstellungsverfahren und/ oder die pädagogische Einschätzung der Vorschullehrkraft dürften eine Rolle spielen, wie die Schule die Eltern diesbezüglich berät. Oft ist es so, dass die Eltern der Einschätzung der Grundschule viel Vertrauen schenken“, sagt Claudia Pittelkow aus der Kommunikationsabteilung der Schulbehörde. „Vor dem Beginn der fünften Klasse können beide Seiten schon auf eine vierjährige Grundschulerfahrung zurückgreifen und sind sicherer bei der Entscheidungsfindung als in der Grundschule. Unserer Erfahrung nach kommt bei der Anmeldung zur weiterführenden Schule alles vor: von gemeinsamer Beschulung in einer Klasse bis zur Anmeldung an verschiedenen Schulen.“
Streit zu Hause? Na klar. Aber im Unterricht getrennt werden? Große Traurigkeit!
Zusammen weiter in Klasse fünf geht es für Laijana und Milijana nach vier Jahren Grundschule. Warum trennen, wenn die Kinder es nicht möchten? Beide sind gern beieinander, „wir haben gemerkt: die brauchen sich“, formuliert es die Mutter. „Wenn eine krank war, dann hat sie immer an die andere gedacht, gefragt, was sie jetzt in der Grundschule wohl macht, richtig mitgefühlt“, beschreibt Jovic.
Beim Sport, da seien sie von einer Lehrerin mal extra in gegnerische Mannschaften eingeteilt worden und hätten durch Tauschen sofort versucht, ins Team der anderen zu wechseln, was zu Ärger geführt hätte. „Wir haben natürlich zu Hause darüber gesprochen, aber sie spielen nun einmal sehr ungern gegeneinander.“
Gemeinsam habe sich das Mädels-Duo nun auch schon für die zusätzliche Sprache Spanisch ab Klasse sechs entschieden, die katholische Schule Sankt-Ansgar trägt diese Haltung und Entscheidung der Familie Jovic, die Mädchen nicht durch unterschiedliche Klassen voneinander zu trennen, gern mit.
Apropos: Gestritten wird dann wohl nie? Da muss Mutter Jovic laut lachen. „Zu Hause gibt es oft wegen Kleinigkeiten Streit, sie werden laut und hauen sich auch mal“, erzählt sie. „Wenn ich dann komme und den Krach schlichten will oder zu Erklärungen ansetze, bin ich auch mal der Buhmann, und schnell ist alles wieder vergessen.“
Die eine liebt Röcke, die andere mag reiten. Schwarz geht gar nicht und Fußball immer, so die andere
Denn auch wenn Laijana und Milijana eineiige Zwillinge sind und sich zum Verwechseln ähnlich sehen, sind sie charakterlich doch sehr verschieden: Laijana ist sehr sportlich, mag Fußball und weigert sich, Kleider oder eng anliegende Hosen zu tragen. Ihre Schwester hingegen trägt gerne Lederimitathosen, feminine Röcke und Farben.
Ebenso bei der Wahl der Jugendranzen, die sie nun für die fünfte Klasse brauchen, haben sich die Schwestern für völlig unterschiedliche Modelle entschieden. Glücklicherweise seien die mit 150 Euro etwas günstiger gewesen als die Ausrüstung mit Schulranzen und Co. bei der Einschulung in die Grundschule, dennoch stößt die Familie finanziell an ihre Grenzen. „Jetzt zum Schuljahresbeginn brauchen sie wieder viel Ausrüstung, besonders Schuhe. Turnschuhe, Hallenschuhe, Hausschuhe, Gummistiefel, Schwimmschuhe, alles mal zwei, und sie haben mittlerweile eigene Vorstellungen davon, was sie gern tragen möchten“, so die Mutter.
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So weit es geht, lassen die Eltern Jovic ihren Töchtern die Entscheidungsfreiheit und erfüllen Wünsche: sei es die gewünschte Schuhmarke, das gemeinsames Reiten in der Freizeit in Curslack oder eben der Besuch derselben fünften Klasse.