Hamburg. Bis zu 40 Prozent mehr Neuanmeldungen. Was Eltern und Schüler an ihnen schätzen und welche Einrichtungen die Spitzenreiter sind.
Von diesen Wachstumszahlen kann die katholische Kirche nur träumen: 40 Prozent mehr Neuanmeldungen kann die Sankt-Ansgar-Schule in Borgfelde im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen. Während immer mehr Menschen aus der Kirche austreten, sind katholische Schulen in diesem Jahr besonders gefragt, auch konfessionsübergreifend. Eltern schätzen vor allem die Gemeinschaft und Fürsorge, die den Kindern und Jugendlichen zukomme. Eine Schülerin sagt, sie fühle sich dort ernst genommen.
Die Sankt-Ansgar-Schule konnte in diesem Jahr den stärksten Zulauf verzeichnen. „Wir hatten 145 Anmeldegespräche und haben am Ende 116 Kinder aufgenommen für vier neue fünfte Klassen“, sagt Stephanie Filip, die stellvertretende Schulleiterin. „Es ist ja insgesamt ein geburtenstarker Jahrgang, der da kommt. Es ist aber an den katholischen Schulen ein besonders deutlicher Anstieg zu verzeichnen“, sagt Filip.
Katholische Schulen in Hamburg sind in diesem Jahr beliebt – auch konfessionsübergreifend
„Wir haben Nachfrage nach Bildung, die über die Vermittlung von Wissen hinausgeht, sondern den ganzen Menschen im Blick hat“, sagt Filip. „Wir legen auf unseren Schulen schon großen Wert auf das Miteinander, auf eine Gemeinschaft, in der sich jeder einzelne Heranwachsende frei entfalten kann.“ Die Nachfrage wachse außerdem nicht nur bei Katholiken. Gut die Hälfte der Schülerinnen und Schüler der Sankt-Ansgar-Schule sei katholisch, der Rest habe eine andere Konfession oder sei konfessionslos.
Theresa Boadi besucht die 10. Klasse der Sankt-Ansgar-Schule. Ihr gefällt vor allem die Möglichkeit zur Selbstständigkeit an der Einrichtung. „Es gibt ganz viele Clubs und AGs, die von Schülern geleitet werden“, sagt die 16-Jährige. „Dass die Schüler und Lehrer sich gegenseitig ernst nehmen, finde ich sehr wichtig und gut.“ Ihre Familie sei schon immer christlich gewesen, zur zweiten Klasse ist sie dann von einer staatlichen auf eine katholische Grundschule gewechselt und später auf die Sankt-Ansgar-Schule. „Wäre die Sankt-Ansgar nicht katholisch, dann würde ich auch nicht auf eine Privatschule gehen“, sagt sie.
Hamburger Mutter: „Man fühlt sich dort nicht wie irgendeine Nummer“
Auch die beiden zehnjährigen Söhne von Julia Behechtnejad gehen auf die Sankt-Ansgar-Schule. „Insgesamt herrscht da ein sehr angenehmer Ton, es ist sehr familiär, und man fühlt sich gut abgeholt“, sagt Behechtnejad. Die finale Entscheidung haben letztendlich die Kinder selbst getroffen, nachdem sie sich mehrere Schulen, auch staatliche, angesehen haben. „Man fühlt sich dort nicht wie irgendeine Nummer, sondern es war sehr persönlich am Tag der offenen Tür“, sagt Behechtnejad. Warum gerade jetzt so viele Menschen ihre Kinder an katholischen Schulen anmelden, könne sie sich nicht erklären. „Aber ich habe von vielen Familien, die auch beim Tag der offenen Tür waren, gehört, dass es toll organisiert war und superviel Werbung für die Schule gemacht wurde.“
Auch die Sophie-Barat-Schule im Stadtteil Rotherbaum konnte ihre Anmeldezahlen in diesem Jahr deutlich steigern. Vergangenen Sommer wurden 136 Fünftklässler neu angemeldet – 36 mehr als im Vorjahr. Auch die Kinder von Birgit Steves gehen auf die Sophie-Barat-Schule. „Wir haben drei Kinder im Alter von 14, 17 und 19 Jahren, die gehen alle auf die Sophie-Barat-Schule, wobei die Älteste gerade Abi gemacht hat.“ Die 53-Jährige ist selbst im Elternrat tätig und hat sich vor allem wegen der Werte, die dort vermittelt werden, für diese Schule entschieden. „Mich hat sehr überzeugt, dass sich um jedes einzelne Kind gekümmert wird, zum Beispiel wenn Schwierigkeiten in Fächern auftreten“. Steves hätte sich zwar vorstellen können, ihre Kinder auf eine nicht katholische Schule zu schicken, Werte wie Gemeinschaft, Fürsorge und Zugehörigkeit seien für sie jedoch stark mit dem Glauben verbunden.
Insgesamt weniger Schüler auf katholischen Schulen in Hamburg
2022 sind mehr als eine halbe Million Menschen aus der katholischen Kirche ausgetreten – ein Rekord. Die hohe Anzahl von Neuanmeldungen an den Schulen widerspricht jedoch nicht den sinkenden Mitgliedszahlen der Kirche, sagt Stevens. Die Vielzahl an Austritten sei auch auf die Kirchensteuer zurückzuführen. „Der übergeordnete Gedanke der katholischen Kirche besteht ja darin, dass man die christlichen Werte vertritt, und ich glaube, dass die Gesellschaft ein großes Bedürfnis nach Gemeinschaft und Zugehörigkeit hat, denn die Zeiten sind gerade sehr herausfordernd.“
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Trotz vieler Neuanmeldungen gehen in diesem Jahr insgesamt weniger Schüler auf katholische Schulen in Hamburg. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl um 35 auf 6208. Der Hintergrund: Aus finanziellen Gründen wird das Niels-Stensen-Gymnasium in Harburg im Sommer 2025 geschlossen. Auch der Stadtteilschulzweig der Katholischen Schule Harburg wird dichtgemacht.
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