Hamburg. Bis Juli 2024 starben bereits genauso viele Fußgänger auf Hamburgs Straßen wie 2023. Was der häufigste Grund für die tödlichen Vorfälle ist.
Es war ein tragischer Unfall, der Mitte Februar ein Kind das Leben kostete. In Neuallermöhe erfasste ein HVV-Linienbus an einer Haltestelle einen neun Jahre alten Jungen. Das Kind wurde überrollt und so schwer verletzt, dass nur noch sein Tod festgestellt werden konnte.
Der tödliche Verkehrsunfall ist einer von mittlerweile 20 Verkehrsunfällen, bei denen in Hamburg in diesem Jahr ein Mensch sein Leben verlor. Hamburg steuert damit auf einen für die letzten Jahre hohen Stand bei den Unfalltoten zu.
Verkehr Hamburg: Schon 20 Unfall-Tote in diesem Jahr – was häugiste Ursache war
Zuletzt hatte es 2012 mehr als 30 Tote durch Verkehrsunfälle in der Hansestadt gegeben. Besorgniserregend ist, dass in diesem Jahr bereits so viele Fußgänger (sieben) bei Verkehrsunfällen ums Leben kamen wie im gesamten vergangenen Jahr.
„Die Verkehrsunfälle, bei denen ein Verkehrsteilnehmer in diesem Jahr um Leben kam, sind als sehr unterschiedlich gelagerte Einzelfälle zu werten“, sagt Polizeisprecher Holger Vehren. „Jeder dieser tragischen Fälle ist eine Kombination aus verkehrlichen Konflikten und Verhaltensweisen, welche sich nicht wiederholen und welche nicht untereinander zu vergleichen sind.“
Polizei Hamburg: Meistens ist Fehlverhalten Ursache für einen tödlichen Unfall
Festzustellen aus Sicht der Polizei sei, dass ein Großteil der Unfälle mit Todesfolge durch individuelles Fehlverhalten verursacht worden ist. „Beispielhaft wurde in fünf Fällen die Fahrbahn durch Fußgänger unachtsam betreten“, so Vehren.
Wie in den Vorjahren sind Fußgänger und Radfahrer bei den Verkehrstoten überrepräsentiert, ihr Anteil beträgt rund 70 Prozent, da sie im Vergleich beispielsweise zu Autofahrern ungeschützt sind. Das zeige sich an der hohen Zahl der Kopfverletzungen, die diese tödlich Verunglückten erlitten hatten. Vehren: „Die Ursachen liegen hier oftmals in einer unkonzentrierten Teilnahme am Straßenverkehr.“
Hamburg: Die Hälfte der Verkehrstoten in 2024 ist über 65 Jahre alt
Unter den getöteten Personen sind zehn Senioren, die über 65 Jahre alt waren. „Sie verletzten sich aufgrund ihrer körperlichen Verfassung schneller und schwerer“, so Vehren.
Wie schlecht verhinderbar Verkehrsunfälle sind, zeigte sich am 5. März in Tonndorf. Dort hatte eine 70-Jährige ohne erkennbaren Grund starr Gas gegeben, als sie mit ihrem Honda aus einer Waschanlage fuhr. Der Wagen prallte gegen einen Stahlträger. Die Fahrerin erlitt tödliche Verletzungen.
Jungfernstieg: Tödlicher Unfall sorgte bundesweit für Aufsehen
Für überregionales Aufsehen sorgte der Unfall im Bereich Jungfernstieg, bei dem Anfang Juli ein 39 Jahre alter Mitarbeiter der Hochbahn an der Ecke zum Ballindamm getötet wurde. Der erst 18 Jahre alte Fahrer eines über 600 PS starken AMG Mercedes hatte die Kontrolle über das Fahrzeug verloren, das durch die Bestuhlung eines Restaurants raste, mit einem Transporter kollidierte und in den Eingang der dortigen Haspa schleuderte. Der Hochbahnmitarbeiter, ein Busfahrer, war von dem nach vorn katapultierten Transporter erfasst und getötet worden. Die Unfallermittlungen, an denen auch ein Sachverständiger beteiligt ist, sind noch nicht abgeschlossen.
Hoch ist in diesem Jahr auch die Zahl der getöteten Motorradfahrer. Bislang kamen drei Biker ums Leben. Im gesamten vergangenen Jahr waren es vier. Erst vor wenigen Tagen starb ein 25-Jähriger, der auf der Helgoländer Allee nahe den Landungsbrücken mit seiner Maschine in einen geparkten Bus gerast war. Von den getöteten Motorradfahrern war das älteste Todesopfer 26 Jahre alt. Jungen Fahrern wird eine höhere Risikobereitschaft nachgesagt.
Verkehr Hamburg: Jeder tödliche Unfall wird von der Polizei genau analysiert
Die Polizei analysiert jeden tödlichen Verkehrsunfall genau. Die Unfallkommissionen betrachten nach Vehrens Worten alle Unfälle mit einem getöteten Beteiligten im ganzheitlichen „Kontext der präventiven und repressiven polizeilichen, straßenverkehrsbehördlichen und straßenbaulichen Maßnahmen“. Dazu werde täglich die Unfallentwicklung im Lage- und Einsatzzentrum „Verkehr“ der Polizei ausgewertet, um dann Maßnahmen zu ergreifen.
Dazu würden Im Rahmen des Verkehrssicherheitskonzeptes „Mobil. Aber sicher!“ über das gesamte Jahr zielgerichtet Überwachungsmaßnahmen zu den Hauptunfallursachen durchgeführt.
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Auch bei der Präventionsarbeit ist die Polizei laut Vehren „breit aufgestellt“. „Speziell für die Altersgruppen der Kinder und der Senioren wird eine Vielzahl an Aktionen durchgeführt. Es wird für jede Verkehrsbeteiligungsart individuell sensibilisiert, was die eigene Teilnahme am Straßenverkehr noch sicherer macht“, sagt Vehren. Weitere Themen wie Alkohol und Drogen, Geschwindigkeit oder die Besonderheiten beim Nutzen von E-Scootern würden durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit in das Bewusstsein der Hamburger gebracht.
Tatsächlich ist die Zahl der Verkehrstoten in Hamburg über die Jahrzehnte stark zurück gegangen. 1970 starben auf Hamburgs Straßen noch 379 Menschen, darunter 40 Kinder unter 15 Jahren. Das ist eine heute unvorstellbare Zahl.