Hamburg. Kosten für Touren stiegen zuletzt deutlich. Wie der Anbieter die neuen Preise erklärt und ob der Kunde die „Katze im Sack“ kauft.
Bei Touristinnen und Touristen erregen die goldenen, elektrisch betriebenen Busse regelmäßig Aufsehen: Der Mobilitätsanbieter Moia ist nämlich ausschließlich in Hamburg und Hannover tätig. Die hundertprozentige Volkswagentochter bedient eine Nische zwischen Individualverkehr und ÖPNV, das sogenannte On-Demand- Ridepooling. Verkürzt gesagt betreibt Moia Sammeltaxis, die sich per App buchen und bezahlen lassen.
Der womöglich größte Vorteil gegenüber einem Taxi: der Preis. Doch eben der erhitzt nun die Gemüter der Fahrgäste, wie eine ausgelassene Diskussion auf der Plattform Reddit zeigt. Viele Dutzend Kommentare sprechen hier weitgehend dieselbe Sprache. „Wie kann sich Moia erlauben, die Preise so anzuziehen?“, schreibt einer. Für eine Strecke, die ihn zuvor 9 oder 10 Euro gekostet habe, zahle er nun 17 Euro. „Da ist ja Taxi mittlerweile günstiger.“
Ein weiterer Fahrgast schreibt: „Ich hab mal nachgeschaut: für eine Fahrt zum Tierarzt, Moia 22,45 Euro, Taxi 24,60 Euro. Da gönn ich mir doch das Taxi“. In einem weiteren Beitrag berichtet ein Fahrgast, für eine bestimmte Strecke im Jahr 2019 noch 9 Euro bezahlt zu haben und nun 26 Euro zu blechen.
Moia hat in Hamburg die Preise angezogen – Fahrgäste sind empört
Und tatsächlich, auch das Unternehmen bestätigt, die Preise angezogen zu haben. „Angesichts des allgemein gestiegenen Preisniveaus in fast allen Bereichen und gestiegenen Personalkosten haben sich in den letzten anderthalb Jahren unsere Betriebskosten erhöht“, sagt ein Sprecher des Unternehmens. Deshalb habe Moia diesen erwartbaren Schritt vollzogen. Die Preise des Mobilitätsanbieters bewegen sich im „Korridor“ zwischen ÖPNV und Taxi, sagt der Unternehmenssprecher.
Steigen die Preise für Taxifahrten oder HVV-Tickets – beides war zuletzt der Fall –, kann Moia ebenfalls anziehen. Wie stark die Preise im Vergleich zum Vorjahres- beziehungsweise Vor-Corona-Niveau tatsächlich gestiegen sind, will das Unternehmen „im Hinblick auf den Wettbewerb“ aber nicht öffentlich machen. Der durchschnittliche Preis für eine Moia-Fahrt liege bei 8 bis 9 Euro.
Den größten Kostenpunkt des Anbieters dürfte das Personal ausmachen. Weil für die Beschäftigten erst kürzlich ein neuer Tarifabschluss erstritten wurde, klettern die Ausgaben hier weiter. Derzeit zählt Moia mehr als 900 Fahrer in Hamburg, die in 330 vollelektrischen Fahrzeugen unterwegs sind. Schon seit zwei Jahren und bald auch auch im Testbetrieb mit Kunden, testet Moia ein fahrerloses Angebot.
Verkehr Hamburg: Dynamische Preise bei Moia
So einfach lassen sich Moias Fahrtpreise nicht nachvollziehen, denn das Unternehmen arbeitet mit sogenannten dynamischen Preisen, wie es etwa auch beim Beförderungsvermittler Uber der Fall ist. Dynamisch bedeutet hier: Die Fahrtkosten hängen von der Entfernung, der Uhrzeit und der Nachfrage ab und liegen irgendwo zwischen Taxi und öffentlichem Nahverkehr – zu dem Moia in Hamburg seit Anfang 2023 offiziell gehört.
Angebot und Nachfrage: Je mehr Menschen gerade eine Moia-Fahrt buchen, desto teurer wird sie. Insbesondere am Morgen zwischen 8 und 9 Uhr und abends rund um 18 Uhr ruft Moia in der Regel höhere Preise auf, heißt es vom Unternehmen. Gleiches gelte für Freitag- und Sonnabendnacht oder im Falle von Großveranstaltungen.
In den Beförderungsbedingungen ist festgehalten, welche Parameter den Reisepreis beeinflussen. Demzufolge zahlen Moia-Kunden eine feste Grundgebühr von 4 Euro, dazu kommen 2 Euro für einen zweiten und 1 Euro für jeden weiteren Fahrgast. Zusätzlich erhebt das Unternehmen einen variablen Aufschlag, den „Komfortzuschlag“. Dieser wird unter anderem beeinflusst von: Wochentag und Uhrzeit, Fahrtdauer, Wetter, Verkehrslage, Personenzahl und Auslastung der Moia-Flotte.
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Wer eine Fahrt vorab reserviert oder eine Expressfahrt bucht, zahlt noch mal drauf. Wichtig ist dem Unternehmen jedoch, dass personenbezogene Merkmale der Fahrgäste den Preis nicht mitbestimmen. Wohnort, Alter oder bei der Buchung genutztes Endgerät beeinflussen den Fahrtpreis nicht.
Trotz kletternder Preise gibt es Nutzergruppen, für die sich eine Moia-Fahrt vor allem im Vergleich zum Taxi lohnen dürfte. Weil Moia als ÖPNV gilt, dürfen schwerbehinderte Menschen kostenlos fahren, außerdem ist die Rollstuhlmitnahme gratis. Ebenfalls ohne Aufpreise fahren Kinder bis 14 Jahre in Begleitung ihrer Eltern.
Verbraucherzentrale: Moia-Nutzer wissen vor der Abfahrt, was sie zahlen
Dynamische Preise gibt es nicht nur bei Moia. Auch Hotels, Reise- und Fluganbieter sowie eine Vielzahl von Onlineshops nutzen die Preisstrategie. Die Verbraucherzentrale Hamburg begründet die Entwicklung damit, dass es heute im Vergleich zu früher schlichtweg möglich sei, auf nachfragebasierte, dynamische Preissysteme zu setzen. Einerseits würden heute viele Services per App angeboten, sodass je nach Nutzer ein unterschiedlicher Preis angezeigt werden könne. Andererseits könnten die Anbieter viel schneller und genauer Daten zur Marktsituation erheben und in Preisanpassungen umsetzen.
Was die dynamischen Preise von Moia angeht, ist einer Sprecherin der Verbraucherzentrale aber Folgendes wichtig: „Vor der Fahrt weiß der Kunde ja, was sie kosten wird – und das ändert sich nach der Buchung auch nicht“, sagt sie. Hier kauft also niemand die Katze im Sack. Auch hat die spezifische Verkehrssituation während der Fahrt keinen Einfluss mehr auf den Preis.