Hamburg. Gruß der türkischen Bewegung „Graue Wölfe“ treibt Blüten. In Hamburg steigt die Zahl der Anhänger ausländischer extremistischer Gruppen.

In Hamburg ist die Zahl der Anhänger ausländischer extremistischer Vereinigungen laut Verfassungsschutz im vergangenen Jahr leicht gestiegen – und zwar aufgrund eines Zuwachses bei den rechtsextremistischen türkischen Strömungen. Ende vergangenen Jahres wurden in der Hansestadt 115 Personen diesem Kreis zugerechnet, wie der Sprecher des Landesamtes für Verfassungsschutz, Marco Haase, der Deutschen Presse-Agentur sagte. „Das Sympathisantenumfeld lag allerdings mit mehreren Hundert Personen nach wie vor deutlich höher.”

Als deutsche Vertretung der nationalistisch-rechtsextremistischen MH, die in der Türkei mit der AKP von Präsident Recep Tayyip Erdoğan regiert, gelte die Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland (ADÜTDF), die in der Hansestadt durch das türkische Kulturzentrum Hamburg vertreten werde. Ihre Anhänger bezeichneten sich als „Ülkücü” – auf Deutsch „Idealisten” – oder „Bozkurt” („Graue Wölfe”).

„Die Bezeichnungen ‚Ülkücü‘ und ‚Bozkurt‘ stehen letztlich immer für denselben Personenkreis türkischer Nationalisten”, sagte Haase. Ihre Ideologie sei von der Idee einer ethnischen und kulturellen Verbundenheit aller Turkvölker und daraus resultierenden Gebietsansprüchen – dem Turanismus oder Panturkismus – geprägt. Sie stünden ferner für eine türkische Auslegung des sunnitischen Islam und eine ausgeprägte Kurdenfeindlichkeit.

Extrem rechte Strömungen mobilisieren für „europäisches Türkentum”

„Die Anhänger der Ülkücü-Bewegung tragen politische und historisch begründete Konflikte aus der Türkei seit jeher auch in Deutschland aus und entwickelten sich in den vergangenen Jahren zu einer zunehmend international agierenden Bewegung”, sagte Haase. Je mehr sich innenpolitische, wirtschaftliche und soziale Konflikte in der Türkei verschärften, desto deutlicher würden sie auch innerhalb der türkischstämmigen Gesellschaft in Deutschland. „Durch die Auseinandersetzung mit nationalen Themen in der Türkei erhalten extrem rechte Strömungen einen neuen Aufwind und mobilisieren auch hierzulande für ein ‚europäisches Türkentum‘.”

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Mit ihren Aktivitäten hielten sie sich hierzulande meist bedeckt. Vorwiegend handele es sich um interne Veranstaltungen wie Vorträge oder Konzerte. „Die ADÜTDF bemüht sich darum, sich als eine Art ‚Familienverband‘ zu präsentieren. Mit kulturellen Veranstaltungen und Festen soll die sogenannte türkische Identität ausgelebt und für alle zugänglich gemacht, ein Wirgefühl geschaffen und so eine Distanz zur deutschen Gesellschaft gehalten werden”, sagte Haase. 

Seriöses Auftreten: Mitglieder sollen sich an Landesgesetze halten

Den Verantwortlichen sei eine seriöse Außendarstellung wichtig. „Die Mitglieder werden angewiesen, sich an die bestehenden Gesetze ihrer Länder zu halten und sich nicht vom politischen Gegner – in erster Linie der PKK – provozieren zu lassen”, sagte er.

Bündnisse und Kooperationen der Ülkücü-Bewegung gebe es auch mit AKP-nahen Vertretern der Union Internationaler Demokraten (UID), den Moscheegemeinden der DITIB und der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs, die aber allesamt keine Beobachtungsobjekte des Hamburger Verfassungsschutzes seien. Im Gegensatz zur rechtsextremistischen „Ülkücü“-Bewegung, die vom deutschen Verfassungsschutz beobachtet wird.

Wegen Wolfsgruß: Bremen verbietet Schweigefuchs in Kitas

Ein Erkennungszeichen der Bewegung, der sogenannte Wolfsgruß, war hierzulande zuletzt bei den Spielen der Fußball-EM unter Beteiligung der Türkei vermehrt von türkischen Fans gezeigt worden, nachdem Nationalspieler Merih Demiral bei der Partie gegen Österreich wegen der Handgeste gesperrt worden war. Beim Wolfsgruß formen Zeige- und kleiner Finger die Ohren, die restlichen das Maul.

Dass genau diese Geste dem im Erziehungsbereich verbreiteten „Schweigefuchs“ ähnelt, hat derweil sogar zu einer ungewöhnlichen Maßnahme auf Länderebene geführt: So verbietet die Bremer Bildungsbehörde inzwischen die Verwendung des „Schweigefuchses“ an Schulen und Kindertagesstätten des Stadtstaats. Grund sei die Verwechslungsgefahr des Handzeichens mit dem Gruß der „Grauen Wölfe“, wie der „Weser Kurier“ zuerst berichtete.

Der „Schweigefuchs“, mit dem Kinder zur Ruhe angehalten werden sollten, sei ob seiner „reglementierenden Art“ ohnehin nicht mehr zeitgemäß, wie eine Sprecherin der Bremer Bildungssenatorin der Zeitung sagte. Die schwierige Abrenzung von dem „Wolfsgruß“ habe das Verbot demnach quasi beschleunigt. Der „Wolfsgruß“ sei mit den Werten des städtischen Eigenbetriebs Kita Bremen „absolut unvereinbar“, so die Sprecherin. Für Hamburg ist ein solches Verbot des „Schweigefuchses“ bislang nicht bekannt.