Hamburg. Senat soll handeln. Fraktionschefin Özdemir bekam schon Morddrohungen. Sie wirft Innenministerin „unerträgliche Hinhaltetaktik“ vor.
Die Hamburger Linksfraktion will Druck auf die Bundesregierung ausüben, die rechtsextremistischen Grauen Wölfe auch in Deutschland zu verbieten. Seit der mittlerweile deswegen gesperrte türkische Nationalspieler Merih Demiral im Spiel gegen Österreich den sogenannten Wolfsgruß gezeigt hat, diskutiert ganz Deutschland über die rechtsextreme Organisation. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat die Geste zwar verurteilt. Doch passiert ist seit dem einstimmigen Beschluss des Bundestags vor fast vier Jahren, ein Verbot der Grauen Wölfe zu prüfen, im Innenministerium wenig, kritisiert Cansu Özdemir, Fraktionsvorsitzende der Linken in der Hamburger Bürgerschaft.
Sie wirft der Bundesregierung eine bewusste „Hinhaltetaktik“ vor. Mit Rücksicht auf die Beziehungen der Bundesregierung zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan verschleppe das Bundesinnenministerium, das für das Verbotsverfahren zuständig ist, die Prüfung. „Die Bundesregierung hat Angst, in den Konflikt zu gehen“, sagt Özdemir. „Das könnte sehr viel schneller gehen.“
Rechtsextremismus: Graue Wölfe – Bedrohung auch in Hamburg
Es mehrten sich die Hinweise, dass Erdogan mit seinem kurzfristig angekündigten Besuch in Berlin beim Viertelfinalspiel der türkischen Fußballmannschaft gegen die Niederlande am Sonnabend die Debatte um den Wolfsgruß anfeuern wolle. Diese Geste gilt als Erkennungsgeste der türkischen Grauen Wölfe, die als rechtsextremistisch eingestuft werden. Auf X (vormals Twitter) gibt es Aufrufe an türkische Fans, beim Abspielen der Nationalhymne vor Beginn des Spiels massenhaft den Wolfsgruß zu zeigen. „Das ist eine Machtdemonstration Erdogans“, ist Özdemir überzeugt. Seine AKP arbeitet in der Türkei mit der extrem rechten MHP zusammen, die als parlamentarischer Arm der Grauen Wölfe gilt.
Weder die Organisation noch der Gruß sind bisher in Deutschland verboten. Die Grauen Wölfe werden allerdings vom Verfassungsschutz beobachtet. Ihre Ideologie wird von deutschen Behörden als extrem nationalistisch, antisemitisch und rassistisch eingestuft. Zu ihren Feindbildern gehören insbesondere Kurden, Juden, Armenier und Christen, da sie von der Überlegenheit der türkischen Nation überzeugt sind.
Cansu Özdemir erhielt Morddrohungen
Cansu Özdemir selbst, die einen kurdischen Hintergrund hat, erhielt Morddrohungen – wie sie berichtet, „seit dem ersten Tag meiner Wahl“. Ihre Arbeit in der Bürgerschaft werde eng verfolgt. „Man fängt dann an, anders zu leben“, sagt sie. Sie poste Beiträge in den sozialen Medien, die mit einem bestimmten Ort verbunden sind, immer erst dann, wenn sie wieder weg ist. „Ich sehe eine große Bedrohung für alle, die in das Feindbild der Grauen Wölfe passen.“ Sie selbst ist vorsichtig, meide bestimmte Orte, wenn sie allein ist. Eine Veranstaltung beispielsweise musste abgesagt werden. „Das schränkt meine Arbeit als deutsche Abgeordnete ein.“
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In dem Antrag an die Bürgerschaft will die Linksfraktion nun den Senat dazu auffordern, „sich auf Bundesebene gegenüber dem Bundestag, dem Bundesrat und der Bundesregierung dafür einzusetzen, ein Verbotsverfahren gegen die Grauen Wölfe und ihre Vereinigungen einzuleiten“.
Rechtsextremismus, Linke für Verbot: „Graue Wölfe heulen auch in Hamburg“
Die Bundesinnenministerin verkenne, dass nicht nur die UEFA, sondern auch sie selbst in der Verantwortung sei, so Özdemir. „Sie kann und muss endlich handeln!“ Seit fast vier Jahren werde ein Verbot der Grauen Wölfe verschleppt. Erst diese „unerträgliche Hinhaltetaktik macht es doch erst möglich, dass ein türkischer Nationalspieler vor einem Millionenpublikum den Wolfsgruß zeigen kann, ohne juristische Konsequenzen befürchten zu müssen“. Die Grauen Wölfe verfolgten Oppositionelle und Erdogan-Kritiker, seien für Hunderte politischer Morde in der Türkei verantwortlich, mordeten auch in Deutschland – „doch die Gefahr, die von ihrer Ideologie ausgeht, wird komplett ignoriert“, so die Linken-Politikerin.
In ihrem Antrag fordert die Linke auch, das Zeigen der Symbole der Grauen Wölfe unter Strafe zu stellen. Zudem müsse die Waffenbehörde angewiesen werden, Mitglieder der Grauen Wölfe zu entwaffnen. Denn: „Die Grauen Wölfe heulen auch in Hamburg – mit eigenem Verein, eigenem Netzwerk, eigenen politischen Aktivitäten.“