Hamburg. Es geht um 27 Meter – und doch um ganz Hamburg: Beim Bewohnerparken wurde gegen Vorgaben verstoßen. Was das Urteil für Anwohner bedeutet.

Das Anwohnerparken sorgt seit seiner Einführung für Diskussionen, auch in Hamburg. Während es die Suche nach Parkplätzen aus Sicht der Behörde für die Betroffenen entspannt, beklagen etwa Handwerker oder Pflegedienste, dass sie in Gebieten des Bewohnerparkens sehr viel für das Parken bei Kunden bezahlen müssen. Nun hat die Stadt zu dem Thema eine nicht ganz unbedeutende Niederlage vor Gericht kassiert.

Das Verwaltungsgericht Hamburg entschied jetzt konkret, dass das Bewohnerparkgebiet am Grindelhof (E301) nicht den rechtlichen Vorgaben entspricht. Geklagt hatte ein Anwohner, der u.a. darauf verwies, dass das nachträglich durch Überlappungszonen ausgeweitete Gebiet größer sei, als es die bundesrechtlich vorgegebene Maximalausdehnung von einem Kilometer erlaube.

Die Richter sahen hier ebenfalls einen Verstoß der Stadt gegen die Vorgaben. Zudem sei das Gebiet nicht klar genug definiert, da es nachträglich durch Überlappungszonen ausgeweitet worden sei und nun quasi niemand genau wisse, wo denn die Grenzen lägen. Das Vorgehen der Stadt verstoße gegen die „Vorgabe eines hinreichend bestimmten Bewohnerparkgebiets“.

Anwohnerparken Hamburg: Das Gebiet am Grindelhof wurde nicht genau genug definiert

Durch unterschiedliche und widersprüchliche Grenzziehungen von Polizei und Landesbetrieb Verkehr bleibe die Frage offen, „welcher Teil der Erdoberfläche zum Bewohnerparkgebiet E301 Grindelhof zählen soll“, so die Richter. Die Stadt überschreite „die Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens“ dadurch, „dass sie die Regelung des ruhenden Verkehrs mit Bewohnerparkvorrecht aufrechterhält, ohne dieses auf ein hinreichend bestimmtes und begrenztes Bewohnerparkgebiet zu beziehen“. Mithin: Der Senat hat es versäumt, das Gebiet klar zu begrenzen und sich dabei an die Vorgaben zu halten.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Laut Verkehrsbehörde prüfe man im Senat derzeit, ob man gegen die Entscheidung in Berufung gehen werde. Eine Konsequenz aus dem Urteil aber will die Stadt bereits jetzt ziehen. Sie strebt eine Änderung der bundesgesetzlichen Vorgaben zur maximalen Größe von Bewohnerparkgebieten an. Beim Zuschnitt von Bewohnerparkgebieten sehe die allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (StVO) derzeit „Seitenlängen der Bewohnerparkzonen von 1000 mal 1000 Metern vor“, so Behördensprecher Dennis Krämer.

„Leider wird dieser Zuschnitt auch in Hamburg den geografischen Gegebenheiten und lokalen Bedürfnissen der Menschen vor Ort sehr oft nicht gerecht.“ Deshalb setze sich Hamburg nun auf Bundesebene verstärkt dafür ein, „dass der sehr starre und restriktive Rechtsrahmen im Interesse der betroffenen Menschen flexibilisiert wird, um die Zonen so mehr an die Notwendigkeiten vor Ort und die Lebenswirklichkeit in den Quartieren anpassen zu können“.

Verkehr Hamburg: Stadt will Vorgaben ändern und Maximalfläche vergrößern

Bereits im November 2022 habe sich die Verkehrsministerkonferenz dem Hamburger Vorschlag einer praxisgerechteren Anpassung des Zuschnitts auf 1500 mal 1500 Meter angeschlossen, so Krämer. „Mit der nächsten Novelle des Straßenverkehrsrechts sollte der Bund diesen Vorschlag in die allgemeine Verwaltungsvorschrift der StVO aufnehmen.“

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Das Urteil des Verwaltungsgerichts zum Grindelhof „verdeutlicht die Notwendigkeit, Bewohnerparkzonen flexibler entsprechend den geografisch-städtebaulichen Gegebenheiten und den Parkbedürfnissen der Bewohner zuschneiden zu können“. Das Gericht habe beanstandet, dass der Zuschnitt „nicht exakt 1000 mal 1000 Meter beträgt, sondern um 27 Meter abweicht“, so der Sprecher von Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne).

Dabei sei das Gebiet „vor dem Hintergrund größtmöglicher Praxis- und Bürgernähe sowie der städtebaulichen Gegebenheiten gewählt worden“. Zudem hätten „die zuständigen Behörden Rückmeldungen der Bürger vor Ort sowie ansässiger Betriebe und Stakeholder vor der Einrichtung von Bewohnerparkgebieten in ihre Entscheidung mit einfließen lassen, um den Zuschnitt möglichst praxisnah zu gestalten“. Beim „Runden Tisch Parkraummanagement“ seien die bestehenden Bewohnerparkgebiete im Zusammenspiel mit den Kammern und Verbänden sowie den Einrichtungen vor Ort auf Optimierungen (auch der Zuschnitte) überprüft worden.

Anwohnerparken Hamburg: Was bedeutet das Urteil für die anderen Gebiete?

„Um die Parkpraxis und die Rückmeldungen der Bewohner vor Ort besser bei der Einrichtung von Bewohnerparkgebieten zu berücksichtigen, haben die zuständigen Behörden darüber hinaus sogenannte Überlappungszonen eingerichtet, das heißt, in bestimmten Straßen der benachbarten Bewohnerparkzone kann auch mit dem eigentlich nicht berechtigten Parkausweis geparkt werden“, so Krämer. Diese Überlappung sei an den jeweiligen Parkautomaten durch einen Aufkleber zu erkennen. Im Falle Grindelhof hatte gerade diese Regelung aus Sicht der Richter dafür gesorgt, dass die Grenzen des Bewohnerparkgebiets nicht hinreichend klar definiert seien.

Die Verkehrsbehörde betont weiterhin, dass das Bewohnerparken den Parkdruck reduziere und auch für mehr Sicherheit sorge. Der im vergangenen Jahr von Verkehrssenator Tjarks ausgerufene Ausbaustopp gelte aber weiterhin. Mithin: Neue Bewohnerparkgebiete soll es derzeit nicht geben. Ob das aktuelle Urteil Auswirkungen auch auf andere bestehende Bewohnerparkgebiete hat, hängt auch davon ab, ob die Stadt in Berufung geht – und wie dann ggfs. höhere Instanzen entscheiden.