Hamburg. Von wegen barrierefrei: Zwar gibt es nun mehr Fahrstühle in Stationen. Viele aber funktionieren nicht. Vor allem ein Bezirk ist betroffen.

Auch viele Menschen mit Einschränkungen sind darauf angewiesen, die Busse und Bahnen des HVV zu nutzen. Deswegen hat sich der Senat vorgenommen, einen barrierefreien Ausbau der Stationen voranzutreiben, sprich: Es sollen in allen Bahnstationen Fahrstühle eingebaut werden, die gut etwa von Rollstuhlfahrern, aber auch von Eltern mit Kinderwagen genutzt werden können. Laut Senat sind mittlerweile 80 der 84 U-Bahn-Haltestellen barrierefrei erreichbar. Die Zahl der Aufzüge stieg hier von 192 im Jahr 2020 auf aktuell 211. Die Zahl der Rolltreppen wuchs im selben Zeitraum von 341 auf 348. Allerdings: Viele der Fahrstühle und Fahrtreppen im HVV sind defekt, manche seit Monaten. Das zeigt eine Senatsantwort auf eine Große Anfrage der CDU.

Demnach sind 16 Aufzüge derzeit nicht einsatzbereit, das sind immerhin fast acht Prozent aller Anlagen. Ähnlich sieht es bei den Rolltreppen aus. Hier sind derzeit 29 defekt oder in Reparatur und können nicht genutzt werden, ebenfalls gut acht Prozent.

Besonders lange warten die Menschen im Bahnhof Harburg und in Neugraben bereits auf die Instandsetzung von Fahrstühlen, nämlich seit November bzw. Oktober 2023. In der Station Harburg Rathaus steht eine defekte Rolltreppe bereits seit September 2023 still. Am Hauptbahnhof sind derzeit sogar acht Fahrtreppen außer Betrieb, in Altona sind es vier.

HVV: Zuletzt steigt die Zahl der defekten Aufzüge und Rolltreppen in Hamburg

Der Senat hat in seiner Antwort detailliert angegeben, an welchen Stationen es seit dem Jahr 2020 wie viele Ausfalltage bei Aufzügen und Rolltreppen gegeben hat, aufgeschlüsselt nach Deutscher Bahn (also auch S-Bahn), Hochbahn, AKN und dem städtischen Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG). Die CDU hat diese Daten aggregiert, und ihr Ergebnis zeigt: Seit 2021 haben sich die Ausfallzeiten deutlich erhöht. Summierten sich die Ausfälle von Aufzügen und Rolltreppen im Jahr 2021 noch auf 7519 Tage, so waren es im Jahr 2022 bereits fast 8898 Tage und im vergangenen Jahr schon 9833. In diesem Jahr kamen bis Mai bereits 6050 Ausfalltage zusammen, im Gesamtjahr dürfte das zu einem weiteren Anstieg gegenüber 2023 führen.

Der Senat begründet die vielen Ausfälle damit, dass Aufzüge und Fahrtreppen „im Alltag hoch beansprucht werden und Witterungseinflüssen und sonstigem Verschleiß in besonderer Weise ausgesetzt sind“. Wesentliche Gründe für Ausfälle im Betrieb seien „Vandalismus-Schäden, unsachgemäße Benutzung, Witterungseinflüsse, Umbau- und Instandhaltungsmaßnahmen, technische Defekte sowie erforderliche Ersatzteilbeschaffungen“.

Die Reparaturdauer begründe sich „u. a. aus unterschiedlichen Produkttypen und verschiedenen Zulieferern“. Die Ersatzteilbeschaffung sei nicht immer kurzfristig möglich, da die erforderlichen Ersatzteile „zum Teil produktspezifisch neu beschafft oder nachgefertigt“ werden müssten. „Zudem macht sich bei den Firmen der Fachkräftemangel bemerkbar, was ebenso einen Einfluss auf die Ausfallzeiten haben kann.“

Rolltreppen und Fahrstühle im HVV defekt: CDU spricht von desolater Bilanz bei der Wartung

Für die CDU ist die aktuelle Situation gleichwohl nicht hinnehmbar. „Kein einziges öffentliches Verkehrsmittel in Hamburg ist vollständig barrierefrei“, moniert ihr Verkehrspolitiker Richard Seelmaecker. „Tausende Haltestellen sind für mobilitätseingeschränkte Menschen nicht benutzbar. Unsere Anfrage offenbart jetzt die desolate Bilanz beim Betrieb und der Wartung bereits bestehender Aufzüge und Rolltreppen an den Hamburger Haltestellen. Die Ausfalltage aller Anlagen betrugen im Jahr 2023 9833 Tage oder 27 Jahre – ein Anstieg um über 30 Prozent im Vergleich zu 2021.“ Jeder Aufzug sei im Jahr 2023 im Durchschnitt 13 Tage nicht vollständig betriebsbereit gewesen, so Seelmaecker, jede Rolltreppe 21 Tage.

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„An einzelnen Haltestellen waren Aufzüge und Rolltreppen teilweise monatelang defekt. Die Daten für 2024 lassen nichts Gutes erwarten, da die Ausfalltage bis Mai bereits über 6000 betrugen“, konstatiert der CDU-Politiker. „So sind auf dem Papier barrierefreie Haltestellen in der Realität nicht barrierefrei. Von inklusiver Mobilität ist unter Verkehrssenator Tjarks wenig zu spüren. Wir fordern den Senat auf, die notwendige Wartung und Instandhaltung bereits bestehender Anlagen zu verbessern. Es darf nicht sein, dass in der Mobilität eingeschränkte Menschen, speziell Senioren oder Eltern mit Kinderwagen, teilweise monatelang den öffentlichen Nahverkehr nicht oder nur sehr erschwert benutzen können.“