Hamburg. Bisher sind Zahlungen an die der Bürgerschaft gekoppelt. Durch die geplante Erhöhung fiele das Plus in den Bezirken sehr saftig aus.
Politiker haben es nicht leicht in diesen Zeiten, das zeigen die vielen Beleidigungen und bisweilen auch gewalttätigen Übergriffe, von denen zuletzt so häufig berichtet werden muss. Dabei lebt die Demokratie doch vor allem von dem oft ehrenamtlichen Einsatz der Menschen gerade in den Kommunen, Bezirken und Stadtteilen.
Deswegen ist es weitgehend Konsens, dass sie Kosten, die durch Kommunikation mit den Bürgern entstehen, auch ersetzt bekommen. Nun aber gibt es in Hamburg einen handfesten Streit darüber, welche Summen als Aufwandsentschädigungen für Bezirksabgeordnete angemessen sind. Denn nach aktuellen Plänen könnten diese auf einen Schlag fast verdoppelt werden: von bisher 570 Euro auf mehr als 1000 Euro.
„Unverschämt“? Bezirkspolitiker wollen Einkünfte verdoppeln
Hintergrund: Bisher ist die Aufwandsentschädigung für die politische Arbeit in den Bezirken an die der Bürgerschaftsabgeordneten gekoppelt. Die aber soll nun deutlich erhöht werden. Dadurch kämen aufgrund der Kopplung auch die Bezirksabgeordneten in den Genuss einer deutlichen Erhöhung ihrer Pauschale.
Allerdings hat die zuständige „Kommission zur Angemessenheit der Entschädigungsleistungen und Zuschüsse“ im April vorgeschlagen, die Kopplung an die Bürgerschaft aufzuheben und die Aufwandsentschädigung in den Bezirken lediglich um 100 Euro auf monatlich 670 Euro anzuheben.
Damit allerdings wollen sich SPD, Grüne, CDU und FDP in Bezirksversammlungen nicht abfinden. Sie plädieren dafür, die bisherige Regelung beizubehalten und hier die Abgeordneten von Bürgerschaft und Bezirksversammlungen auch weiterhin gleich zu behandeln.
Bezirkspolitiker wollen weiter so behandelt werden wie Bürgerschaftsabgeordnete
So heißt es etwa in einem Beschluss des Hauptausschusses der Bezirksversammlung Wandsbek aus dem Mai: „ Eine Entkopplung der Aufwandsentschädigung der Hamburger Abgeordneten von der der Mitglieder der Bezirksversammlung würde von den Mitgliedern der Bezirksversammlungen als Geringschätzung wahrgenommen werden.“
Und: „Insbesondere in den Bezirksversammlungen sind die Erwartungen an die persönliche und mediale Erreichbarkeit, aber auch die fachlichen Anforderungen an die einzelnen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger stark gestiegen. Durch die erhöhte Arbeitskomplexität und Verdichtung ist die weitere Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Ehrenamt noch schwieriger geworden und die Verbesserung der Situation daher weiterhin ein dringendes Anliegen der Bezirksversammlungen. Die ehrenamtliche Arbeit in den Bezirksversammlungen muss so ausgestaltet werden, dass sie nicht nur für einen kleinen privilegierten Teil der Bevölkerung möglich ist.“ Ähnliche Beschlüsse gibt es auch aus den anderen Bezirksversammlungen, etwa aus Altona. Allerdings wurde in Altona laut CDU-Fraktionschef Sven Hielscher anders abgestimmt. „Wir als CDU-Fraktion haben dagegengestimmt“, sagte Hielscher dem Abendblatt. „Und die Linke hat entgegen vollmundiger Ankündigungen in Altona zugestimmt.“
2000 Euro fürs Ehrenamt: „Schon eine Menge Holz“
Nun aber haben Wandsbeks Linke und die AfD-Bürgerschaftsfraktion die geforderten Erhöhungen scharf kritisiert. „Aktuell erhält jedes Mitglied der Bezirksversammlung 570 Euro Aufwandsentschädigung im Monat, und zwar steuer- und sozialversicherungsabgabenfrei. Stellvertretende Fraktionsvorsitzende erhalten das Doppelte, Fraktionsvorsitzende sogar das Dreifache“, sagt Thomas Iwan, Linkenfraktionschef in Wandsbek. „Dazu kommen 40 Euro pro Sitzung und monatlich 51 Euro Fahrtkostenerstattung. Es gibt Monate, da überweist mir die Stadt über 2000 Euro für meine ehrenamtliche Tätigkeit, das ist jetzt schon eine Menge Holz.“
Wenn es nun zu der von SPD, CDU, Grünen und FDP befürworteten Erhöhung wie für die Bürgerschaft geplant komme, würden ihm bald 3000 Euro überwiesen und das „für eine Arbeit, die ich der Idee nach neben meinem normalen Beruf im Ehrenamt ausüben können soll“, so Iwan weiter.
3000 Euro für Fraktionsvorsitzende? Kritik von Linken und AfD
Der Wandsbeker Parteisprecher der Linken, Niclas Fladderak betonte: „Wir Linken lehnen eine Erhöhung ab. Ebenso wie die geplanten Diätenerhöhungen im Bundestag ist es das völlig falsche Signal. SPD, Grüne, CDU und FDP bestätigen hier das Bild einer abgehobenen Politikerkaste“, die die Realität der „arbeitenden Bevölkerung“ aus den Augen verloren habe.
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Ähnlich kritisch äußerte sich die AfD. „Was die Altparteienvertreter hier vorhaben, kann man nur mit einem Wort einordnen: dreist!“, sagte ihr bezirkspolitischer Sprecher und Bürgerschaftsabgeordneter Marco Schulz. „Sich derart schamlos die Taschen selbst vollzustopfen ist unverschämt. Und das in Zeiten, wo viele Bürger den Gürtel aufgrund der verfehlten Energie- und Wirtschaftspolitik enger schnallen müssen.“
Es könne nicht sein, „dass Fraktionsvorsitzende eines kommunalen Verwaltungsgremiums, welches ausschließlich in den Abendstunden tagt, mit dann über 3000 Euro mehr erhalten als ein durchschnittlicher Hamburger Arbeitnehmer“, so Schulz.
Bürgerschaft hat das letzte Wort: Sie entscheidet, was die Bezirkspolitiker bekommen
Abschließend entscheiden über die eigenen Aufwandsentschädigungen und andere Veränderungen muss nun die Bürgerschaft. Dabei wird das Hamburger Landesparlament auch festlegen müssen, ob die Pauschalen für Bezirksabgeordnete weiterhin an die der Bürgerschaft gekoppelt bleiben – oder ob sie wie von der Kommission empfohlen entkoppelt und nur moderat erhöht werden.
Bisher gebe es aber noch keinen Termin für eine Beratung und einen Beschluss darüber im Parlament, hieß es jetzt aus der Bürgerschaftskanzlei.