Hamburg. „Vorbereitet wie nie“: Polizei beobachtet Fan-Bewegung aus In- und Ausland, LKA liefert Lagebilder. Kiez ist die „Risikozone“ der EM.

Informationen gewinnen und bewerten – das sind Kernpunkte des Sicherheitskonzeptes der Polizei, das für ein unbeschwertes und fröhliches Fußballfest während der Fußballeuropameisterschaft in Hamburg sorgen soll. So sollen mögliche Problemfans früh erkannt und geeignete Maßnahmen eingeleitet werden. Die Dimension des Einsatzes, der vom 14. Juni an einen Monat lang läuft, hat Polizeipräsident Falk Schnabel am Mittwoch als „einen Kraftakt“ für die Polizei bezeichnet: In Hamburg sollen bis zu 3500 Polizeibeamte am Tag im EM-Einsatz sein.

„Wir haben heute völlig andere Möglichkeiten“, sagt Matthias „Leo“ Tresp, Hamburgs höchster Schutzpolizist und verantwortlicher Polizeiführer beim EM-Einsatz in der Hansestadt. Das bezieht er sowohl auf Rahmenbedingungen wie auch die Technik, die zur Verfügung steht. Dieses habe sich bereits bei den Vorbereitungen gezeigt. „Es hat, was Sicherheitsfragen anbelangt, noch nie eine so intensive, differenzierte und kleinteilige Vorbereitung gegeben wie zu dieser Fußballeuropameisterschaft“, so Tresp.

Europameisterschaft in Hamburg: Polizei hat die Fußball-Fans im Blick

Das gilt auch für die Vernetzung mit anderen Sicherheitsbehörden im In- und Ausland. „Wir sind da in einem sehr engen Austausch“, so Tresp. Täglich würden sich Polizeiführer austauschen. Über das Bundeskriminalamt ist mittlerweile das siebte Lagebild zur EM eingetroffen. „Wir haben schon Erkenntnisse, was an Fans, auch zu jedem Spiel, hier nach Hamburg kommt“, so Tresp. Dabei geht es nicht nur um Reisebewegungen vom Ausland nach Hamburg.

Claus Reuter. Leiter des Vorbereitungsstabes, Polizeipräsident Falk Schnabel und Matthias „Leo“ Tresp, verantwortlicher Polizeiführer bei der EM
Claus Reuter. Leiter des Vorbereitungsstabes, Polizeipräsident Falk Schnabel und Matthias „Leo“ Tresp, verantwortlicher Polizeiführer bei der EM © André Zand-Vakili | André Zand-Vakili

Auch Fans, die innerhalb Deutschlands von Spiel zu Spiel reisen, will man auf dem Schirm haben. „Wir haben dazu eine ganz enge Vernetzung mit allen fach- und szenekundigen Kollegen aufgebaut“, so Tresp. „Sie können uns jederzeit sagen, welche Bewegung von wo nach wo stattfindet. Egal ob die Fans gerade aus dem Ausland anreisen oder ob sie sich innerhalb Deutschlands bewegen.“

Polizei will Reisebewegungen von „Risk-“ und „No-Risk-Fans“ im Auge haben

Dazu gibt es auch Erkenntnisse, ob es sich um sogenannte No-Risk-Fans oder Risk-Fans – hinter dem zweiten Begriff verbergen sich Hooligans und Ultras – handelt. Die bisherigen Erkenntnisse lassen Tresp locker bleiben: „Zurzeit macht uns keine Lageeinschätzung in dem Sinne Sorge, dass wir das polizeilich nicht beherrschen und begleiten können.“

Aber auch bei dem Umgang mit der bloßen Masse Mensch sieht man sich gut aufgestellt, beispielsweise falls wegen eines aufziehenden Unwetters ein Gelände wie das Fanfest auf dem Heiligengeistfeld kurzfristig geräumt werden müsste. „Wir sind heute völlig anders in der Lage, mit Menschenmassen umzugehen“, sagt Tresp.

40.000 niederländische Fans zu Spiel am 16. Juni in Hamburg erwartet

Das wird auch nötig sein. Allein zu dem Spiel Polen gegen die Niederlande am 16. Juni werden aktuell über 40.000 niederländische Fans in Hamburg erwartet. Schon jetzt ist klar, dass längst nicht alle ins Stadion können. „Das heißt, wir werden hier viele Menschen in dieser Stadt haben, die keinen Zugang zum Stadion haben, die sich während dieser Zeit aber als Fans ihrer Mannschaft in unserer Stadt aufhalten“, so Tresp.

Vielleicht liegt gerade da die größte Herausforderung. Das Volksparkstadion, das 49.000 Zuschauerinnen und Zuschauer fasst, ist bestens überwacht und organisiert. Tickets sind personalisiert, Auch das Fanfest auf dem Heiligengeistfeld ist gut organisiert. Es gibt vor den Zugangskontrollen sogenannte „Vereinzelungsanlagen“, durch die Gedränge verhindert werden soll.

Volksparkstadion und Fanfest sind aufwendig überwacht und gesichert

Jeder Besucher wird durchsucht. Aus der Fanzone gibt es für den Notfall Fluchttore. Es gibt zwei „Blaulichtzonen“ für Polizei und Feuerwehr. So ist gewährleistet, dass Einsatzkräfte im Notfall schnell vor Ort sind. Sowohl im Stadion wie auch beim Fanfest wird ein personell starker Ordnungsdienst vom Veranstalter eingesetzt.

Wenn die Spiele nicht laufen, ist die Situation anders. Dann werden sich die Fans vermutlich in Richtung Kiez oder auch Innenstadt bewegen. Dazu kommen Touristen, die sich die Stadt anschauen, und Hamburger, die unterwegs sind. „Auch hier werden wir Maßnahmen treffen, die weit über die hinausgehen, die wir sonst jedes Wochenende dort treffen“, sagt Claus Reuter, Leiter des EM-Vorbereitungsstabes der Polizei. Auch dort geht es mit darum, wegen der Enge gefährlich werdende Menschenansammlungen zu verhindern oder aufzulösen.

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Insgesamt rechnet Tresp, dass die Fans, die eine Nationalmannschaft zu einer EM begleiten, nicht so problematisch sind wie einige Fans, die während Bundesligaspielen anreisen. Allerdings: Nach dem Halbfinale im Juni 1988, als Holland gegen Deutschland im Volksparkstadion bei der damaligen EM 2:1 gewann, gab es auf der Reeperbahn eine der schlimmsten Ausschreitungen, die Hamburg je gesehen hatte. Allerdings war damals die Polizei völlig überrascht und schlecht aufgestellt gewesen.