Hamburg. Politik kritisiert Parkplatzwegfall am Volksparkstadion. Behörde hält dagegen. Straßensperrungen und Halteverbote – das ist geplant.
Rappelvolle Busse, zugeparkte Nebenstraßen, stockender Verkehr, Stau: Schon wenn der HSV spielt, wird es rund ums Stadion in Hamburg-Bahrenfeld eng. Das nervt viele Anwohner, vor allem die, die mit Fußball so gar nichts am Hut haben. Sie und viele der Bewohner der umliegenden Quartiere könnten ab Juni besonders auf die Probe gestellt werden.
Denn bei den fünf anstehenden Fußball-EM-Spielen im Volksparkstadion kommt verschärfend hinzu, dass alle Parkplätze rund um das Stadion gesperrt werden. Die Besucher sollen umweltschonend mit Bus und Bahn anreisen. Dieser Plan sorgt nicht nur bei Anwohnern für Zweifel, auch Bezirkspolitiker sind mehr als skeptisch.
EM 2024 in Hamburg: Keine Parkplätze am Volksparkstadion in Bahrenfeld
„Wir machen uns große Sorgen, dass die Fans trotzdem mit dem Auto kommen und dann eben in die Nachbarstraßen ausweichen“, sagt Sven Hielscher, CDU-Fraktionschef in Altona. Das Wohnumfeld sei schon so übermäßig belastet, und es werde nicht besser, wenn man vorhandene Stellplätze am Stadion brachliegen lasse. „Das sollen schöne und fröhliche Spiele für alle werden, und da muss man auch auf diejenigen Rücksicht nehmen, die dort wohnen.“
Dennis Thering, Vorsitzender der CDU-Fraktion in Hamburg, bezeichnet das Mobilitätskonzept zur Fußball-EM sogar als weltfremd, es sei geplant wie bei einem Dorffest. „Das hat mit Umwelt- und Klimaschutz zumindest überhaupt nichts zu tun“, kritisiert Thering. „Denn die Fans, insbesondere auch aus den Nachbarländern, die mit dem Auto anreisen, werden trotzdem versuchen, mit dem Pkw so nah wie möglich ans Stadion zu gelangen.“ Das führe zu einem zusätzlichen Parkplatzsuchverkehr, unter dem die Anwohner im unmittelbaren Umfeld des Volksparkstadions insbesondere in Bahrenfeld, Lurup und Osdorf leiden müssten.
Fußball-EM-2024: Besucher können HVV kostenlos 36 Stunden lang nutzen
Bei der Hamburger Verkehrsbehörde sieht man den Spielen jedoch gelassen entgegen und verweist auf ein umfangreiches Mobilitätskonzept. Demnach möchte man die vielen zigtausend Besucher in den ÖPNV umlenken. So können sich alle, die ein Ticket für den Spieltag haben, eine 36-Stunden-Fahrkarte freischalten lassen und kostenlos im gesamten HVV-Netz unterwegs sein. Das Freischalten klappt aber nur über eine App der UEFA.
Die Idee dahinter: Wer mit dem Auto anreist, soll in eine der Park+Ride-Anlagen in Hamburg oder dem Umland gelenkt werden und von dort möglichst mit Schnellbahnen weiterreisen. Dafür gibt es ebenfalls eine Anwendung fürs Mobiltelefon, diesmal die Navigations-App „NUNAV“. Sie soll die Besucher direkt zu einem freien Parkplatz einer P+R Anlage lenken – „solange die Kapazität reicht“, wie die Verkehrsbehörde selbst schreibt.
Verkehr Hamburg: Viele Straßen rund ums Volksparkstadion werden gesperrt
Wer an den Spieltagen trotzdem versucht, direkt zum Stadion zu fahren, wird nicht weit kommen. Denn im Unterschied zu den Fußballspielen des HSV wird es deutlich umfangreichere Straßensperrungen – zeitlich wie örtlich – und mehr Halteverbote geben.
Wie die Verkehrsbehörde auf Abendblatt-Anfrage mitteilt, beginnen die Straßensperrungen jeweils fünf Stunden vor Spielbeginn und enden etwa zwei Stunden danach. Folgende Straßen sind von der Sperrung betroffen:
- Binsbarg
- Farnhornstieg
- Farnhornweg
- Elbgaustraße
- Luruper Hauptstraße
- Luruper Chaussee
- Schnackenburgallee und Ottensener Straße (jeweils ab Binsbarg in Fahrtrichtung Süd)
- Die Einfahrt in die Wohngebiete an der August-Kirch-Straße und am Vorhornweg sowie bei der Zufahrt zu ortsansässigen Firmen und Institutionen ist gesperrt. Anliegern wird die Zufahrt nach Prüfung durch die Polizei an den Kontrollstellen gewährt.
Halteverbote für die gesamten Spieltage werden in folgenden Straßen eingerichtet; wer trotzdem hier parkt, wird sofort abgeschleppt:
- Ottensener Straße
- Farnhornstieg
- Farnhornweg (beide Fahrtrichtungen)
- Hellgrundweg
- Stadionstraße
- August-Kirch-Straße (auf ganzer Länge)
Wegen des zusätzlichen Sicherheitsbereichs rund um das Volksparkstadion sind im gesamten Turnierzeitraum auch Fußwege in Stadionnähe teilweise eingeschränkt, so die Verkehrsbehörde.
S-Bahn Hamburg: An Spieltagen wird der Takt deutlich erhöht
Während Sperrungen und Halteverbote abschrecken könnten, werden Alternativen zum Auto ausgebaut und attraktiver gestaltet. Davon haben dann auch die Hamburger etwas. Denn an den Spieltagen wird die Taktung der S-Bahn deutlich erhöht: Zwischen Innenstadt und der Haltestelle Othmarschen fährt die S-Bahn zweimal in zehn Minuten, zwischen Stellingen und Hauptbahnhof sogar dreimal in zehn Minuten. Das gilt jeweils vier Stunden vor Anpfiff und drei Stunden danach.
Zusätzliche 1600 Freiwillige sollen bei der Besucherlenkung helfen und für Mobilitätsfragen zur Verfügung stehen. Insbesondere am Hauptbahnhof wird es zusätzliche Infopunkte der Bahn geben – etwa für Reisende, die mit dem Fernverkehr ankommen und in den ÖPNV umsteigen möchten.
Fußball-EM 2024: Shuttle für Besucher ab der S-Bahn-Station Othmarschen
Wer mit der S-Bahn in Othmarschen landet, kann von dort einen eigens eingerichteten Bus-Shuttle zum Volksparkstadion nutzen. Ab der S-Bahn-Haltestelle Stellingen wird es allerdings – anders als bei HSV-Spielen – keinen geben. Dennis Krämer, Sprecher der Verkehrsbehörde, erklärt: „Der Linienweg des Arena-Shuttle (Linie 380) liegt in der von der UEFA definierten Sicherheitszone.“ Dadurch musste darauf verzichtet werden.
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Besonders der Shuttle, der nur ab Othmarschen verkehren kann, sorgt bei der CDU für große Fragezeichen. „Das muss man sich doch nur bei einem HSV-Spiel ansehen. Da gibt es lange, lange Wartezeiten in Othmarschen, und es ist ein Gedränge und Geschiebe“, berichtet Sven Hielscher. Wie sollen Busse mit 100 Sitzplätzen 40.000 Besucher zum Stadion bringen?
EM 2024 in Hamburg: CDU fordert Öffnung der Parkplätze für Besucher
Die CDU fordert daher, die Parkplätze am Stadion zu öffnen, und kündigt für die kommende Bürgerschaftssitzung einen Antrag diesbezüglich an. Zeitlich wird das eng. Denn die nächste Plenarsitzung ist am 12. Juni, das erste EM-Spiel in Hamburg am 16. Juni, wenn Polen auf die Niederlande trifft.
Insgesamt werden fünf Spiele der EM 2024 im Volksparkstadion ausgetragen, darunter ein Viertelfinalspiel am 5. Juli. Zugelassen sind aufgrund der UEFA-Regularien mit rund 49.000 Plätzen allerdings etwas weniger Zuschauer als normalerweise, wenn die Spielstätte 57.000 Fans fasst.