Hamburg. Erstmals wählen 16- und 17-Jährige in Hamburg bei den Europawahlen mit. EU-Gesetze beeinflussen auch Produktauswahl auf Amazon und Co.
Für viele junge Hamburgerinnen und Hamburger ist die Europawahl 2024 am 9. Juni die erste Wahl ihres Lebens. Erstmalig sind Hamburgs Jugendliche schon ab 16 Jahren wahlberechtigt und nicht wie früher erst mit 18. Das Europäische Parlament in Straßburg und Brüssel scheint weit von Hamburg entfernt zu sein, doch die dort getroffenen Entscheidungen beeinflussen das Leben von Kindern und Jugendlichen in der Hansestadt unmittelbar. Zwei junge Hamburger Politiker erklären, wieso die Europawahl besonders für junge Menschen wichtig ist und wie die Gesetze der EU ihren Alltag beeinflussen.
Europawahl: Warum sie für Hamburger Jugendliche so wichtig ist
„Man denkt vielleicht, dass EU-Politik weit weg ist, aber es gibt viele Dinge, die einen im tagtäglichen Leben unmittelbar betreffen“, erklärt Bo Müller. Der 28-Jährige ist der Landesvorsitzende der Jungen Liberalen Hamburg und schon seit 2017 Mitglied in dem Jugendverband und der FDP. Heutzutage sei es in der EU beispielsweise selbstverständlich, dass man die Grenzen ohne Visum passieren kann. „Das klingt sehr simpel, aber vor 40 Jahren sah das alles noch ganz anders aus“, beschreibt Müller. Auch heute verabschiedet die EU immer wieder Verordnungen und Gesetze, die das Leben der Bürgerinnen und Bürger in der EU verbessern sollen. Für mehr Fairness und Auswahl auf Amazon und Co. soll zum Beispiel das Gesetz über digitale Märkte sorgen. Durch das Gesetz wird es zukünftig nicht mehr erlaubt sein, dass die Eigenprodukte großer Plattformen bei einer Suche ganz oben erscheinen. Käuferinnen und Käufer hätten dadurch eine bessere Auswahl an Produkten, erklärt Müller.
Schneller iPhone und Co. reparieren lassen durch das Recht auf Reparatur
Das Recht auf Reparatur sollen Verkäufer von elektronischen Geräten dazu verpflichtet werden, beispielsweise kaputte Smartphones zu reparieren, wenn das günstiger oder genauso teuer wie der Austausch der Ware ist. Nach der Reparatur soll sich die gesetzliche Gewährleistung um ein Jahr verlängern. Müller von den Jungen Liberalen Hamburg bewertet das Gesetz positiv. „Insbesondere für Leute, die sich nicht jedes Jahr ein neues Handy oder eine neue Waschmaschine leisten wollen oder können, ist das erstmal ein guter Anlaufplan.“ Ob es sich jedoch immer lohnen würde, ein altes Gerät zu reparieren, müsse auch hinterfragt werden. In manchen Fallen sei ein Neukauf und das Recycling eines Gerätes mit einem hohen Energieverbrauch möglicherweise umweltfreundlicher.
Auch der Landessprecher der Grünen Jugend Hamburg, Berkay Gür, hält das Recht auf Reparatur zunächst für begrüßenswert. Schon seit mehreren Jahren engagiert sich der 22-jährige Jurastudent bei dem Jugendverband. Besonders für junge Leute sei es eine Erleichterung, ihre kaputten Geräte reparieren zu lassen, anstatt ein neues kaufen zu müssen. Der junge Politiker findet jedoch auch, dass die EU noch mehr für junge Menschen tun sollte. Durch mehr Steuereinnahmen von Groß- und Monopolkonzernen könnte beispielsweise ein europaweites Zehn-Euro-Ticket für junge EU-Bürgerinnen und -Bürger finanziert werden, so Gür. Auch würden viele junge Menschen seiner Meinung mehr davon profitieren, wenn die EU sich mit der Behebung von Vermögensungleichheit befassen würde. Existenzängste würde ihr Leben mehr belasten als beispielsweise ein kaputtes Smartphone.
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Europawahl: Warum politisches Engagement gerade heute so wichtig ist
Vor dem Hintergrund, dass Künstliche Intelligenz (KI) immer relevanter wird, hat die EU eine Verordnung als rechtlichen Rahmen erarbeitet. KI-Systeme, die beispielsweise biometrische Echtzeit-Fernidentifikation ermöglichen oder Teil eines Sozialkredit-Systems wie in China werden könnten, werden in der Verordnung als unannehmbares Risiko eingeschätzt. Diese Systeme würden laut Angaben der EU eine Bedrohung für Menschen darstellen und sollen verboten werden. Andere Hochrisiko-KI-Systeme, die beispielsweise kritische Infrastrukturen verwalten oder in der Strafverfolgung eingesetzt werden, sollen kontinuierlich beobachtet und bewertet werden.
„Dass nach den beschlossenen Asylrechtsverschärfungen nun auch KI-Tools an den Außengrenzen gegen Geflüchtete eingesetzt werden können, ist zutiefst beschämend“, findet Gür. Ein KI-Gesetz sollte dem Allgemeinwohl dienen, findet der Landessprecher der Grünen Jugend Hamburg, und nicht den Interessen einzelner Investoren oder rechten Regierungen, die mehr Leid
und Abschottung an den Außengrenzen beschlössen. Trotz Gürs Kritik an diesem und anderen EU-Gesetz hält er die Europäische Union nicht für eine verlorene Struktur. „Wir haben als Jugend trotzdem die Chance, uns Gerechtigkeit zu erkämpfen.“
Besonders in Zeiten, in denen man das Gefühl habe, dass sich politisch nicht viel verändert, sei politisches Engagement wichtig. „Ich glaube, dass es ein Privileg ist, dass wir in einer Demokratie leben und die Möglichkeit haben, uns unabhängig von unserer Herkunft und Sozialisation politisch einzubringen.“