Hamburg. 264 Straftaten gegen Vertreter aller Parteien seit 2021 in Hamburg. Blockierer eines AfD-Standes üben scharfe Kritik an der Polizei.
Immer häufiger sind Politiker in Deutschland zuletzt Opfer von verbaler oder körperlicher Gewalt geworden. In Hamburg hat es seit 2021 bis Anfang Mai 2024 insgesamt 264 „Straftaten zum Nachteil von Politikern“ gegeben. Das geht aus Daten der Polizei Hamburg hervor, die dem Abendblatt exklusiv vorliegen.
Zusätzlich gab es demnach 21 „Straftaten zum Nachteil von Parteigebäuden oder -einrichtungen“. Allein in diesem Jahr registrierte die Polizei zudem bereits 104 Sachbeschädigungen an Wahlplakaten. In einem besonders perfiden Fall hatte jemand kürzlich ein Plakat beschädigt und mit einer Rasierklinge präpariert, sodass sich der Politiker bei dem Versuch verletzte, sein Plakat wieder aufzustellen.
Straftaten gegen Politiker: Hamburgs SPD am häufigsten betroffen
Mit Abstand am häufigsten wurden zuletzt in Hamburg Politiker der SPD Opfer von Straftaten, nämlich insgesamt 74-mal von 2021 bis zum 6. Mai 2024. Dabei unterscheidet die Statistik nicht zwischen Bundes-, Landes- und Bezirkspolitikern. Am zweitstärksten betroffen waren Vertreter der Grünen mit 48 Fällen, es folgen Politiker der CDU (46) und der AfD (44).
Zu den registrierten Straftaten gegen Amts- oder Mandatsträger und Parteirepräsentanten zählen neben Körperverletzung auch Beleidigungen, üble Nachrede und ähnliche Delikte, es geht bei den allermeisten Fällen nicht um körperliche Gewalt. Details zu den einzelnen Fällen legte die Polizei nicht vor.
Polizei Hamburg: Die meisten Straftaten gegen Politiker gab es 2021
Die meisten Straftaten gegen Politiker gab es in Hamburg im betrachteten Zeitraum im Jahr 2021 mit 113 Fällen, 2022 ging die Zahl auf 48 zurück, 2023 stieg sie wieder auf 88. In diesem Jahr registrierte die Polizei bis 6. Mai erst 15 Straftaten zum Nachteil von Politikerinnen und Politikern.
Allerdings sind diese Zahlen laut Polizei vorläufig, denn es könnten zahlreiche Fälle auch für diesen Zeitraum nachgemeldet werden, hieß es. Zudem umfasst die Statistik noch nicht die heiße Phase des Wahlkampfs zum Europaparlament und den Bezirksversammlungen, in der es potenziell wohl die meisten solcher Straftaten geben kann.
Polizei schützte AfD-Stand: Protestierer erheben Vorwürfe
Für Diskussionen hatte zuletzt ein Einsatz der Polizei gesorgt, bei dem die Beamten einen AfD-Stand an der Fuhlsbüttler Straße schützten und eine Protestkundgebung dagegen auflösten. Das „Hamburger Bündnis gegen rechts“ kritisierte dieses Vorgehen scharf. „Hier geht es um notwendigen und legitimen Protest gegen eine neofaschistische Partei“, schrieb das Bündnis in einer Pressemitteilung.
„Die AfD ist rassistisch, nationalistisch, antisemitisch und antidemokratisch – alles Haltungen faschistischer Ideologie und Konstanten rechter Mobilisierung. Zudem ist sie gut vernetzt, sowohl mit rechtsextremen ideologischen Zentren als auch mit gewaltbereiten Gruppen. Schlimmer noch: Sie beteiligt sich auch aktiv an der Schaffung solcher Milieus. Protest ist daher dringend geboten.“
Polizei prophylaktisch an Infostand der AfD im Einsatz
Die Polizei habe die Protestierer eingekesselt und sei schließlich mit „zusätzlichen Mannschaftswagen in die Kundgebung“ gefahren, so das Bündnis. „Aus diesen sprangen behelmte Beamte, die sofort angriffen. Mehrere Personen wurden zu Boden geworfen und leicht verletzt, ein Demonstrant wurde von mehreren Polizisten brutal auf die Straße gedrückt und mit Handschellen abgeführt.“ Die Innenbehörde wollte sich auf Abendblatt-Anfrage nicht zu diesen Vorwürfen äußern.
Auch am Sonnabend war die Polizei wieder an einem AfD-Infostand am Tibarg-Center im Einsatz – rein prophylaktisch. Die Lage vor Ort blieb ruhig. „Wir haben wahrgenommen, dass Infostände öfter angegangen werden, und zeigen daher von Zeit zu Zeit vor Ort Präsenz“, heißt es vonseiten der Polizei.
Bezirksämter teilen Demonstranten Orte von AfD-Ständen mit
Nach eigenen Angaben fragt das „Hamburger Bündnis gegen rechts“ regelmäßig bei den Bezirksämtern an, wo AfD-Stände geplant seien, um diese kritisch zu „begleiten“. Noch im Bürgerschaftswahlkampf 2020 hätten sich einige Ämter geweigert, „diesen Auskünften nach dem Transparenzgesetz nachzukommen“, so das Bündnis. Nach juristischem Druck teilten aber mittlerweile fast alle Bezirksämter geplante Wahlkampfstände der AfD mit. Zuletzt hatte es in Billstedt ein Handgemenge an einem AfD-Stand gegeben.
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Die AfD hatte die Blockade ihres Standes in Barmbek und das aus ihrer Sicht offenbar zu zögerliche Eingreifen der Polizei kritisiert. Senat und Innenbehörde „können oder wollen es nicht gewährleisten, dass die AfD ihre grundgesetzlich garantierten Rechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit wahrnimmt und ausübt“, so Landesvize Krzysztof Walczak. Die Blockade des AfD-Standes in Barmbek nannte er einen „schwarzen Tag für unsere Demokratie“.