Berlin. Angriffe auf Politiker mehren sich. Ein Experte erklärt, welche Strafen den Tätern drohen und warum schärfere Gesetze nichts bringen.

Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt, SPD-Kandidat Matthias Ecke, Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey – um nur einige Namen zu nennen, die in den vergangenen Tagen Opfer tätlicher Übergriffe geworden sind. Hinzu kommen zahlreiche Straßenwahlkämpfer. Um diesen Attacken Einhalt zu gebieten, wollen die Innenminister von Bund und Ländern das Strafrecht verschärfen. Damit sollen Entscheidungsträger besser geschützt werden. Wie sinnvoll ist dieses Vorhaben? Ein Gespräch mit dem Strafrechtler Christoph Safferling von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

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Herr Safferling, wie werden Übergriffe auf Politiker geahndet?

Christoph Safferling: Für Politikerinnen und Politiker gilt kein gesondertes Strafrecht. Tatbestände wie Nötigung, Körperverletzung, Bedrohung und möglicherweise Sachbeschädigung – etwa wenn Plakate zerstört werden – finden hier genauso Anwendung wie bei anderen Menschen auch.

Welche Strafen drohen den Angreifern von SPD-Kandidat Ecke oder Berlins Wirtschaftssenatorin Giffey?

Bei diesen Angriffen sprechen wir von Körperverletzung, wobei es darauf ankommt, wie sie ausgeführt wurde: Einfache Körperverletzung wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet. Bei einer gefährlichen Körperverletzung muss ein Täter mit einer Gefängnisstrafe ab sechs Monaten bis zu zehn Jahren rechnen.

Berliner Wirtschaftssenatorin Giffey bei tätlichem Angriff verletzt
Berliner Wirtschaftssenatorin Giffey bei tätlichem Angriff verletzt

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    Die Innenminister haben sich für eine Verschärfung des Strafrechts ausgesprochen. Reicht die gegenwärtige Gesetzeslage nicht aus?

    Es wird immer relativ schnell eine Verschärfung des Strafrechts gefordert. Empirisch betrachtet bringt das aber nicht sonderlich viel. Solche Forderungen haben meist eine symbolische Bedeutung, die ich nicht unterschätzen will. Aber der Prozess, bis das Strafrecht in Stellung gebracht wird, dauert sehr lange und kann nicht rückwirkend Anwendung finden. Die gegenwärtige Gesetzeslage ist völlig ausreichend – man muss sie nur konsequent anwenden. Um deutlichere Signale zu setzen, könnten die Strafverfolgungsorgane zum Beispiel sehr viel schneller Freiheitsstrafen verhängen.

    Christoph Safferling von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, was härtere Gesetze seiner Meinung nach bringen.
    Christoph Safferling von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, was härtere Gesetze seiner Meinung nach bringen. © INPA | Lérot

    An wen richtet sich die Forderung nach dieser härteren Gangart?

    Der Appell richtet sich an die Justizbehörden, die hier wachsamer sein müssen. Die Staatsanwaltschaften und Gerichte müssen solche Fälle konsequent verfolgen und konsequent bestrafen. Die Strafverfolgungsbehörden müssen dafür aber auch personell und besser ausgestattet sein. Das merken wir auch bei anderen Delikten wie Hassrede und antisemitischen Straftaten: Sobald Schwerpunktstaatsanwaltschaften eingerichtet werden, tut sich etwas in diesem Bereich.

    Wie könnten denn die geforderten Strafrechtsverschärfungen aussehen?

    Man könnte einen Tatbestand schaffen, der speziell die Nachstellung bzw. Stalking von Politikerinnen und Politiker ahndet. Im Strafgesetzbuch gibt es bereits einen besonderen Abschnitt, der Straftaten gegen Verfassungsorgane sowie bei Wahlen und Abstimmungen berücksichtigt. Das betrifft vor allem Wahlbehinderung und Wahlfälschung am Wahltag selbst. Wenn man einen neuen Tatbestand haben möchte, dann kann man ihn in diesem Abschnitt unterbringen.

    Das Strafgesetz greift erst, wenn die Tat schon begangen wurde. Welche Schritte könnten präventiv eingeleitet werden?

    Auch die Befugnisse der Polizei müssen nicht erweitert werden – aber möglicherweise der Einsatzbereich. Wenn Politikerinnen und Politiker im Wahlkampf sind, erfordert das erhöhte Wachsamkeit und stärkere Polizeipräsenz.

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