Hamburg. Zehn Millionen Fahrgäste auf immer weniger Fahrten. Für eine Linie hat die Initiative „Fährt sie?“ sogar eine Website eingerichtet.

Am Hamburger Hafen schreien die Möwen und der Wind pfeift. Die Elbe schwappt gegen den Anleger und die Menschen warten auf die Fähre. Ein alltägliches Bild in der Hansestadt. Die Hadag-Fähren, die hier anlegen, sind Teil des öffentlichen Nahverkehrs in Hamburg. Laut Informationen des Unternehmens transportieren sie rund zehn Millionen Fahrgäste pro Jahr. „Solange wie die Fähre zuverlässig gefahren ist, was zugegebenermaßen jetzt schon lange nicht mehr der Fall ist, war das ein super Transportmittel“, findet Anke Frieling. Sie ist die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU in der Hamburger Bürgerschaft und Mitglied im Verkehrsausschuss. Wenn die Fähren zuverlässig fahren, spare man damit viel Zeit und Strecke.

Leider läuft bei den Fähren der Hadag nicht immer alles nach Plan. Zunächst fiel die Ausfallquote von 1,09 Prozent im Jahr 2019 auf 0,05 Prozent im Jahr 2021. Wer aber einen anhaltenden Abwärtstrend der Ausfallquoten sucht, wird nicht fündig. Zwei Jahre später, im Jahr 2023, lag die Ausfallquote der Hadag-Fähren bei 7,98 Prozent. „Die Leute fahren gerne mit der Fähre und es gibt Verbindungen, wo die Fähre jedem anderen Verkehrsmittel überlegen ist“, findet Frieling. „Aber auch die Fähre wird nur genutzt, wenn sie zuverlässig ist.“

Eine Menschenmenge tummelt sich, um auf die Fähre der Linie 62 an den Hamburger Landungsbrücken zu kommen. Obwohl die Fähre in den Sommermonaten sogar alle 15 Minuten ablegt, müssen Fahrgäste manchmal mehrere Fähren abwarten, bis sie an Bord kommen, berichtet die CDU-Politikerin Anke Frieling.
Eine Menschenmenge tummelt sich, um auf die Fähre der Linie 62 an den Hamburger Landungsbrücken zu kommen. Obwohl die Fähre in den Sommermonaten sogar alle 15 Minuten ablegt, müssen Fahrgäste manchmal mehrere Fähren abwarten, bis sie an Bord kommen, berichtet die CDU-Politikerin Anke Frieling. © Andreas Laible | Andreas Laible

Hamburger Hafenfähren: Weniger Zuverlässigkeit, weil Personal fehlt

„Ich hab auch schon beobachtet, dass Leute sozusagen erst bei der dritten anlegenden Fähre mitfahren konnten, weil es aufgrund des Personalmangels die Beschränkung gibt, wie viele sie mitnehmen können“, beschreibt Frieling. Besonders in den Sommermonaten gebe es zu viele Fahrgäste für zu wenig Fähren. Bei nur einem Hafenschiffer oder einer Hafenschifferin pro Schiff sei die Anzahl der Menschen, die mitfahren dürfen, gedeckelt. Obwohl auch schwierige Wetterlagen Ausfälle verursachen können, führt der Hamburger Senat die negative Zuverlässigkeitsentwicklung der Hadag-Schiffe auch auf diese Abwanderung von Kapitäninnen und Kapitänen und den Fachkräftemangel in der Branche zurück.

Wie genau es zu dem aktuellen Personalmangel kommen konnte, ist laut der CDU-Politikerin nicht leicht zu beantworten. „Für viele ist der Hafen und die Seefahrt mehr als nur ein Job“, denkt Frieling. „Das ist etwas, was die Leute fasziniert. Die hat es immer gegeben und wird es auch immer geben. Aber es wäre dann schon gut, wenn die Ausbildung erleichtert werden würde oder zum Beispiel der Quereinstieg erleichtert werden würde.“

Informationen des Hamburger Senats zufolge macht ein Quereinstieg in den Beruf der Hafenschiffer aktuell nur wenig Sinn. Regulär dauert die Ausbildung drei Jahre. Bei einem Quereinstieg kommen jedoch vier Jahre auf die Anwärterinnen und Anwärter zu. „Es sind schon die verschiedensten Ausbildungen modernisiert worden und das ist eben auch eine, die modernisiert werden muss“, erklärt Frieling. Eine attraktive Ausbildung könnte den Beruf der Hafenschiffer beliebter machen. Besonders mehr Wertschätzung, mehr Werbung und eine gezielte Ansprache von Ausbildungsinteressenten könnte helfen.

Anke Frieling (CDU) ist Verkehrsexpertin der CDU in der Hamburgischen Bürgerschaft. Über mehrere schriftliche Kleine Anfragen an den Senat konnte sie die Probleme der Hadag-Fähren identifizieren.
Anke Frieling (CDU) ist Verkehrsexpertin der CDU in der Hamburgischen Bürgerschaft. Über mehrere schriftliche Kleine Anfragen an den Senat konnte sie die Probleme der Hadag-Fähren identifizieren. © MARK SANDTEN / FUNKE FOTO SERVICES | Mark Sandten / FUNKE FOTO SERVICES

Wenn die Hadag-Fähren kommen, dann pünktlich

Obwohl Hadag-Fähren zunehmend häufiger ausfallen, fahren sie meistens pünktlich. Eine negative Entwicklung der Pünktlichkeit konnte im Rahmen des Qualitätsmanagements des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV) nicht festgestellt werden. Auch das geht aus einer schriftlichen kleinen Anfrage an den Hamburger Senat hervor. Im Gegenteil: Innerhalb des Verkehrsverbundes erzielen die Hadag-Fähren eine der besten Quoten.

Hamburgs Bürgerinnen und Bürger sind kreativ geworden, um den unzuverlässigen Betrieb der Fähren zu navigieren. Die Initiative „Fährt sie?“ hat eine Website entwickelt, auf der eingesehen werden kann, ob die Linie 73 aktuell fährt oder nicht. So konnten sich Interessierte schnell informieren, ob sie vergeblich am Elbufer warten. Die Initiative setzt sich dafür ein, dass die Fähren der Linie 73 auch am Wochenende fahren. Gerade für Events und Ausflüge sei der Wochenendbetrieb sinnvoll und wünschenswert.

Zukunft der Hamburger Hafenfähren: Taktverdichtung oder Routenerweiterung?

Weitere Taktausweitungen oder -verdichtungen sind laut Informationen des Hamburger Senates im Jahr 2024 nicht geplant. Obwohl dies ursprünglich geschehen sollte, ermögliche unter anderem der Personaldeckel dies nicht. Im Fokus der Hadag liegt in diesem Jahr die Rückkehr zur Verlässlichkeit.

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Sollte diese Verlässlichkeit der Hadag-Fähren sich weiter abbauen, dann werden die Fähren in Zukunft auch weniger genutzt werden, meint Frieling. Was folgen könnte, wäre eine Reduzierung der Fahrfrequenz. Manche Fähren könnten sogar ganz gestrichen werden. Die Hamburger Pendlerinnen und Pendler, die auf die Schiffe angewiesen sind, müssten dann auf Autos, Fahrräder oder Bahnen ausweichen. Für Frieling gehören die Fähren zu Hamburg. „Ich glaube, dass es für eine Hafenstadt eine sehr traurige Entwicklung wäre“, sagt sie.