Hamburg. Der Streit polarisiert, gleicht teils einem Kulturkampf. Andere Zukunftsfragen haben viel eher unsere Aufmerksamkeit verdient.

Sind wir Bürger? Bürgerinnen und Bürger? Oder sind wir alle Bürger/-innen? Kaum ein Thema erregt die Gemüter auch in Hamburg so stark wie der Streit um die Gendersprache. Die Meinungen liegen in der Regel diametral auseinander. Viele eher ältere Menschen (mich) stört die Sprechpause, die das Gendersternchen andeuten soll, irritiert das neue Schriftbild. Viele Jüngere (die Generation meiner Kinder) verwenden die Gendersprache schon jetzt ganz selbstverständlich, wollen alle Geschlechter inklusive non-binäre Menschen sprachlich stets einbeziehen. Die Inbrunst, mit der die Auseinandersetzung in Teilen geführt wird, gleicht fast schon einem Kulturkampf.

Aber die Frage muss erlaubt sein, ob wir derzeit keine wichtigeren Themen haben. Ob nicht Klimakrise, die Energie- und die Verkehrswende, der Ukrainekrieg und die deutsche Verteidigungsfähigkeit, die Qualität unseres Schulsystems und die Armut von Kindern – um nur ein paar Anliegen zu nennen – eher unsere volle Aufmerksamkeit verdient haben als das Für und Wider eines Gendersternchens.

Gendersprache: Verbot wird Entwicklung nicht aufhalten

In Hamburg gibt es bisher keine Vorgabe zur Gendersprache für die Verwaltung. Es steht also den meisten frei, wie sie sprechen und schreiben. Das möchte die Volksinitiative„Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung“ nun ändern und ein Verbot festschreiben. Gendern oder nicht, festschreiben oder freigeben – darüber dürfte in diesem Sommer in Hamburg heftig gestritten werden, wenn die Volksinitiative an allen Ecken und Plätzen um Unterschriften werben dürfte. Dabei sollten wir uns auf die wichtigen Themen konzentrieren und auf das, was die Gesellschaft zusammenbringt und nicht, was sie polarisiert. Spaltendes haben wir schon genug.

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Die Sprache ist ein Spiegel der Gesellschaft und wirkt andersherum in die Gesellschaft zurück. Aufzuhalten sein wird die Entwicklung ohnehin nicht, auch nicht durch ein Verbot des Gendersternchens in der Verwaltung – diese Prognose sei gewagt. Wichtiger als das Gendersternchen oder ein Verbot der Gendersprache wären echte politische Fortschritte bei Gleichberechtigung und den oben genannten Zukunftsfragen.