Hamburg. Viele Fragen sind noch offen. Bilder sollen Hamburgs Polizisten bei Einschätzung der Drogenmengen helfen. Info-Flyer in Vorbereitung.
Ab Ostermontag, 1. April, ist Cannabis bekanntlich legalisiert. Doch nicht nur für die Ordnungshüter sind auch wenige Tage vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes noch viele Fragen im Hinblick auf die praktische Umsetzung nicht abschließend geklärt. Hamburgs Polizei hat sich Anfang dieser Woche dennoch mit einer internen Veranstaltung auf die Änderungen vorbereitet. Polizisten bekommen einen Einleger für ihr Merkbuch. Flyer, die an Hamburger verteilt werden sollen, sind ebenfalls in Vorbereitung. Tatsächlich sind aber viele Fragen offen. Bislang ist nicht einmal klar, welche Behörde in Hamburg federführend bei der Überwachung des Gesetzes sein soll.
Polizei Hamburg: Auch wenige Tage vor der Legalisierung gibt es viele Unklarheiten
In 38 Fallbeispielen haben Polizisten durchgespielt, wie in welchen Situationen zu verfahren ist. Dabei bleiben kurz vor Inkrafttreten des Gesetzes Unklarheiten. So ist zwar klar, dass das Konsumieren von Cannabis in Sichtweite – als Richtwert gelten 100 Meter – eines Kindergartens eine Ordnungswidrigkeit ist. Ob der Kindergarten an der Tür oder Grundstücksgrenze beginnt, ist aber noch nicht festgelegt. Ebenso ist man sich im Unklaren, ob eine Ordnungswidrigkeit vorliegt, wenn man zwar näher als 100 Meter an einem Kindergarten befindet, ihn aber nicht sehen kann, weil man in einer Seitenstraße steht. Auch gibt es bislang keine Werte wie beim Alkohol, wenn man berauschte Autofahrer antrifft.
Dass es noch viel zu klären gibt, lässt auch die offizielle Aussage zu den Vorbereitungen zur Umsetzung des Cannabis-Gesetzes vermuten „Auch wir setzen uns intensiv mit der Legalisierung und ihren Auswirkungen auf unsere tägliche Einsatzpraxis auseinander“, sagt Polizeisprecher Florian Abbenseth. „Zunächst einmal gilt es jetzt, unsere Einsatzkräfte insbesondere im Hinblick auf die neuen Ordungswidrigkeitentatbestände zügig handlungssicher zu machen. Dafür stellen wir aktuell die relevanten Informationen zusammen und entwickeln auch Handreichungen und Info-Flyer.“
Auch Vordrucke bei der Polizei müssen geändert werden
Dazu kommen Verwaltungsprobleme. Marihuana und Haschisch sind durch das neue Gesetz keine Betäubungsmittel mehr, sondern Rauchmittel. Das ist aber in einigen Vordrucken der Polizei so noch nicht vermerkt. Auch müssen neue Formulare für die elektronische Vorgangsbearbeitung entwickelt werden.
„Für die Hamburger Polizei bedeutet das Gesetz keine Erleichterung, sondern eine deutliche Erschwernis im Alltag“, sagt Thomas Jungfer, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). „Wir werden noch mehr Arbeit haben, die Zeit kostet, die uns an anderer Stelle fehlt.“
Kiffen bei Jugendlichen jetzt wie unerlaubtes Rauchen
Trifft man beispielsweise einen Jugendlichen beim Kiffen an, muss das so behandelt werden, als wenn er Zigaretten geraucht hat. Der Joint wird sichergestellt und sollte vor Ort vernichtet werden. Das setzt aber das Einverständnis des Jugendlichen voraus. Gibt der das nicht, müssten die Erziehungsberechtigten den Joint bekommen.
Haben Polizisten bei einer Überprüfung den Verdacht, dass jemand mehr als die 25 Gramm erlaubtes Marihuana bei sich hat, sollen Bilder helfen, die eine Einschätzung der Menge ermöglichen sollen, da Feinwaagen nicht zur Ausrüstung der Peterwagen oder zur Ausstattung der Polizei gehören. Dabei kommt es auf die Menge an, ob es sich um eine Ordnungswidrigkeit (26 bis 30 Gramm) handelt oder eine Straftat (über 30 Gramm) vorliegt. Trifft man auf eine Person, die mehr als 50 Gramm Marihuana dabei hat, besteht der Verdacht, dass es ein Dealer ist.
Bizzar: Cannabis-Clubs müssen Transport anmelden
Bizarr wird es auch, wenn die Hanf-Clubs mit dem Anbau beginnen. Wer Cannabis von einem Ort des Clubs, beispielsweise einer Plantage, zu einem anderen Ort des Clubs transportiert, beispielsweise an einer anderen Straße, wo es verarbeitet wird, muss das einen Tag vorher als Transport bei der Behörde angemeldet werden, wobei unter anderem die Menge angegeben und ein Clubmitglied dabei sein muss, das einen Clubausweis dabei hat.
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Strafbar wird auch nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes weiterhin der Handel oder die Weitergabe von Cannabis sein. Auch wer statt der erlaubten drei Hanfpflanzen vier der Gewächse in seiner Wohnung hat, macht sich strafbar. Hier will man weiter hart durchgreifen. „Klar ist: Stellen unsere Beamtinnen und Beamten Straftaten fest oder sehen eine entsprechende Verdachtslage, werden diese konsequent verfolgt“, so Polizeisprecher Abbenseth.
Polizei Hamburg: Spannend wird es am Anleger Jungfernstieg
Kurios: Wenn man jemandem mit kleinen Mengen zum Eigenverbrauch antrifft, kann der diese zwar kaum legal erworben haben, denn die Cannabis-Clubs starten erst zum 1. Juli, sondern von einem Dealer, was verboten ist. Der Besitz ist dennoch nicht strafbar.
Einen Ort in Hamburg findet man innerhalb der Polizei besonders spannend: den Anleger am Jungfernstieg. Dort, wo sich gern bei lauschigen Temperaturen junge Problemklientel versammelt, wird demnächst Kiffen erlaubt sein.