Hamburg. Bündnis breiter: Am Sonntag sind Hamburger aufgerufen, auf die Straße zu gehen – aber nicht am Jungfernstieg. Was Luisa Neubauer sagt.
Es soll die nächste große Demonstration gegen Rechtsextremismus und die AfD in Hamburg werden, und wieder ist das Bündnis ein breites. An diesem Sonntag, 28. Januar, sollen ab 14 Uhr erneut viele Bürgerinnen und Bürger unter dem Motto „Für Vielfalt und unsere Demokratie – Hamburg steht zusammen gegen die AfD” auf die Straße gehen.
Die Demonstration wurde nach Angaben von Fridays for Future auf die Ludwig-Erhard-Straße verlegt. Der Hintergrund ist, dass die letzte große Protestaktion am Jungfernstieg wegen des immensen Andrangs abgebrochen werden musste. Der neuerliche Protestzug soll auch durch die Hamburger Innenstadt führen.
Protest Hamburg: 30.000 Menschen bei Demo am Sonntag erwartet
Angemeldet ist die Demonstration für zunächst 30.000 Menschen. „Wir setzen aber darauf, dass mehr kommen“, sagt Annika Rittmann, Hamburger Sprecherin von Fridays for Future, die zusammen mit Umweltschutzorganisationen, Mieterverein, dem Hamburger Bündnis gegen rechts und Flüchtlingsrat sowie der Lehrergewerkschaft (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, GEW), den „Omas gegen Rechts“ und vielen anderen zu dem Protestmarsch aufruft.
Dem Bündnis angeschlosssen haben sich inzwischen neben dem Sozialverband SoVD auch viele andere Gruppen und Initiativen wie Greenpeace und der ADFC, der DGB Hamburg, die Türkische Gemeinde Hamburg, der AStA der Uni Hamburg und die Jusos aus Hamburg-Nord und Bergedorf. „Wir setzen am Sonntag ein weiteres, sehr deutliches Zeichen für die Demokratie“, stellt dessen Hamburger Landeschef des SoVD, Klaus Wicher, klar.
Klimaaktivistin Luisa Neubauer wird auf der Kundgebung sprechen, geplant ist auch ein Auftritt der Sängerin Alli Neumann. „Der Faschismus lebt vom Schweigen und von der Isolation“, sagte Luisa Neubauer dem Abendblatt. „Die Demonstrationen brechen das auf, zeigen, wie eine vielfältige und demokratische Stadtgesellschaft in Hamburg aussehen kann. Die Hansestadt zeigt ihr schönstes Gesicht: das weltoffene, das mutige, das solidarische.“
Nächste Demo gegen AfD in Hamburg: „Dynamik aufrechterhalten“
„Im Kampf gegen die AfD und gegen Rechtsextremismus ist es nicht mit einer Demonstration getan, die Dynamik der letzten Woche muss aufrechterhalten werden“, sagt sie zum Motiv, nach der Großdemo am vergangenen Freitag in Hamburg, zu der 50.000 bis 80.000 Menschen in die Hamburger Innenstadt kamen, erneut einen Protestmarsch zu organisieren. „Wir können nicht darauf warten, dass andere unsere Werte und Vielfalt vor den Rechten verteidigen.“
Die Demonstration am Sonntag dürfte besser organisiert werden als die Großkundgebung am Jungfernstieg Ende vergangener Woche. Da waren die zahlreichen Reden in weiten Teilen des Publikums nicht zu verstehen gewesen; mit einem so großen Zulauf hatten die Organisatoren offenbar nicht gerechnet – angemeldet waren nur 4000 Menschen. Zudem drängten sich die vielen Teilnehmer zeitweilig so eng zusammen, dass die Polizei den Zustrom stellenweise unterbinden und die Veranstaltung dann sogar abbrechen musste.
Neue Demo soll besser organisiert werden – sogar mit Familienbereich
„Wir wissen, dass es eine Herausforderung ist, eine Demonstration für so viele Menschen zu organisieren“, sagt Rittmann von Fridays for Future, „aber wir haben bewährte Sicherheitskonzepte und sehr viel Erfahrung.“ Sie verweist bespielsweise auf die riesige Demonstration der Klimaschützer 2019 am Jungfernstieg mit bis zu 100.000 Menschen.
So teile man die Bereiche voneinander ab, halte Zonen am Rand der Demonstration frei für Menschen, die sich schnell aus der Menge entfernen wollen, und sorge am Ende für einen geordneten Abzug. „Wir richten auch einen Familienbereich ein, sodass alle Familien auch mit kleinen Kindern an der Demonstration teilnehmen können“, so Rittmann.
Demo gegen AfD und rechts – auch Naturschützer sind dabei
Zu der Demo rufen unter anderem auch der Naturschutzbund (Nabu) Hamburg und der BUND auf. Die zahlreichen Demonstrationen der letzten Tage gegen Rechtsextremismus seien ein erfreuliches Zeichen gelebter Demokratie, könnten aber nur ein Anfang sein, sagt Nabu-Landeschef Malte Siegert. „Wir brauchen ein nachhaltiges demokratisches Engagement gegen den drohenden Rechtsruck in Deutschland und Europa.“
Auch Natur- und Umweltschutz seien politisch. „Sie waren es schon immer und sie werden es auch bleiben“, sagte Siegert. „Der einzige braune Sumpf, den wir dulden, ist ein intaktes Moor. Dagegen sollte der braune, faschistische Sumpf dringend trockengelegt werden.“
Fridays for Future: Auch Klimaschutz braucht Demokratie
Einen ähnlichen Zusammenhang stellt auch Annika Rittmann von Fridays for Future her. „Wir können das Klima nicht schützen, wenn unsere Demokratie auseinanderbricht“, sagt sie. Deshalb seien demokratische Bewegungen in der Pflicht. „Am Sonntag wollen wir daher das nächste klare Zeichen gegen rechts in Hamburg setzen und uns mit Tausenden schützend vor unsere Demokratie stellen. Die AfD ist eine rechtsextreme Partei. Sie leugnet die Klimakrise, will Millionen Menschen aus Deutschland deportieren und tut alles dafür, uns als vielfältige Gesellschaft zu spalten und zu zersetzen.“
Grüne Themen würden auch bei rechtsextremen Parteien und Gruppierungen eine Rolle spielen, heißt es vom Nabu. Erst bei genauerem Hinsehen werde deutlich, dass der rechte Natur- und Umweltschutz mit rassistischen und menschenfeindlichen Ideen verknüpft ist – „wie etwa die auf dem Geheimtreffen in Potsdam diskutierte Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland“, so Siegert.
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Der BUND ruft Hamburgerinnen und Hamburg ebenfalls auf, sich dem Protest anzuschließen. „Die Protestwelle der letzten Tage hat gezeigt, dass sehr viele Menschen in Deutschland sich gegen die extremistischen Pläne von AfD und anderen Akteuren wehren. Mit Demonstrationen in ganz Deutschland haben Menschen klar Position für Demokratie bezogen, auch in Hamburg sind Zehntausende auf die Straße gegangen – ein großartiges Zeichen“, sagte Sabine Sommer, Vorsitzende des BUND Hamburg. „Uns allen ist klar, dass eine einmalige Aktion nicht reicht, um die Gefahr von rechts dauerhaft abzuwenden.“
Demo als Reaktion auf Potsdamer Geheimtreffen
Vor einigen Tagen hatte das Recherchenetzwerk Correctiv enthüllt, dass es im November ein Treffen radikaler Rechter in einer Potsdamer Villa gegeben hatte. Daran teilgenommen hatten auch einzelne AfD-Funktionäre sowie einzelne Mitglieder der CDU und der erzkonservativen Werteunion.
Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, bestätigte, dass er dort über „Remigration“ gesprochen hatte. Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll – auch unter Zwang.
Laut Correctiv-Recherche nannte Sellner drei Zielgruppen: Asylbewerber, Ausländer mit Bleiberecht – und „nicht assimilierte Staatsbürger“. Hamburgs AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann wies die Kritik als haltlos zurück und distanzierte sich von dem Potsdamer Treffen und den dort diskutierten Zielen.